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Werke Salvianus von Marseille (405-451) De gubernatione Dei Von der Weltregierung Gottes (BKV)
IV. Buch

2. Wir leiden nur, was wir verschuldet, auch wenn wir dies nicht anerkennen wollen

Doch da entgegnet mir einer: „Du hast Glauben, und ich habe Werke, Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, ich aber will dir aus den Werken meinen Glauben zeigen.„ Dadurch gibt er doch zu erkennen, daß die guten Werke sozusagen Zeugen für den christlichen Glauben seien, weil ein Christ seinen Glauben ohne gute Werke überhaupt nicht beweisen könne. Und wenn er deshalb nicht beweisen könne, daß er ein Christ sei, sei er überhaupt dafür zu halten, als sei er keiner. Denn wie nichtig dies zu erachten sei, das zeigt er im Folgenden sofort, indem er einem Christen sagt: „Du glaubst, daß ein einziger Gott ist. Du tust wohl daran. Auch die Teufel glauben und schaudern.“ 1 Betrachten wir, was der Apostel an dieser Stelle sagen wollte! Laßt uns nicht S. 113 hadern mit den göttlichen Aussprüchen, sondern ruhig dabei verweilen; wollen wir ihnen nicht widersprechen, sondern daraus Nutzen ziehen. „Du glaubst„, sagt das göttliche Wort zu einem Christen, „daß ein einziger Gott ist. Du tust wohl daran. Auch die Teufel glauben und schaudern.“ Irrte der Apostel, als er den Glauben eines Christen mit dem eines Teufels verglich? Keineswegs! Er wollte nur beweisen, wovon oben die Rede war, daß man ohne gute Werke, sich nur mit dem Glauben brüstend, nichts beanspruchen darf. Deshalb sagt er, daß auch die Teufel an Gott glaubten. Wie nämlich die Teufel trotz ihres Glaubens an Gott in ihrer Verderbtheit verharren, so hätten auch gewisse Menschen sozusagen den Glauben der Teufel, weil sie von ihren schlechten Taten nicht ließen und doch behaupteten, an Gott zu glauben. Zur Schmach und Verdammung der sündigen Menschen fügt er noch hinzu, daß die Dämonen nicht bloß an Gottes Namen glauben, sondern ihn auch fürchten und vor ihm schaudern. Das will soviel sagen als: Was schmeichelst du dir, o Mensch, wer immer du auch seist, mit deiner Gläubigkeit, die ohne Furcht und Gehorsam gegen Gott nichts ist? Da haben die Teufel noch etwas vor dir voraus. Du hast nämlich nur eines, sie haben zwei; du hast die Gläubigkeit, nicht aber die Furcht; jene haben die Gläubigkeit und die Furcht zugleich. Was wunderst du dich also, wenn wir vom Unglück betroffen werden? Was staunst du, wenn wir gezüchtigt werden, wenn wir in die Gewalt der Feinde kommen, wenn wir schwächer sind als alle? All unser Elend, unsere Schwäche, unsere Niederlagen, die Gefangenschaft und die Peinen einer schmählichen Knechtschaft beweisen die Schlechtigkeit des Knechtes und die Güte des Herrn. Inwiefern Schlechtigkeit des Knechtes? Weil ich nämlich wenigstens teilweise erleide, was ich verdiene. Inwiefern Güte des Herrn? Weil er zeigt, was wir verdienen, wenn er auch nicht alles verhängt, was wir verdienen. Durch eine gar milde S. 114 und gütige Züchtigung will er uns lieber zur Bessserung führen, als daß wir zugrunde gehen. Wir sind ja, was unsere Verbrechen anlangt, der Todesstrafe schuldig. Er aber will mehr Barmherzigkeit als Strenge walten lassen und uns durch die Anwendung einer milden Strafe bessern, ehe er uns durch die Plage einer gerechten Züchtigung zugrundegehen läßt. Gewiß weiß ich: die Schläge sind uns schmerzlich. Aber warum wundern wir uns, wenn Gott uns Sünder züchtigt, da wir doch auch unsere Diener züchtigen, wenn sie sich verfehlen? Wir sind ungerechte Richter: wir wollen nicht, daß wir kleinen Menschen von Gott gepeitscht werden, während wir doch Menschen unseresgleichen peitschen. Aber ich wundere mich nicht, wenn wir hierbei so ungerecht sind. Wir sind eben von Natur wie nichtswürdige Sklaven. Wir wollen sündigen, aber nicht geschlagen werden. Unser Lebenswandel ist der gleiche, wie der unserer Sklaven; alle wollen wir ungestraft sündigen. Ich möchte doch alle befragen, ob ich lüge. Ich behaupte, keiner, mag er auch ein noch so großes Verbrechen begangen haben, gibt sich damit zufrieden, daß er gefoltert werden muß. Daraus läßt sich auch ersehen, wie ungerecht und falsch es ist, wenn wir anderen gegenüber so streng, gegen uns so überaus nachsichtig, mit anderen so hart, mit uns so nachgiebig sind. Bei ein und demselben Verbrechen strafen wir andere, uns sprechen wir frei. Fürwahr, eine unerträgliche Selbstverherrlichung 2und Anmaßung! Unsere Schuld wollen wir nicht anerkennen und wagen es doch, uns über andere als Richter aufzuspielen. Was kann ungerechter oder verkehrter sein als wir? Das gleiche Verbrechen, das wir bei anderen schwer bestrafen, halten wir bei uns für S. 115 annehmbar. Und deshalb ruft uns der Apostel nicht ohne Grund zu: „Darum bist du unentschuldbar, o Mensch, der du richtest. Denn worin du einen andern richtest, verdammst du dich selbst; du tust dasselbe, was du verurteilst." 3


  1. Ebd. 2, 19. ↩

  2. Incontumacia: E. Wölfflin (Substantiva mit in privativum, Arch. f. Lex. IV, 400ff.) bringt aus der patristischen Literatur mehrere Beispiele für solche Subst. mit in priv. „Incontumacia" bei Salv. bezweifelt Halm, Pauly läßt es wohl mit Recht als xxxxx stehen. Ob dieser aber, Härtel folgend, es mit obsequium richtig deutet, ist fraglich. Halm bezweifelt es. ↩

  3. Röm. 2, 1. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Von der Weltregierung Gottes (BKV)

Inhaltsangabe

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