39. Die Gleichewigkeit der Weisheit mit den ewigen Dingen.
Aber Gottes Wort und der ewigen Weisheit Lehre spricht vollkommene Erkenntnisse aus und bezeichnet eindeutige Gedanken, wenn sie lehrt, nicht etwa im Vergleich zu zeitlichen, sondern zu unendlichen Dingen früher zu sein. Als nämlich der Himmel zugerüstet wurde, war sie bei Gott. Liegt etwa für Gott die Zurüstung des Himmels innerhalb der Zeit, so daß eine unerwartete Gedankenregung plötzlich in den Geist eingebrochen sei, als ob er vorher lebens- und regungslos gewesen sei, und daß er nach menschlicher Weise S. 311 Werkstoff und Werkzeuge für die Erschaffung des Himmels gesucht habe?
Da hat der Prophet aber doch eine andere Meinung von dem Wirken Gottes, wenn er sagt: „Durch das Wort des Herrn sind die Himmel fest gegründet worden und durch den Hauch seines Mundes all ihre Stärke.”1 Die Himmel bedurften jedoch einer (eigenen) Anordnung Gottes, um in Festigkeit gegründet zu werden. Denn ihre Ausrüstung und Kraft besteht mit dieser Festigkeit ihrer unverwirrbaren Anordnung nicht etwa vermöge einer Zurüstung und Vermischung irgendeines Werkstoffes, sondern aus dem Hauch des göttlichen Mundes.
Was also bedeutet es, daß die von Gott gezeugte Weisheit ihm bei der Zurüstung des Himmels zugegen war, da weder die Erschaffung des Himmels aus einer Zurüstung heraus ihr Dasein hat, noch auch es zum Wesen Gottes gehört, bei der Vorbereitung eines geplanten Werkes zu verweilen? Nichts gibt es nämlich, das nicht immer bei Gott gewesen ist, was immer es in der geschöpflichen Welt gibt. Wenn diese Dinge auch hinsichtlich ihrer Erschaffung einen Beginn haben, so doch nicht im Hinblick auf Gottes Wissen oder Macht. Zeuge ist uns der Prophet mit seinem Wort: „Gott, der du alles erschaffen hast, was noch sein wird.”2 Denn sie liegen zwar in der Zukunft, sofern sie durch die Erschaffung erst noch entstehen sollen. Für Gott aber sind sie schon erschaffen, für den es bei der Erschaffung der Dinge nichts Neues und Unerwartetes gibt, sofern ihre Erschaffung eine innerzeitliche Anordnung ist, sie aber in der vorwissenden Wirksamkeit der göttlichen Kraft schon erschaffen sind.
Wenn jetzt die Weisheit lehrt, sie sei vor allen Zeiträumen geboren, so lehrt sie also nicht nur, sie sei früher als das Erschaffene, sondern auch gleichewig mit den ewigen (Vorgängen), der Zurüstung des Himmels nämlich und der Aussonderung des Wohnsitzes Gottes. Denn S. 312 der Wohnsitz wurde nicht damals ausgesondert, als er erschaffen wurde, weil ein anderes die Aussonderung, ein anderes die Grundlegung des Wohnsitzes ist. Der Himmel wurde auch nicht zu der Zeit erschaffen, als er vorbereitet wurde;3 war sie (die Weisheit) doch bei demjenigen, der vorbereitete und aussonderte. Später aber war sie zusammen mit dem Schöpfer tätig bei der Grundlegung; sie erweist ihre Ewigkeit, indem sie dabei ist, als er die Vorbereitung trifft, und ihre Dienstleistung, indem sie zugleich mit dem Schöpfer wirkt. Deswegen hat sie jetzt auch behauptet, sie sei (zeitlich) vor der Erde und den Bergen und den Hügeln gezeugt, weil sie ja ausdrücklich lehrte, bei der Zurüstung des Himmels zugegen gewesen zu sein. Damit wollte sie erweisen, schon damals bei Gott erschaffen gewesen zu sein, als der Himmel zugerüstet wurde, weil es eben für Gott nichts Neues gibt.