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Works Salvian (405-451) Von der Weltregierung Gottes (BKV)
VI. Buch

9. Die Lust nach Spielen ist trotz allen Elendes nicht verschwunden

Und wenn das doch nur früher geschehen wäre und die römische Lasterhaftigkeit jetzt damit aufhörte! Vielleicht würde der Herr, wie geschrieben steht, sich unserer Sünden erbarmen, 1Denn unaufhörlich fügen wir eine Sünde an die andere, häufen Frevel auf Frevel; und da S. 193 der größte Teil von uns schon verlorengegangen ist, trachten wir nur danach, daß wir alle verlorengehen. Wer, so frage ich, sieht, daß ein anderer neben ihm getötet wird, und fürchtet sich nicht selbst? Wer erblickt das brennende Haus seines Nachbarn und wendet nicht alle Kraft auf, um selbst nicht durch den Brand vernichtet zu werden? Wir sehen nicht nur unsere Nachbarn brennen, sondern der größte Teil unseres Leibes steht selbst in Brand. Und was für ein Unglück ist das! O des Frevels! Wir stehen in Brand, wir brennen und trotzdem fürchten wir die Flammen, die an uns lodern, nicht. Denn daß, wie ich sagte, nicht mehr überall geschieht, was früher geschah, ist wohltätige Folge des Elends, nicht unserer Zucht. Leicht ist es mir, das zu beweisen. Stelle die Zustände früherer Zeiten wieder her, und sogleich ist wieder überall das, was früher war. Noch mehr sage ich: Was die Wünsche der Menschen anlangt, so sind diese Dinge, obwohl sie nicht mehr überall sind, in Wirklichkeit doch noch überall vorhanden, weil das römische Volk sie überall haben will. Wenn nämlich ein Mensch eine schlechte Tat nur notgedrungen nicht ausführt, so wird die Begierde nach der Schändlichkeit statt der Handlung verurteilt. Denn, wie ich gesagt habe, nach dem Ausspruch unseres Herrn hat der einen Ehebruch in seinem Herzen begangen, der ein Weib ansieht, um es zu begehren. 2Daraus können wir ersehen, daß wir, auch wenn wir schändliche und verdammenswürdige Taten notgedrungen nicht begehen, schon für den Willen zum bösen Werk verurteilt werden. Doch was rede ich vom Willen? Fast alle tun diese Dinge, wenn sie irgendwie können. Denn wenn die Bewohner irgendeiner Stadt nach Ravenna oder nach Rom kommen, dann sind sie ein Teil des römischen Volkes im Zirkus, ein Teil des ravennatischen Volkes im Theater. Niemand halte sich daher durch seinen augenblicklichen Wohnort oder durch sein gelegentliches Fehlen für entschuldigt! Alle sind zu S. 194 einem geworden durch diese schändlichen Dinge, weil sie sich selbst im Verlangen danach zusammenschließen. Und wir schmeicheln uns noch dazu mit der Rechtschaffenheit unserer Sitten, mit der Seltenheit unserer Schandtaten! Ich gehe noch weiter: Nicht nur werden die schmutzigen und schändlichen Spiele aufgeführt wie früher, sondern sie werden noch mit viel größerer Schuldhaftigkeit betrieben als ehedem. Damals blühten alle Teile des römischen Reiches unversehrt; der Reichtum des Staates ließ die Vorratskammern eng erscheinen; die Bürger aller Städte hatten Überfluß an Reichtum und Vergnügen; kaum konnte das Ansehen der Religion bei einem solchen Überfluß an allem die Sitten in Zucht halten. Allenthalben wurden an den meisten Orten damals Schauspieler für diese schändlichen Vergnügen unterhalten; aber alles war auch voll und übervoll. Niemand bedachte den Aufwand des Staates, niemand die Ausgaben, weil man die Kosten nicht spürte. In gewissem Sinne suchte der Staat sogar nach einer Gelegenheit, wo er Geld verschwenden konnte, weil er seine Einnahmen schon gar nicht mehr unterbringen konnte; und deshalb hat sich die Überfülle des Reichtums, die beinahe alles Maß überschritten hatte, auch auf leichte und seichte Dinge ergießen können. Was aber soll man jetzt sagen? Der ehemalige Besitz ist von uns gewichen, die reichen Mittel früherer Zeiten haben uns verlassen, elend sind wir und dennoch hören wir nicht auf, ausgelassen zu sein. Sonst kommt wohl die Armut unmündigen Verschwendern zu Hilfe; und wenn sie aufhören, reich zu sein, hören sie auch mit dem Laster auf. Wir dagegen sind eine neue Art von Entmündigten und Verschwendern: der Reichtum ist bei uns geschwunden, unsere Schlechtigkeit aber dauert an. Die Ursache unserer Verderbnis liegt bei uns nicht, wie bei anderen Menschen, in äußeren Lockungen, sondern wir tragen sie im Herzen, und unsere Lasterhaftigkeit ist das gleiche wie unsere Geisteshaltung, so daß wir durch den Ver- S. 195 lust des Reichtums 3nicht zur Besserung geführt werden, sondern aus Liebe zum Bösen zu sündigen fortfahren.


  1. Z.B. Gen. 32, 20; Eccli. 34, 23. ↩

  2. Matth. 5, 28. ↩

  3. Die Stelle ist in der Überlieferung offenbar verderbt. Die Hss. haben: ut ad emendandos nos non facultatum ablatione†† sed malarum rerum amore peccare. Pauly, Sitz.-Ber. S. 10, verbessert: ut ad em. nos non facult. abl. moveamur (C. Brakman a. a. O. S. 171 - moneamur ) sed mal. rer. am. peccare - pergamus -. ↩

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