19. Von dem Worte: „Zukomme uns dein Reich!“
Die zweite Bitte des ganz gereinigten Geistes verlangt, daß das Reich seines Vaters immer mehr und mehr komme; nemlich entweder jenes, durch welches Christus täglich herrscht in den Heiligen, was ja geschieht, wenn durch Tilgung der häßlichen Laster die Teufelsherrschaft aus unsern Herzen vertrieben ist und Gott in uns durch den Wohlgeruch der S. a561 Tugenden zu herrschen beginnt; wenn nach Besiegung der Unzucht die Keuschheit, nach Überwindung des Zornes die Ruhe, nach Niederwerfung des Hochmuths die Demuth in unserem Geiste herrscht. Aber auch um jenes Reich bittet er, das für die festgesetzte Zeit allen Vollkommenen und Söhnen Gottes überhaupt versprochen ist, und in welchem ihnen von Christus gesagt werden wird: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmet das Reich in Besitz, das euch von Grundlegung der Welt her bereitet war.“ Dahin wendet er gleichsam seine Blicke und heftet seine Begierden voll Erwartung und spricht zum Herrn: „Zukomme dein Reich!“ Denn er weiß gar wohl durch das Zeugniß seines Gewissens, daß, sobald es erscheint, er sein Mitgenosse sein wird. Es wird ja wohl Keiner der Lasterhaften wagen, solches zu sagen oder zu wünschen, weil der nicht den Thron des Richters wird sehen wollen, der da weiß, daß er bei dessen Ankunft nicht die Palme und den Lohn für seine Verdienste, sondern sogleich die Strafe erhalten wird.