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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Salvian (405-451) Von der Weltregierung Gottes (BKV)
VI. Buch

13. Auch die Ereignisse bei der Zerstörung einiger gallischer Städte sind ein Beweis

Aber was spreche ich von solchen, die ganz fern von uns liegen, gleichsam in einem anderen Erdteil? Weiß ich doch, daß auch auf heimischem Boden und in gallischen Städten fast alle vornehmen Männer durch ihr Unglück schlechter geworden sind. Denn ich sah Menschen, 1von Haus aus Adelige, mit hohen Würden bekleidet; sie waren zwar schon ausgeraubt und geplündert, aber doch war ihr Vermögen weniger zerstört als ihre Sitten. Obwohl sie ausgeraubt und entblößt waren, war doch vom Vermögen noch etwas übrig geblieben, nichts aber von der Zucht. Soviel schlimmere Feinde waren sie gegen sich selbst, als die Feinde von außen, daß sie selbst sich noch mehr zerstörten, als sie von den Barbaren schon zerstört waren. Es ist traurig zu berichten, was wir gesehen haben, daß ehrenwerte Greise, altersschwache Christen, während der Untergang schon der Stadt drohte, der Gaumenlust und Ausschweifung sich hingaben. Was soll man hier zuerst anklagen? Daß sie angesehen waren oder daß sie Greise waren oder Christen oder dem Untergang nahe? Wer hielte so etwas für möglich bei Greisen, sogar wenn sie in Sicherheit sind, sogar bei jungen Leuten, wenn sie in Gefahr sind, S. 202 oder überhaupt je bei Christen? Sie lagen bei Gastmählern, vergessend ihrer Ehre, vergessend ihres Alters, vergessend ihres Standes, vergessend ihres Namens, die Führer des Staates, mit Speisen vollgepfropft, vor Trunkenheit sinnlos, mit wüstem Geschrei, in taumelndem Wahnsinn, nichts weniger als bei Sinnen, nein vielmehr, da sie ja immer so lebten, erst recht bei ihren Sinnen. Ja, so war es; aber ich muß noch viel mehr sagen: nicht einmal der Untergang der Stadt machte dieser Verworfenheit ein Ende. Die reichste Stadt der Gallier ist ja viermal erobert worden. Es ist klar, von welcher ich rede. Die erste Einnahme hätte für die Besserung genügen können, so daß nicht die Wiederholung der Sünden zu einer Wiederholung der Zerstörung geführt hätte. Doch, was geschah? Es ist unglaublich, was ich erzähle. Die Dauer der Heimsuchungen brachte eine Vermehrung der Verbrechen mit sich. Wie sich nämlich jenes Schlangenungeheuer, von dem die Fabeln erzählen, nach jeder Erlegung vervielfachte, so wuchsen auch in der berühmtesten Stadt der Gallier die Verbrechen infolge eben der Schicksalsschläge, die sie eindämmen sollten, so daß man glauben könnte, die Strafe für die Sünden sei sozusagen die Mutter neuer Laster. Ferner: soweit ist es infolge der Vermehrung der täglich neu aufkeimenden Sünden gekommen, daß man leichter jene Stadt ohne Bewohner, als auch fast nur einen ihrer Bewohner ohne schwere Schuld finden könnte. So ist es also in jener Stadt. Wie steht es in einer anderen, nicht weit entfernten Stadt, fast ebenso prächtig wie diese? Ist dort der Zusammenbruch des Wohlstandes und der Sitten nicht der gleiche? Denn außer den gewöhnlichen Vorgängen, daß nämlich durch die hauptsächlichsten Sünden, Habsucht und Trunkenheit, alles zusammengebrochen ist, herrschte dort bis jetzt eine so rasende Gier nach Wein, daß die Häupter jener Stadt nicht einmal von den Gastmählern aufstanden, als schon der Feind in die Stadt eindrang. So deutlich wollte ihnen Gott, wie ich S. 203 glaube, den Grund für ihren Untergang zeigen, daß sie sogar während ihres Unterganges die Sünde begingen, wegen der sie zugrunde gehen mußten. Und ich selber sah dort beweinenswerte Dinge, und zwar ohne jeden Unterschied zwischen Knaben und Greisen. Die gleiche Possenhaftigkeit, der gleiche Leichtsinn! Alles auf einmal: Schwelgerei, Trinkgelage, Untergang, Alles taten sie in gleicher Weise: spielten, betranken sich, trieben Ehebruch. Alte und angesehene Leute waren bei den Gastmählern ausschweifend; zum Leben waren sie fast schon zu schwach, beim Wein aber außerordentlich leistungsfähig; untauglich zum Gehen, stark im Trinken, wankend beim einfachen Schreiten, leichtfüßig beim Tanz. Noch mehr? So weit kamen sie durch all die angeführten Sünden herab, daß sich an ihnen das Wort der Heiligen Schrift erfüllte: „Wein und Frauen führen zum Abfall von Gott.“ 2Denn während sie tranken, spielten, Ehebruch trieben und sich toll gebürdeten, fingen sie schon an, Christus zu verleugnen. Und nach all dem wundern wir uns, wenn sie die Zerstörung ihres Glücks erleiden mußten, da sie doch schon so lange vorher in ihrem Herzen zusammengebrochen waren? Niemand glaube daher, jene Stadt sei erst bei ihrer Zerstörung zugrundegegangen; wo nämlich solches geschehen ist, ist der Untergang dem Untergang bereits vorausgegangen.


  1. Wichtige Stelle zur Bestimmung der Heimat Salvians. Vgl. Einleitung S. 16. Die Haupthandschriften haben: siquidem ego Treveros ipse. Hartel und Pauly betrachten das „Treveros" mit Recht als Interpolation, da Salvian selbst offenbar den Namen seiner Vaterstadt verschweigen will. Vgl. unten S. 202 Z. 11 v.o. ↩

  2. Eccli. 19, 2. ↩

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Von der Weltregierung Gottes (BKV)

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