Kap. 3. Wie Simeons Beispiel lehrt, soll der Gerechte den Tod nicht fürchten, sondern herbeisehnen.
Es steht geschrieben, der Gerechte lebe durch den Glauben1 . Wenn du aber gerecht bist und durch S. 236 den Glauben lebst, wenn du wahrhaft auf Gott vertraust, warum begrüßest du es dann nicht mit Freuden, daß du zu Christus gerufen wirst, und warum wünschest du dir nicht Glück dazu, den Teufel los zu werden; denn du bist dann doch bei Christus und kannst der Verheißung des Herrn sicher sein? So hatte jener gerechte Simeon, der in Wahrheit ein Gerechter war und der mit vollem Glauben Gottes Gebote hielt, von Gott den Bescheid erhalten, er werde nicht eher sterben, als bis er Christus gesehen habe. Als nun das Christuskind mit seiner Mutter in den Tempel kam, da erkannte er im Geiste, daß Christus, von dem ihm vorher geweissagt war, nunmehr geboren sei. Er wußte, daß er nun bald sterben werde, nachdem er ihn gesehen. Voll Freude also über den schon so nahen Tod und der baldigen Abberufung gewiß, nahm er das Kind auf seine Arme, pries Gott, rief und sprach: „Jetzt lassest Du, Herr, Deinen Diener in Frieden scheiden nach Deinem Wort, weil meine Augen Deinen Heiland gesehen haben“2 . Damit bewies und bezeugte er doch offenbar, daß wir Diener Gottes dann erst Frieden, dann erst volle und ungestörte Ruhe haben, wenn wir den Stürmen dieser Welt entrückt sind und in den Hafen der ewigen Heimat und Sicherheit einlaufen, wenn wir unsere Todesschuld hier abgetragen haben und zur Unsterblichkeit gelangen. Denn das ist der wahre Friede, das ist die zuverlässige Ruhe, das die beständige, feste und ewige Sicherheit.
