21. Wie die Beharrlichkeit der Gastrimargie gegen die Philosophen dargelegt worden.
Die Natur dieses Lasters hat Einer der Greise, der mit Philosophen disputirte, die da wegen seiner christlichen Einfalt glaubten, sie dürften ihn wie einen bäurischen Menschen hetzen, schön ausgedrückt, indem er sie unter folgendem Bilde in einer Frage zeichnete: „Mein Vater,“ sagte er, „hat mich in Verpflichtungen gegen viele Gläubiger zurückgelassen; während ich die andern ganz bezahlte und dadurch von aller Belästigung ihres Anforderns frei wurde, kann ich einem durch tägliches Zahlen nicht genug thun.“ Als nun jene die Bedeutung der vorgelegten Frage nicht kannten und ihre Lösung mit Bitten verlangten, sprach er: „In viele Laster war ich von Natur aus verwickelt; aber da mir Gott das Verlangen nach Freiheit eingab, that ich diesen allen, wie den lästigsten Gläubigern Genüge, indem ich dieser Welt entsagte und alles vom Vater überkommene Vermögen gleichfalls von mir warf, und so wurde ich von ihnen gänzlich frei. Die Reizungen der Gastrimargie aber vermochte ich durchaus nicht wegzubringen. Denn obwohl ich sie auf ein geringes Maß und eine ganz unbedeutende S. a437 Menge eingeschränkt habe, so entgehe ich doch nicht der Gewalt des täglichen Triebes, sondern ich muß durch ihre ewigen Verhandlungen bedrängt werden und eine endlose Zahlung in beständiger Leistung gewähren und ihren Anforderungen einen niemals vollzähligen Tribut bringen.“ Jetzt erklärten Jene, daß dieser Greis, den sie vorher als unwissend und bäurisch verachtet hatten, den vorzüglichsten Theil der Philosophie, d. i. die Ethik, trefflich erfaßt habe, und wunderten sich sehr, wie er von Natur aus, ohne daß es ihm eine weltliche Bildung beigebracht habe, das hätte erreichen können, während sie mit vieler Mühe und langem Lernen nicht so weit hätten kommen können. Das mag nun im Besondern über die Gastrimargie hinreichen, und wir wollen nun zurückkehren zu der Auseinandersetzung, die wir über die allgemeine Kenntniß der Laster begonnen haben.