21. Ob den Fragenden eine heimliche Enthaltsamkeit ohne Lüge bekannt gemacht werden dürfe, und ob man wiederaufnehmen könne, was man einmal zurückgewiesen hatte?
Nun laßt mich auch noch einige Beispiele von unsern unvermeidlichen und fast täglichen Verlegenheiten vorbringen, die wir mit aller Vorsicht nie so verhüten können, daß wir nicht, sei es mit oder gegen unsern Willen in dieselben fallen müssen. Was ist doch, ich bitte euch, zu thun, wenn S. b195 wir die Labung auf den folgenden Tag aufschieben wollen, und kommt nun ein Bruder, der uns fragt, ob wir zu Abend gegessen haben? Muß man das Fasten verheimlichen und die Tugend der Nüchternheit verhüllen, oder durch Bekenntniß der Wahrheit verrathen? Wenn wir sie verbergen, um dem Gebote des Herrn zu gehorchen, in welchem gesagt ist: 1 „Zeige dich den Menschen nicht als fastend, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist“ — und wieder: „Deine Linke wisse nicht, was deine Rechte thut;“ — so lügen wir in der That. 2 Wenn wir aber die Tugend der Enthaltsamkeit kund geben, so trifft uns mit Recht der apostolische Ausspruch: „Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn empfangen.“ 3 Wenn Einer den von einem Bruder gereichten Becher mit der Erklärung zurückweist,daß er durchaus nicht annehmen werde, was jener in der Freude über seine Ankunft flehentlich zu nehmen bittet: ist es da recht, daß er dem Bruder, der sich auf die Kniee niederläßt, auf die Erde wirft und nun durch diese Erweisungen das innerste Wesen der Liebe zu erfüllen glaubt, willfahre, wenn es ihn auch Überwindung kostet, — oder soll er hartnäckig auf seinem Worte und seinem Vorsatze beharren?