Kap. 3. Die jetzige Unfruchtbarkeit der Erde ist ein natürliche Folge ihres Alters und ein Zeichen, daß das Ende nahe ist.
Du hast behauptet, w i r hätten die Schuld und uns müsse all das zugerechnet werden, was jetzt die Welt erschüttert und bedrängt, weil eure Götter von uns nicht verehrt würden. In dieser Beziehung mußt du, der du von göttlicher Erkenntnis keine Ahnung hast und der Wahrheit ferne stehst, in erster Linie wissen, daß die Welt bereits alt geworden ist, daß sie nicht mehr in ihrer früheren Kraft steht und sich nicht mehr derselben Frische und Stärke erfreut, in der sie ehemals prangte. Auch wenn wir schweigen und keine Belege aus den heiligen Schriften und den göttlichen Verkündigungen beibringen, so redet schon die Welt selbst eine deutliche Sprache, und sie bezeugt ihren eigenen Untergang durch den sichtlichen Verfall aller Dinge1 . Nicht mehr reicht im Winter des Regens Fülle aus, um die Samen zu nähren, nicht mehr stellt sich im Sommer die gewohnte Hitze ein, um das Getreide zur Reife zu bringen, nicht mehr kann sich der Frühling seiner früheren Milde rühmen, und auch der Herbst spendet uns die Früchte der Bäume nicht mehr in so reicher Menge. Weniger wird aus den durchwühlten und erschöpften Bergen an Marmorplatten gewonnen, weniger Schätze an Silber und Gold liefern die bereits ausgebeuteten Bergwerke, und die ärmlichen Adern2 versiegen noch mehr von Tag zu Tag. Mehr und mehr erlahmt und ermattet auf den Fluren der Landmann, auf dem Meere der Schiffer, im Felde der Soldat; es schwindet die Uneigennützigkeit auf dem Markte, die Gerechtigkeit vor S. 207 Gericht, in der Freundschaft die Eintracht, in den Künsten die Fertigkeit, in den Sitten die Zucht. Glaubst du denn, etwas Alterndes könne wieder solch kräftiges Wesen annehmen, wie es früher in seiner noch frischen und üppigen Jugend zu blühen vermochte? Abnehmen muß alles, was seinem Ende schon ganz nahe ist und dem Untergang und Abschlüsse sich zuneigt. So sendet die Sonne bei ihrem Untergang Strahlen mit weniger hellem und feurigem Glänze aus, so wird des Mondes Scheibe wieder dünner, wenn sich sein Lauf dem Ende nähert und seine Hörner verblichen sind, und der Baum, der einst grün und ertragreich gewesen, wird später, wenn seine Äste verdorren, unfruchtbar und durch das Alter entstellt, und auch die Quelle, die ehedem aus überströmenden Adern reichlich hervorsprudelte, wird altersschwach und versiegt und läßt kaum mehr in kleinen Tropfen ihr Naß heraussickern. Das ist der Grundsatz, der für die Welt aufgestellt ist Das ist Gottes Gesetz, daß alles, was entstanden ist wieder vergeht, und alles, was gewachsen ist, altert3 , daß das Starke schwach, das Große klein wird und, wenn es dann schwach und klein geworden ist, sein Ende nimmt.