Kap. 15. Denn wer an der Einheit und Liebe, wie der Herr sie gebietet, nicht festhält, der kann nicht ins Himmelreich kommen.
Denn auch die Gabe, zu weissagen und böse Geister auszutreiben und große Wunder auf Erden zu verrichten, ist gewiß etwas Erhabenes und Bewunderungswürdiges: und doch gewinnt einer, bei dem auch all diese Fähigkeiten sich finden, deswegen das Himmelreich noch nicht, wenn er sich auf seinem Wege nicht an die gerade und rechte Straße hält. Das kündigt der Herr an und sagt: „Viele werden zu mir an jenem Tage sagen: .Herr, Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt und in Deinem Namen böse Geister ausgetrieben und in Deinem Namen große Wunder getan?' Und dann werde ich zu ihnen sagen: ,Ich S. 149 habe euch nie gekannt; weichet zurück von mir, die ihr Unrecht übt!“'1 Gerechtigkeit ist nötig, um an Gott einen gnädigen Richter zu finden. Seinen Geboten und Mahnungen gilt es zu gehorchen, damit unsere Verdienste ihren Lohn erhalten. Als der Herr im Evangelium uns den Weg unserer Hoffnung und unseres Glaubens in gedrängter Kürze zeigte, sagte er: „Der Herr, dein Gott, ist ein einziger Herr, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus allen deinen Kräften! Dies ist das erste [Gebot], und das zweite ist ihm ähnlich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“2 . Einheit, vereint mit Liebe, empfahl er in seiner Lehre, alle Propheten samt dem Gesetz faßte er in den zwei Geboten zusammen. Welche Einheit aber bewahrt, welche Liebe beachtet oder bedenkt einer, der, von der Raserei der Zwietracht betört, die Kirche spaltet, den Glauben untergräbt, den Frieden stört, die Liebe zerreißt und das heilige Geheimnis3 entweiht?