18. Die Sünden der Christen sind besonders schwer, weil sie die Heiden zur Gotteslästerung veranlassen
Wir können also erkennen, wofür die Heiden die Christen hielten, die Gott mit solchen Opfern verehrten, oder wie verzerrt sie Gott selber sahen, der diesen Gottesdienst gelehrt. Und warum das? Aus welchem anderen Grunde als wegen derer, die sich Christen heißen, es aber nicht sind, die durch ihre Verbrechen und Laster den Namen der Religion schänden, die, wie geschrieben steht, 1zugeben, daß sie Gott kennen, durch ihre Taten ihn aber leugnen, da sie verabscheuenswürdig und ungläubig sind, untüchtig zu jeglichem guten Werk. Um ihretwillen wird, wie wir lesen, der Weg verlästert, und der heilige Name Gottes des Herrn wird durch die Flüche räuberischer Menschen geschmäht. Was für eine schwere, eine besondere Sühne heischende Sünde es ist, den Namen der Gottheit den Heiden zur Lästerung auszuliefern, das lehrt uns auch das Beispiel des seligen David: Dieser wurde zwar um seiner sonstigen Gerechtigkeit willen begnadigt und gewürdigt, der ewigen Strafe für seine Vergehen durch ein einziges Bekenntnis zu entrinnen; für dieses Verbrechen aber konnte er trotz des Schutzes der Buße keine Verzeihung erlangen. Denn nachdem er seinen Fehler eingestanden hatte, sagte der Prophet Nathan zu ihm: "Gott hat deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben„; 2aber sofort fügt er hinzu: "aber weil du den Feinden des Herrn um dieses Wortes willen Anlaß zum Lästern gegeben hast, wird der Sohn, der dir geboren ward, sterben“. 3Und was geschah dann? Er legt die Königskrone ab, wirft die Edelsteine weg, zieht den Purpur aus, entfernt allen Glanz S. 146 der Königswürde, und an Stelle von alldem, einsam, seufzend, eingeschlossen, mit einem Sack bekleidet, von Tränen feucht, befleckt von der Asche, fleht er mit so vielen Bitten und Klagen um das Leben seines Kindes und bestürmt 4den gütigsten Gott in so eindringlichen Gebeten. Obwohl er so bat und beschwor, konnte er doch nicht erhört werden, während er so fest geglaubt hatte, daß er von Gott erlangen werde, was er so heiß erflehte, ein Glaube, der sonst eine starke Stütze für einen Bittenden ist. Daraus kann ersehen werden, daß es gar kein strafwürdigeres Vergehen gibt, als den Heiden Veranlassung zur Gotteslästerung zu geben. Wer sich nämlich schwer verfehlt, ohne daß andere Gott lästern, stürzt nur sich in die Verdammnis. Wer aber andere veranlaßt, Gott zu lästern, reißt viele mit sich in den Tod und ist notwendiger Weise für so viele schuldig, als er mit in die Schuld hineingezogen hat. Und nicht nur das: sondern wenn ein Sünder so sündigt, daß er durch seine Sünde anderen nicht Veranlassung zur Gotteslästerung gibt, so schadet diese Sünde ihm, dem Sünder, ganz allein. Er verunehrt aber nicht den heiligen Namen Gottes durch frevlerische Lästerungen und Flüche anderer. Wer aber durch seine Sünde anderen Veranlassung zur Gotteslästerung gibt, dessen Sünde geht über das Maß menschlichen Frevels hinaus, weil er durch die Schmähungen unendlich vieler anderer Gott eine unnennbare Beleidigung zufügt.