5. Nur ungern und widerstrebend schreibt Hilarius über das Göttliche.
Deren Ungläubigkeit bringt uns also in Ratlosigkeit und Gefahr, so daß es unumgänglich ist, über so erhabene und so verborgene Dinge über das göttliche Gebot1 hinaus einiges vorzutragen. Der Herr hatte befohlen, alle Völker zu taufen „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes”. Die Form des Glaubens steht fest, doch hinsichtlich der Irrgläubigen wird jeder Sinn schwankend. Nicht also ist es um Ergänzung der Gebote zu tun, sondern um Mäßigung der Verwegenheit: wir sollen den wahren Gehalt der Namen hervorziehen, weil die Böswilligkeit, aufgereizt durch die Eingebung teuflischen Truges, den wahren Sachverhalt der Dinge durch die Namen des bezeichneten Wesens höhnisch zu machen sucht; wir sollen, soweit wir es mit Worten vermögen, Würde und Werk des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes hervorheben und so die Namen nicht der Eigentümlichkeiten des Wesens (der einzelnen göttlichen Personen) beraubt, sondern gerade durch diese Bezeichnungen innerhalb der Kennzeichnung ihres Wesens scharf umrissen werden lassen.
Und ich weiß nicht, wes Geistes Kind diejenigen sind, die darüber anders denken, die die Wahrheit verderben, Finsternis in das Licht tragen, das Unzerschneidbare zerschneiden, das Unzerstörbare zerstückeln, das Unteilbare aufteilen! Wenn diese so leicht es tun können, das S. 109 Vollkommene zu zerstückeln, der Macht ein Gesetz aufzuerlegen, dem Unendlichen sein Maß vorzuschreiben: so habe ich wenigstens, der ich ihnen antworten will, sorgend-quälende Unruhe, im Empfinden verzehrende Gebrechlichkeit, im Denken betroffene Dumpfheit; in meinem Sprechen will ich aber nicht so sehr meine Schwäche als vielmehr mein Schweigen (-sollen) eingestehen. Und gewiß wird mir dieser Entschluß (zu schreiben) abgezwungen, als Widerstand gegen die Dreistigkeit, als Abhilfe gegen den Irrtum, als Vorsorge gegenüber dem Nichtwissen. Unermeßlich aber ist die Forderung, unfaßlich das Wagnis, daß über die von Gott gesetzte Grenze hinaus von Gott gesprochen werden soll. Er hat für das Wesen die Namen festgelegt: Vater, Sohn, Hl. Geist.
Es liegt außerhalb der Bezeichnungsmöglichkeit der Sprache, außerhalb der Erstrebensmöglichkeit der Erfahrung, außerhalb der Begreiflichkeit der Einsicht, was man darüber hinaus erfragt; man vermag es nicht auszusprechen, nicht zu erreichen, nicht zu erfassen. Die Bezeichnungsfähigkeit der Worte wird durch das (übermächtige) Wesen des Gegenstandes selbst zunichte gemacht; die Betrachtung des Hinschauens blendet das undurchschaubare Licht; die Fassungskraft der Einsicht übersteigt, was durch keine Grenze umschlossen wird. Aber von dem, der das alles ist, wollen wir Verzeihung für die uns abgezwungene Arbeit erbitten; und so wollen wir es wagen, wollen wir forschen, wollen wir sprechen: wir wollen im Glauben erfassen, was die Bezeichnung uns gibt: das einzige, was wir bei der Bemühung um so hohe Gegenstände versprechen (können).
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Matth. 28, 19 f.; vgl. Kap. 1 dieses Buches. ↩