3. Kapitel. Der höhere und niedere Verstand.
3. Dieser Teil von uns indes, der sich bei der Bemühung um die Behandlung der körperlichen und zeithaften Dinge in der Weise aufhält, daß er uns nicht mit dem Tier gemeinsam ist, ist zwar etwas zum Verstande Gehöriges, ist aber aus jener Verstandessubstanz unseres Geistes, mit der wir der geistigen und unwandelbaren Wahrheit anhangen, gleichsam herausgeführt und zur Behandlung und Leitung der unteren Dinge abgeordnet worden. Wie nämlich unter allen Tieren sich für den Mann keine Gehilfin fand, die ihm ähnlich gewesen wäre,1 — diese fand sich erst, als sie aus dem von ihm selbst genommenen Bestandteil für die Verbindung mit ihm geformt wurde —, so gibt es für unseren Geist, mit dem wir die höhere und innere Wahrheit um Rat angehen, in jenen Teilen der Seele, die wir mit den Tieren gemeinsam haben, für den Gebrauch der körperlichen Dinge, wie ihn die Natur des Menschen erfordert, keine ihm ähnliche Gehilfin. Und deswegen S. 129 verteilt sich das, was Verstand an uns ist, nicht als ob es bis zur Auflösung der Einheit geschieden würde, sondern indem es gleichsam zur Hilfeleistung in einer Gemeinschaft hingeleitet wird, auf den verschiedenartigen Vollzug seiner Wirksamkeit. Wie sonach zwei, Mann und Frau, ein Fleisch sind,2 so umfaßt die eine Natur des Geistes unsere Vernunft und unser Handeln oder unser Planen und unser Ausführen oder unseren Verstand und das Verstandesstreben oder wie immer man es mit einem bezeichnenderen Wort ausdrücken mag, so daß, wie von jenen gesagt wurde: Sie werden zwei sein in einem Fleische,3 von diesen gesagt werden kann: zwei in einem Geiste.
