• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Salvianus von Marseille (405-451) De gubernatione Dei Von der Weltregierung Gottes (BKV)
VI. Buch

8. Nur an den Stätten der Zerstörung oder infolge allgemeiner Armut haben die Schauspiele teilweise aufgehört

Aber vielleicht kann jemand darauf antworten: nicht in allen römischen Städten wird es so getrieben. Es ist wahr, ich gehe sogar noch weiter und sage, immer geschieht das jetzt nicht einmal dort, wo es früher immer geschehen ist. Es geschieht nicht mehr in der Stadt Mainz; aber nur, weil sie zerstört und vernichtet ist. Es geschieht nicht mehr zu Köln; aber nur, weil es von Feinden voll ist. Nicht mehr geschieht es in der glänzenden Stadt Trier; aber nur, weil sie durch viermalige Zerstörung zu Boden liegt. Es geschieht endlich nicht in sehr vielen gallischen und spanischen Städten. Und deswegen, weh uns und unsern Vergehen, weh uns und unserer Unkeuschheit! Was für eine Hoffnung haben die christlichen Völker vor Gott, wenn diese Bosheiten in den Römerstädten seit dem Zeitpunkt nicht mehr geschehen, seit dem sie unter die Botmäßigkeit der Barbaren kamen? So sind Lasterhaftigkeit und Unreinheit S. 191 sozusagen verschwistert mit den Römern; sie gehören gewissermaßen zu ihrem Geist und ihrem Wesen, weil diese Laster überall dort vorherrschen, wo Römer sind. Aber das dürfte eine harte und ungerechte Anklage sein. Hart ist sie fürwahr, wenn sie falsch ist. Aber wie, antwortest du, wie soll sie nicht falsch sein, da die Geschehnisse, von denen die Rede ist, jetzt nur mehr in ganz wenigen Römerstädten vorkommen? Sehr viele beflecken sich nicht mehr mit der Makel dieser Unreinheiten; 1und mag es auch noch Heimstätten des alten Irrtums geben: keineswegs dürfte mehr das geschehen, was früher geschah. Wir müssen daher beide Behauptungen einer Betrachtung unterziehen, das heißt fragen, was das bedeutet, daß es bis jetzt noch Orte und Herbergstätten für die Spiele gibt, die Spiele aber aufgehört haben sollen. Die Orte und Wohnstätten dieser Schändlichkeiten gibt es also deswegen heute noch, weil früher diese Unreinheiten dort geschahen. Jetzt werden dort deswegen keine Spiele abgehalten, weil sie wegen der Armut und des Elendes der Zeit nicht gehalten werden können. Daß es daher früher geschah, entsprang der Lasterhaftigkeit; daß es jetzt nicht mehr geschieht, entspringt nur der Not. Die Zwangslage des Fiskus und die Bettelarmut der römischen Staatskasse erlauben es nicht, daß überall für bloße Possenspiele verlorene Summen verschleudert werden. Mag auch heute noch so vieles zugrunde gehen und sozusagen in den Schmutz geworfen werden, sehr viel kann doch nicht mehr vernichtet werden, weil nicht mehr sehr viel da ist, was vernichtet werden könnte. Denn, wenn es nach dem Verlangen unserer Lust und unserer unreinen Vergnügungssucht ginge, so wünschten wir in der Tat nur dazu noch mehr zu besitzen, um mehr auf diesen Sumpf der S. 192 Schändlichkeit verwenden zu können. Und wieviel wir verschwenden wollten, wenn wir reich und vermögend wären, geht daraus hervor, daß wir trotz unserer Armut soviel verschwenden. Das ist der Untergang und das Verderben in den gegenwärtigen Sitten, daß die Lasterhaftigkeit immer noch mehr zugrunde richten will, obwohl die Armut schon nichts mehr zum Zugrunderichten hat. Es ist also kein Grund vorhanden, daß wir uns irgendwie schmeicheln könnten, indem wir sagen, nicht in allen Städten geschehe das, was früher geschehen ist. Deswegen nämlich geschieht das nicht mehr überall, weil manche Städte, wo es geschah, nicht mehr sind; und wenn schon es hier lange geschehen konnte, so hatte es eben zur Folge, daß die Stätten nicht mehr bestehen können, an denen solches geschah. 2So spricht nämlich Gott selbst durch den Propheten zu den Sündern; "Es gedachte dessen der Herr, und es ging ihm zu Herzen, und nicht vermochte fürder der Herr, es zu ertragen ob der Bosheit euerer Bestrebungen und ob der Greuel, welche ihr vollbrachtet; deshalb ward euer Land zur Wüste und zum Entsetzen und zum Fluche," 3Dadurch ist es schon gekommen, daß der größte Teil des römischen Reiches zur Wüste geworden ist und zum Entsetzen und zum Fluch.


  1. Die Ergänzung eines übergeordneten Verbums, wie sie Halm und Pauly hier haben möchten, scheint nicht notwendig zu sein, da der Satz als indirekte Rede aufgefaßt werden kann. ↩

  2. Die Stelle ist in der Überlieferung offenbar verderbt. Wir haben, z. T. auf Pauly, Sitz.-Ber. S. 27, gestützt, den Text angenommen: quia urbes, ubi agebantur illa, iam non sunt; et ibi, siquidem acta sunt (evenerunt), quae id effic. usw. ↩

  3. Jer. 44, 21 f. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (194.00 kB)
  • epubEPUB (185.28 kB)
  • pdfPDF (628.49 kB)
  • rtfRTF (518.07 kB)
Übersetzungen dieses Werks
Von der Weltregierung Gottes (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung