21. Von dem überwesentlichen oder täglichen Brode.
Dann heißt es: „Unser überwesentliches Brod — ἐπιούσιον — gib uns heute,“ während ein anderer Evangelist sagt: „unser tägliches Brod.“ 1 Jener drückt die Eigenschaft seines Wesens und Adels aus, vermöge deren es über allen Wesen steht und die Erhabenheit seiner Herrlichkeit und Heiligkeit alle Geschöpfe übertrifft; dieser aber bezeichnet die ihm entsprechende Weise des Gebrauches und seine Nützlichkeit. Denn da er es das tägliche nennt, zeigt er, daß wir ohne dasselbe an keinem Tage geistiges Leben zu schöpfen vermögen. Wenn er sagt: „heute,“ so lehrt er uns, daß dasselbe täglich genommen werden müsse, und daß die gestrige Darreichung nicht genüge, wenn es uns nicht heute gleichfalls gegeben wird; daß wir also zu jeder Zeit dieß Gebet ausgießen sollen, daran mahnt uns die tägliche Nothwendigkeit desselben, da es keinen Tag gibt, an welchem nicht nöthig wäre, das Herz unseres innern Menschen durch solche Speise und Genießung zu stärken. 2 Übrigens könnte doch dieß „heute“ auch von dem gegenwärtigem Leben verstanden werden, nemlich: Verleibe uns dieß Brod, so lange wir in dieser Zeit weilen; denn wir wissen, daß es denen, S. a563 Welche dieß von dir verdienen, wohl in der Zukunft gegeben werden wird; aber wir bitten, daß du es uns auch heute verleihen wollest, weil, wenn es Einer in diesem Leben nicht zu erlangen gewußt hat, er auch in jenem desselben nicht theilhaft werden kann.