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Œuvres Salvien de Marseille (405-451) Von der Weltregierung Gottes (BKV)
IV. Buch

9. Unsere Schuld ist besonders groß, weil sie die Fürsorge und Liebe Gottes verkennt

Aber es gibt niemand, wird jemand sagen, der einen solchen Untergang verdiente, weil niemand in seinem Laster mit jenen zu vergleichen ist. Vielleicht mag das wahr sein. Aber was tun wir, da der Heiland selbst alle, die sein Evangelium verachten, für schlechter als jene erklärte? Denn über Kapharnaum spricht er: „Wenn in Sodoma die Wunder geschehen wären wie in dir, es stände wohl noch bis auf den heutigen Tag. Ich sage euch aber, dem Lande der Sodomiten wird es erträglicher gehen am Tage des Gerichtes als dir.„ 1Wenn er sagt, die Sodomiten seien weniger verdammenswert als S. 127 alle, die das Evangelium vernachlässigen, so ist wahrlich ein ganz sicherer Grund vorhanden, daß auch wir, die wir in so vielen Punkten das Evangelium vernachlässigen, noch Schlimmeres fürchten müssen, besonders, da wir mit den gewöhnlichen und gewissermaßen vererbten Lastern nicht mehr zufrieden sein wollen. Vielen genügen nämlich die gewöhnlichen Sünden nicht mehr; nicht mehr genügt ihnen der Streit, nicht Verleumdungen und Raub, nicht mehr genügen ihnen Weingelage und schwelgerische Gastmähler, es genügen ihnen nicht falsche Zeugnisse, Meineide, es genügen nicht Ehebrüche, nicht Morde, kurz, all das genügt nicht, was, obwohl unmenschlicher Wildheit entsprungen, in Wirklichkeit immer noch zu den menschlichen Missetaten gerechnet werden muß. Aber gotteslästerliche Menschen wagen es, in ihrer Raserei Hand an Gott selbst zu legen! "Denn sie setzten“, wie es von den Gottlosen geschrieben steht, „an den Himmel ihr Maul; ihre Zunge ergeht sich auf Erden; und sie sprechen: Wie soll Gott es wissen, wie gäbe es Kenntnis beim Höchsten?„ 2 Ferner; „Nicht wird es sehen, noch wird es merken der Gott Jakobs.“ 3 Auf solche kann man mit Recht jenes Wort des Sängers anwenden: „Der Tor spricht in seinem Herzen: es gibt keinen Gott.„ 4 Denn die behaupten, Gott sehe nichts, sind nicht weit davon entfernt, dem auch das Sein abzusprechen, dem sie das Sehen absprechen, und zu behaupten, der, der nichts sehe, sei überhaupt nicht. Und mag auch fast keine schlechte Handlung sich auf Vernunft gründen, weil Verbrechen nicht mit Vernunft in Verbindung gebracht werden können: eine noch unvernünftigere und wahnsinnigere Annahme gibt es nicht. Denn was ist so verrückt, als wenn einer zwar nicht leugnet, Gott habe alle Dinge geschaffen, wohl aber, daß er sie lenke, und daß er bekennt, Gott sei der Schöpfer, vernachlässige aber seine Geschöpfe? Gerade, als ob er sich deswegen die Erschaffung aller Dinge hätte an- S. 128 gelegen sein lassen, um seine Schöpfung zu vernachlässigen. Ich dagegen behaupte, Gottes Sorge für seine Geschöpfe gehe soweit, daß ich beweisen will, sie habe schon vor der Erschaffung bestanden! Die Sache selbst zeigt das nämlich ganz klar. Denn er hätte nichts geschaffen, wenn er sich nicht um die Schöpfung schon gekümmert hätte, bevor er etwas schuf; ist doch auch bei den Menschen niemand so stumpfsinnig, daß er etwas macht und vollendet, nur, um sich dann nicht mehr darum zu kümmern. Denn, wer einen Acker bebaut, bebaut ihn dazu, um das Angebaute zu erhalten. Und wer einen Weinberg pflanzt, tut das, um das Gepflanzte zu behüten. Und wer beginnt, sich eine Herde zu schaffen, tut das, um auf die Vermehrung der Tiere Sorgfalt zu verwenden. Wer ein Haus baut oder einen Grund legt, der nimmt doch all das, was er in diesen Anfangsarbeiten leistet, nur in der Hoffnung auf ein künftiges Heim auf sich. Aber was spreche ich da von den Menschen, da auch die kleinsten Lebewesen alles mit der Zielrichtung auf die Zukunft tun? Die Ameisen, die in ihren unterirdischen Gängen verschiedene Arten von Feldfrüchten zu verbergen pflegen, 5 schleppen deswegen alles zusammen und häufen es auf, weil sie aus Liebe zu ihrem Leben auch das Angesammelte lieben. Wenn die Bienen die Grundlagen zu den Waben legen oder aus den Blüten den Staub 6herauslesen, was treibt sie anderes zum Thymian hin als das eifervolle Verlangen nach Honig, was anderes zu gewissen Blüten als die Liebe zu den Nachkommen? Gott also, der auch den kleinsten Lebewesen diese Liebe S. 129 zum eigenen Werk einflößte, soll nur sich allein der Liebe zu seinen Geschöpfen beraubt haben, besonders, da alle Liebe zum Guten aus seiner gütigen Liebe auf uns überging? Er selbst nämlich ist die Quelle und der Ursprung 7 von allem; und weil wir in ihm, wie geschrieben steht, leben und uns bewegen und sind, 8 haben wir von ihm auch jegliche Liebe empfangen, mit der wir unsere Kinder lieben. Denn die ganze Welt und das ganze Menschengeschlecht ist ein Kind seines Schöpfers. Und gerade durch diese Liebe, durch die er uns unsere Kinder lieben ließ, wollte er uns zu erkennen geben, wie sehr er seine Kinder liebe. Denn wie nämlich, so lesen wir, „das Unsichtbare an ihm durch das Erschaffene erkannt und geschaut wird“, 9 so wollte er uns seine Liebe zu uns durch die Liebe zeigen, die er uns zu den unsrigen eingeflößt hat. Und wie er, so steht geschrieben, alles Väterliche 10 im Himmel und auf Erden nach sich selbst benannt haben wollte, so sollten auch wir seine Vaterliebe anerkennen. Was aber spreche ich von Vaterliebe? Es ist ja noch viel mehr als Vaterliebe. Das beweist das Wort des Heilandes, der im Evangelium sagt: „Denn so hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn für das Leben der Welt hingab.„ 11Aber auch der Apostel sagt: „Gott hat seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben; wie sollte er mit ihm uns nicht alles gegeben haben?“ 12


  1. Matth. 11, 23 f. Vgl. auch Luk. 10, 12 ff. ↩

  2. Ps. 72, 9. 11. ↩

  3. Ebd. 93, 7. ↩

  4. Ebd. 52, 1. ↩

  5. Die Hss. bieten: formicae in subterraneis latibulis ex varia frugum genera condentes ad hoc cuncta contrahunt. Mit Brakmen (a a. O. S. 168) setzen wir in die offenbar nach „ex„ vorhandene Lücke „more“ ein. ↩

  6. Salv. schreibt: e floribus natos legunt, ein Ausdruck, dessen Sinn unsere Übersetzung wiederzugeben versucht. Eine Änderung in sucos, wie sie F. X. Hirner (Commentatio de Salviano eiusque libellis. Progr. Freising 1869, S. 15) vorschlagt, ist nicht nötig. ↩

  7. Lat.: fons et origo. Zu diesem rhetorischen Pleonasmus vgl. Arch. Lat. med. aev. IV (1928) 79, 156; VIII (1932) 227. ↩

  8. Apg. 17, 28. ↩

  9. Röm. 1, 20. ↩

  10. Eph, 3, 15. ↩

  11. Joh. 3, 16. ↩

  12. Röm. 8, 32. ↩

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