29. Antwort, in welchen Dingen die Bestimmung unverändert zu halten sei und in welchen, wenn es nöthig ist, zu brechen!
Joseph: Wir haben Jenes nicht gelehrt von den Hauptgeboten, ohne welche unser Heil durchaus nicht bestehen kann, sondern von Dem, was wir ohne Gefahr für unsern Zustand nachlassen können oder halten; z. B. von der un- S. b208 ausgesetzten Strenge der Fasten, von der beständigen Enthaltung von Wein oder Öl, von dem völlig aufgehobenen Herausgehen aus der Zelle, von der unablässigen Beständigkeit der Lesung oder Meditation, was ohne Schaden unseres Berufes und Zieles nach Belieben geschehen, oder im Falle der Noth ohne Tadel unterlassen werden kann. Also in Betreff der Hauptgebote muß man aufs Beharrlichste sich entscheiden und für sie, wenn es nöthig wäre, auch den Tod nicht fliehen, da von ihnen unbeweglich zu erklären ist: „Ich habe geschworen und bestimmt.“ Das muß geschehen für die Bewahrung der Liebe, um deren willen Alles zu verachten ist, damit der Schatz ihrer Ruhe und ihre Vollkommenheit nicht befleckt werde. Gleichfalls ist zu schwören für die Reinheit der Keuschheit, und nicht anders dürfen wir es machen für den Glauben, für die Nüchternheit und Gerechtigkeit, was alles mit unveränderlicher Beharrlichkeit zu halten ist, und wovon nur ein Wenig abzugehen verdammungswürdig ist. Von jenen körperlichen Übungen aber, von welchen wir lehren, daß sie nur eine Weile nützlich seien, muß man, wie oben gesagt, denken, so daß, wenn eine mehr sichere Gelegenheit zur Frömmigkeit sich zeigt, welche rathsam macht, in jenen nachzugeben, wir wegen dieser Dinge durch keine Verpflichtung uns halten lassen, sondern mit Darangabe derselben frei zum Bessern übergehen. Denn es ist keine Gefahr darin, wenn jene körperlichen Übungen zeitweilig unterlassen werden; vom Andern aber auch nur einen Augenblick abzuweichen, ist todbringend.