5. Die Laster des Mordes und der Unzucht bei den Vornehmen
Aber vom Schmerz überwältigt sind wir zu weit abgeschweift. Um daher zum früheren Thema zurückzukehren: was für ein Gebiet gibt es noch, in dem die Vornehmen sich nicht mit Lastern der Sklaven beflecken? Es sei denn, daß sie das, was sie an den Sklaven als fehlerhaft bestrafen, bei sich für erlaubt halten! An solche Übergriffe, wie sie die oben genannten Vornehmen verüben, darf der Sklave nicht einmal denken. Doch, ich sage die Unwahrheit Einige von den Sklaven nämlich, die vor- S. 120 nehm geworden, haben Ähnliches oder Größeres verbrochen. Aber das kann den Sklaven ja keineswegs angerechnet werden, daß für einige ihre Lage als Sklaven sich so günstig wandte. Morde sind auch bei den Sklaven selten aus Schrecken oder Furcht vor dem Tode; bei den Reichen jedoch kehren sie immer wieder wegen der zuversichtlichen Hoffnung auf Straflosigkeit. Es müßte denn sein, daß wir ungerechterweise die Taten der Reichen zu den Verbrechen rechnen, weil jene glaubten, ein Recht auszuüben, wenn sie ihre Sklaven töten, nicht aber ein Verbrechen zu begehen. Doch nicht nur darin, auch bei der Ausübung gemeiner Unzucht treiben sie Mißbrauch mit dem gleichen vermeintlichen Vorrecht. Wie viele Reiche gibt es noch, die den Treueid der Ehe heilig halten? Wen reißt nicht rasende Leidenschaft in den Abgrund? Wem wird nicht sein Heim und seine Familie zum Hurenhaus? Und wer folgt nicht seinem wahnsinnigen Begehren, mag ihn die Hitze seiner ruchlosen Leidenschaft hinreißen zu wem es auch sei? Demgemäß sagt das göttliche Wort von solchen Personen: „Wie liebestolle Pferde sind sie gegen die Weiber geworden." 1Was anderes, als daß diese Worte für ihn gelten, beweist der, der im Beischlaf alles erreichen will, was er in seiner Augenlust begehrte? Von Konkubinen zu sprechen, erscheint vielleicht sogar ungerecht, weil dies im Vergleich zu den oben besprochenen Lastern sozusagen fast noch eine Art von Reinheit ist, wenn einer mit wenigen Ehefrauen sich begnügt und über eine bestimmte Anzahl von Gattinnen hinaus seine Lust im Zaume hält. Gattinnen habe ich gesagt, denn soweit ist man in der Schamlosigkeit gekommen, daß viele ihre Sklavinnen für Ehefrauen halten. Aber würde man sie nur als Gattinnen behandeln, wenn man sie schon für solche hält! Das aber ist noch verderblicher und ab- S. 121 scheulicher, daß einige, obwohl sie eine ehrenhafte Ehe eingegangen sind, sich doch wieder andere Weiber aus dem Sklavenstand nehmen, indem sie die Würde und Heiligkeit der Ehe durch gemeine und entartete Unzucht herabziehen. Sie schämen sich nicht, die Männer ihrer Sklavinnen zu werden, und zerren die Würde der ehrbaren Ehe hinein in die lastererfüllten Schlafkammern der Sklavinnen. Würdig wären sie, auch in dem Stande jener zu leben, deren Liebesgemeinschaft sie sich für würdig halten.
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Jer. 5, 8. SaIv. hat: equi insanientes in feminas facti sunt; die Vulgata hat: equi amatores et emissarii facti sunt: unusquisque ad uxorem proximi sui hinniebat. ↩