17. Über das Wesen und den Nutzen des Fastens.
Indem wir also diesen Begriff von der Beschaffenheit des Fastens beständig festhalten, wollen wir Dasselbe aus allen Kräften unserer Seele so anstreben, daß wir einsehen, es werde dann erst für uns passend sein, wenn dabei die richtige Zeit, die Weise und das Maaß beachtet wird; und nicht so, daß wir auf Dasselbe das Ziel unserer Hoffnung S. b302 setzen sondern damit wir dadurch zur Reinheit des Herzens und zur apostolischen Liebe gelangen können. Es ist also auch gerade hieraus offenbar, daß das Fasten kein Urgutes, sondern etwas in Mitte Liegendes sei, weil ihm nicht nur besondere Zeiten festgesetzt sind, in welchen es geübt oder unterlassen werden muß, sondern auch die Weise und das Maaß vorgeschrieben ist. Dagegen unterliegt das, was mit Gesetzeskraft entweder als gut geboten, oder als schädlich untersagt wird, niemals einer solchen Ausnahme in Betreff der Zeit, daß zuweilen entweder das Verbotene geschehen oder das Gebotene unterlassen werden dürfte. Denn für die Gerechtigkeit, Geduld, Nüchternheit, Keuschheit, Liebe ist kein (Zeit-) Maaß bestimmt, noch auch ist der Ungerechtigkeit, Ungeduld, Zornsucht, Unkeuschheit, dem Neid und Hochmuth irgend je Freiheit gestattet.