27. Von dem vor aller Zeit Geborenen kann man nicht sagen: „vor seiner Geburt”.
Alle Zeiten erfassen wir nämlich im Schätzen oder auch im Wissen. Denn von dem Heutigen wissen wir, daß es nicht auch gestern gewesen ist, weil (auch) das S. 302 Gestrige heute nicht ist, das Heutige aber nur heute ist und nicht auch gestern gewesen ist. Mit unserem Schätzen messen wir aber in der Weise die Vergangenheit, daß wir ohne zu zweifeln vor der Gründung irgendeiner Stadt eine Zeit für wirklich halten, zu der die Stadt noch nicht gegründet war. Da also der Zeitablauf entweder unserm Wissen oder unserem Schätzen unterliegt, so urteilen wir nach menschlicher Erkenntnisweise. Demgemäß kann man von uns annehmen, vernünftigerweise gesagt zu haben, es sei etwas vor seiner Geburt nicht gewesen, weil vor dem Ursprung eines jeden (Wesens) immer noch die vorhergehenden Zeiten liegen.
Dagegen ist bei den göttlichen Dingen, d. h. bei der Geburt Gottes, jedes einzelne vor ewiger Zeit. Darauf (auf die Geburt, also auf den Sohn) trifft nicht die (Möglichkeit der) Behauptung zu, vor der Geburt einmal nicht gewesen zu sein, (bei ihm,) dem vor ewigen Zeiten die Ewigkeit versprochen wurde,1 der nach dem Wort des seligen Apostels die Hoffnung auf ein ewiges Leben besitzt, das ihm der lügenlose Gott vor ewigen Zeiten versprochen hat.2 Denn man vermag nicht einzusehen, daß derjenige nach irgend etwas sein Dasein begonnen habe, von dem es zu bekennen gilt, daß er vor den ewigen Zeiten da ist.