5. Kapitel. In Gott gibt es nicht die Kategorie des Akzidens, sondern nur die Kategorien der Substanz und der Relation.
6. Wenn sonach auch keine Aussage über Gott ein Akzidens betreffen kann, weil es ein solches bei Gott nicht gibt, so betrifft doch nicht jede Aussage über ihn die Substanz. Bei den geschaffenen und wandelbaren Dingen muß zwar jede Aussage, welche nicht die Substanz betrifft, ein Akzidens betreffen. Im geschöpflichen Bereich ist nämlich alles ein Akzidens, was verloren oder verringert werden kann, zum Beispiel Größe, Qualität, auch das, was eine Beziehung zu einem anderen in S. 193 sich schließt, so zum Beispiel Freundschaft, Verwandtschaft, Dienstbarkeit, Ähnlichkeit, Gleichheit und Ähnliches, auch Lage, Gestalt, Ort, Zeit, Aktivität, Passivität. In Gott kann jedoch keine Aussage ein Akzidens betreffen, weil in ihm nichts wandelbar ist, und doch betrifft nicht jede Aussage die Substanz. Es kann nämlich eine Aussage über Gott eine Beziehung betreffen, so die Beziehung des Vaters zum Sohne, des Sohnes zum Vater. Es handelt sich dabei nicht um ein Akzidens, weil der eine immer Vater, der andere immer Sohn ist, nicht etwa in dem Sinne, daß der Vater, von dem der Sohn geboren ist, niemals aufhört, Vater zu sein, weil der Sohn niemals aufhört, Sohn zu sein, sondern in dem Sinne, daß der Sohn immer geboren ist und niemals anfing, Sohn zu sein. Hätte der Sohn jemals angefangen, es zu sein, oder würde er jemals aufhören, es zu sein, dann wäre das Sohnsein ein Akzidens. Wenn andererseits der Vater Vater hieße in bezug auf sich selbst, nicht in bezug auf den Sohn, der Sohn Sohn hieße in bezug auf sich selbst, nicht in bezug auf den Vater, so würden die Aussagen: Der eine ist Vater, der andere Sohn, die Substanz betreffen. Weil jedoch der Vater nur deshalb Vater heißt, weil er einen Sohn hat, und der Sohn nur deshalb Sohn heißt, weil er einen Vater hat, so betreffen diese Aussagen nicht die Substanz. Denn es ist nicht jeder von ihnen sich selbst Vater oder Sohn, sondern der eine ist es dem anderen. Auch Akzidenzien betreffen diese Aussagen nicht, weil es sich um ewige und unwandelbare Wirklichkeiten handelt, wenn man vom Vater und Sohne spricht. Wenn daher auch Vater und Sohn verschieden sind, so liegt doch keine Substanzverschiedenheit vor. Denn die Bestimmungen Vater und Sohn betreffen nicht die Substanz, sondern eine Beziehung. Die Beziehung ist aber kein Akzidens, weil sie nicht wandelbar ist.