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Werke Salvianus von Marseille (405-451) De gubernatione Dei Von der Weltregierung Gottes (BKV)
IV. Buch

10. Weil Gott uns geliebt, schulden wir die größte Gegenliebe

Das ist es also, was ich oben sagte, daß Gott uns mehr liebt als ein Vater seinen Sohn. Es ist ja klar, daß Gottes Liebe die Liebe zu Kindern weit überragt, da er unsertwegen seines Sohnes nicht geschont hat; ja, noch mehr: S. 130 eines gerechten Sohnes, eines eingeborenen Sohnes, eines Sohnes, der Gott ist. Was kann noch Höheres gesagt werden? Das geschah für uns, das heißt für Schlechte, für Ungerechte, für überaus Gottlose. 1 Wer kann diese Liebe Gottes zu uns ermessen, außer er betrachtet, daß die Gerechtigkeit Gottes so groß ist, daß kein Schatten von Ungerechtigkeit auf ihn fallen kann? Denn nach dem Urteil der menschlichen Vernunft hätte einer Unrecht getan, wenn er für die schlechtesten Sklaven einen guten Sohn hätte töten lassen. Aber eben deswegen ist Gottes Güte um so unschätzbarer und sein Walten um so wunderbarer, weil die Größe seiner Gerechtigkeit vom Menschen so wenig erfaßt werden kann, daß dem schwachen menschlichen Verstande die Größe seiner Gerechtigkeit fast als Ungerechtigkeit erscheint. Deshalb sagt der Apostel, um unserm Urteil die Unermeßlichkeit der göttlichen Barmherzigkeit wenigstens einigermaßen nahe zu bringen: „Weshalb ist Christus, da wir noch Gottlose waren, in der Zeit für die Gottlosen gestorben? Stirbt doch kaum jemand für einen Gerechten." 2Durch diesen einen Satz zeigt er uns die Güte Gottes. Denn, wenn kaum einer für einen ganz Gerechten den Tod auf sich nimmt, so bewies Christus die Größe seines Opfers, indem er für Ungerechte starb. Aber warum der Herr das getan, lehrt er uns, wenn er im folgenden sagt: „Gott aber bewährt seine Liebe gegen uns dadurch, daß Christus für uns gestorben ist zur Zeit, da wir noch Sünder waren. Wievielmehr werden wir jetzt, da wir durch sein Blut gerechtfertigt sind, durch ihn vom Zorn befreit sein!" 3Dadurch also bewährt er seine Liebe, daß er für Gottlose gestorben ist; denn die Wohltat, die Unwürdigen erwiesen wird, hat einen höheren Wert. Deshalb heißt es auch: Es bewährt Gott seine Liebe zu uns. Wie S. 131 bewährt er sie? Dadurch, daß er sie uns ohne unser Verdienst schenkt. Hätte er sie Heiligen mit hohen Verdiensten zukommen lassen, so hätte er offenbar nicht gegeben, was er nicht zu geben brauchte, sondern nur geleistet, was er mußte. Was geben wir ihm für dies alles wieder, oder besser gesagt, was sollten wir ihm wiedergeben? Zunächst nämlich das, wovon der fromme Prophet bezeugt, daß er es schulde und wiedergeben werde, mit den Worten: "Was soll ich dem Herrn vergelten für alles, was er mir getan? Den Kelch des Heiles will ich empfangen und den Namen des Herrn anrufen." 4Die erste Wiedervergeltung besteht also darin, daß wir Tod für Tod schenken und alle für den sterben, der für uns gestorben ist, obgleich unser Tod viel weniger wert ist als der seine. So kommt es, daß wir, auch wenn wir den Tod auf uns nehmen, dennoch unsere Schuld nicht bezahlen. Da wir aber Größeres nicht geben können, so scheinen wir doch alles zurückzugeben, was wir zurückgeben können. 5Das ist also, wie gesagt, die erste Wiedervergeltung. Die zweite aber ist, daß wir unsere Schuld wenigstens durch Liebe bezahlen, wenn wir es schon durch den Tod nicht können. Denn deshalb wollte der Erlöser, wie der Apostel sagt, uns allen durch seinen Tod für uns seine Liebe beweisen, um uns durch das Beispiel seiner Liebe hinzureißen, für seine so große Liebe ein ebenso großes Entgelt zu leisten. Und wie die Naturkräfte jene wunderbaren Edelsteine hervorbringen, welche, nahe an Eisen herangebracht, sogar den härtesten Stahl sozusagen durch Ausatmen ihrer Liebe zu sich heraufziehen, so macht es auch jener, der wertvollste und herrlichste Edelstein des himmlischen Reiches. Indem er vom Himmel niederstieg und so sich uns, wenngleich ganz harten Menschen, näher verband, riß er uns gewissermaßen mit den Händen seiner Liebe zu seinem S. 132 Herzen hin, damit wir seine Gaben und Wohltaten erkennen und einsehen sollten, was wir eigentlich für einen so gütigen Herrn tun müßten, da er für seine schlechten Diener soviel getan. Dann würde erfüllt werden, was der Apostel sagt, 6 wir würden um seiner Liebe willen den ganzen Tag getötet, und weder Verwirrung noch Angst noch Verfolgung noch Hunger noch Blöße noch Schwert könnten uns trennen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus, unserm Herrn, ist.


  1. Diese Sätze sind ein besonders sprechendes Beispiel für die vor. Salv. unzählige Male gebrauchte Dreigliederung eines Gedankens. ↩

  2. Röm. 5, 6 f. Salv. hat impii, die Vulg. infirmi. ↩

  3. Ebd. 5, 8f. ↩

  4. Ps. 115, 12 f. (3 f.). ↩

  5. Ähnliche Gedanken spricht Salv. auch in seiner Schrift Ad eccl. aus; vgl. S. 283 ff. ↩

  6. Röm. 8, 36. ↩

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Von der Weltregierung Gottes (BKV)

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