9. Kapitel. Fortsetzung.
14. Wenn also die Seele ihre Macht liebt, gleitet sie vom gemeinsamen Ganzen ab zu einem Sondergut; und in jenem Abtrünnigenhochmut, der der Anfang der Sünde1 ist, erstrebte sie, während sie innerhalb des geschaffenen Alls, Gott als Führer folgend, durch seine Gesetze aufs beste hätte gelenkt werden können, etwas Größeres als das Ganze, und indem sie dies nach ihrem eigenen Gesetze zu leiten sich anheischig machte, stürzte sie, da es nichts Größeres gibt als das Ganze, in die Sorge um ein Teilgut; und so wird sie, indem sie größer zu werden verlangt, kleiner — die Habsucht heißt denn auch die Wurzel aller Übel2 —, und das ganze Unternehmen, durch das sie ihre Sonderanliegen gegen die Gesetze, nach denen das Schöpfungsganze geleitet wird, zu betreiben sich anstrengt, betreibt sie durch ihren eigenen Leib, den sie als Teil des Ganzen besitzt; und so wird sie, an körperlichen Formen und Bewegungen sich ergötzend, da sie diese selbst nicht drinnen bei S. 142 sich haben kann, in ihre Bilder, die sich dem Gcdächtnis einprägen, verwickelt und auf schändliche Weise durch unreine Vorstellungen befleckt, indem sie all ihr Tun und Lassen auf solche Endziele hinordnet; es geht ihr dabei nur darum, Körperliches und Zeitliches durch den Leibessinn zu suchen, oder sie trachtet in aufgeblasenem Hochmut darnach, andere Seelen, die sich den Leibessinnen überlassen, darin zu übertreffen, oder sie taucht unter im alles verschlingenden Strudel fleischlicher Lust.
