9. Die Zeugung des Sohnes übersteigt die menschliche Fassungskraft.
Beide besitzen also die geheimnisvolle Beziehung zu dieser Geburt. Und wenn vielleicht jemand es seiner Erkenntniskraft zuschreibt, das Geheimnis dieser Zeugung nicht erreichen zu können, da doch der Vater (als solcher) unumstößlich erkannt ist und auch der Sohn,1 der wird mit um so größerem Schmerz auch mein Nichtwissen vernehmen. Ich weiß nicht, ich suche nicht, aber S. 114 dennoch finde ich Trost. Die Erzengel wissen es nicht, die Engel erfuhren es nicht, die Jahrtausende fassen es nicht, Prophetengeist hat es nicht erfahren, der Apostel hat nicht gefragt, der Sohn selbst hat es nicht preisgegeben.
Aufhören mögen schmerzliche Klagen! Wer immer du bist, der du danach forschest, nicht rufe ich dich hinauf zur Höhe, nicht strebe ich in die Weite, nicht führe ich in die Tiefe. Wirst du nicht mit Gleichmut das Nichtwissen um des Schöpfers2 Geburt tragen, der du den Ursprung der Schöpfung nicht kennst? Dieses nur frage ich: weißt du um deinen Ursprung? Durchschaust du, was aus dir seinen Ursprung nimmt? Nicht frage ich danach, woher du die Sinneserfahrung geschöpft habest; woher du das Leben erlost habest; woher du die Erkenntnis erlangt habest; was das sei, das in dir als Geruch, Getast, Gesicht, Gehör ist. Denn sicherlich ist niemandem sein Tun unbekannt: ich frage, woher du es nimmst, (was du denen gibst,) die du zum Leben weckst, wie du dem (einzelnen körperlichen) Sinn seine Eigenart gibst, wie du das Auge zum Sehen bringst, wie du dem Herzen seine rechte Stelle gibst. Das sage ― wenn du es kannst. Du besitzest also, was du nicht kennst; und du gibst weiter, was du nicht einsiehst. Gleichmütig bist du ohne Kenntnis in dem, was dich betrifft; unwillig bist du über dein Nichtwissen in dem, was Gottes ist.