Kap. 19. Daß Gott am besten weiß, was zu unserem Heile dient, das ersieht man aus der Warnung, die jüngst erst ein sterbender Bischof durch eine Vision erhielt.
Damit übrigens die Beweise für die göttliche Vorsehung noch deutlicher sichtbar werden und zeigen, daß der Herr, der die Zukunft vorher weiß, auf das wahre Heil der Seinigen bedacht ist, hört folgendes Geschehnis! Als einer unserer Amtsbrüder und Mitpriester, durch Krankheit erschöpft und wegen des herannahenden Todes besorgt, noch um eine Frist für sich flehte, da erschien ihm während seines Flehens, als er schon fast im Sterben lag, ein Jüngling, verehrungswürdig durch seinen Glanz und seine Majestät, hoch von Gestalt und blendend anzusehen, eine Erscheinung, wie sie in der Nähe der menschliche Blick mit fleischlichen Augen kaum anzuschauen vermöchte und wie sie höchstens einer ansehen konnte, der schon im Begriffe stand, von der Welt abzuscheiden. Nicht ohne einen gewissen Unmut in Herz und Ton ließ er ihn an und sprach: „Vor dem Leiden [in der Verfolgung] fürchtet ihr euch? Von hinnen scheiden wollt ihr nicht? Was soll ich mit euch tun?“ Mit diesen Worten tadelt und mahnt einer, der wegen der Verfolgung für uns in Angst, wegen unserer Abberufung aber voll Sicherheit ist und der unserem gegenwärtigen Verlangen nicht zustimmt, sondern für die Zukunft Sorge trägt. So bekam unser Bruder und Amtsgenosse vor seinem Tode Worte zu hören, um sie den übrigen mitzuteilen. Denn er, der sie als Sterbender hörte, bekam sie doch nur zu dem Zwecke zu hören, um sie weiterzusagen; er hörte sie nicht für sich, sondern uns zugute. Denn was hätte er noch lernen sollen, der schon am Abscheiden war? Er hat vielmehr lediglich S. 249 für uns, die Zurückbleibenden, die Lehre erhalten, und wir sollen erkennen, was uns allen zum Besten dient, wenn wir erfahren, daß ein Priester zurechtgewiesen wurde, der noch um eine Lebensfrist bat.