Kap. 13. Nachsicht kann man den Gefallenen zubilligen, die erst unter den Qualen der Folter erlagen.
„Aber hernach waren die Folterqualen gekommen, und den Widerspenstigen drohten schwere Martern“1 . Über Foltern kann sich aber doch nur der beklagen, der durch die Foltern schließlich überwunden wurde; den Schmerz kann nur der zu seiner Entschuldigung vorbringen, der im Schmerze unterlag. Ein solcher kann bitten und sagen: „Ich wollte ja tapfer streiten und, meines Treuschwurs eingedenk, ergriff ich die Waffen der frommen Ergebung und des Glaubens; aber mitten im Kampfe erlag ich den mannigfachen Martern und der langen Pein. Fest blieb mein Sinn und stark der Glaube, und lange rang die Seele unerschütterlich mit den folternden Qualen. Als aber die Wut des grausamen Richters von neuem erwachte und man mich, den schon Erschöpften, bald auch noch mit Geißeln zerfleischte, bald mit Knütteln zerschlug, bald auf der Folterbank2 verrenkte, bald mit der Kralle zerriß, bald mit der Flamme versengte, da ließ mich das Fleisch inmitten des Kampfes im Stiche, da gab mein schwacher Leib nach, und so erlag nicht mein Geist, sondern nur mein Körper unter dem Schmerze.“ Ein solcher Fall kann freilich schnell Verzeihung finden, eine derartige Entschuldigung vermag allerdings Mitleid zu erwecken. S. 104 Unter solchen Umständen hat einst der Herr dem Castus und Ämilius verziehen, aus solchen Gründen hat er sie, die beim ersten Angriff unterlegen waren, im zweiten Kampfe zu Siegern gemacht, so daß dieselben, die vorher vor dem Feuer zurückgewichen waren, sich nun stärker erwiesen als die Flammen und gerade da als Sieger hervorgingen, wo sie vorher besiegt worden waren. Sie baten um Gnade nicht mit mitleiderregenden Tränen, sondern mit Wunden, und nicht mit klagender Stimme, sondern mit ihrem zerfleischten und zermarterten Körper: statt zu weinen vergossen sie ihr Herzblut, und statt der Zähren quoll ein dicker Blutstrom an dem halbversenkten Leibe herab.