20. Von der erheuchelten Geduld Einiger, mit welcher sie die andere Wange zum Schlage darbieten.
Wir kennen auch gar wohl noch eine andere Art von Thorheit, die unter der Farbe einer geschmückten Geduld bei einigen Brüdern sich findet, denen es zu wenig ist, Zank erregt zu haben, wenn sie nicht auch noch mit aufreizenden Worten es dahin bringen, daß sie geschlagen werden. Wenn sie dann wirklich von einer leichten Berührung getroffen sind, so reichen sie auch noch einen andern Theil des Körpers zum Schlage dar, als wollten sie damit vollkommen jenes Gebot erfüllen, in welchem es heißt: 1 „Wenn dich Jemand auf die rechte Wange schlägt, so reich’ ihm auch die linke dar!“ So verkennen sie vollständig Bedeutung und Absicht der Schrift und wähnen, die evangelische Geduld durch das Laster der Zornsucht ausüben zu können. Wird doch gerade, um diese mit der Wurzel zu entfernen, nicht nur die vergeltende Rache und die Aufregung des Streitens S. b160 verboten, sondern uns auch befohlen, die Wuth des Schlagenden durch Geduld bei doppeltem Unrecht zu mildern.
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Matth. 5, 39. ↩