• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Cassianus (360-435) Collationes patrum Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern (BKV)
Dreiundzwanzigste Unterredung, welche die dritte des Abtes Theonas ist, darüber, daß der Apostel sagt: „Denn nicht das Gute, welches ich will, thue ich, sondern was ich nicht will, das Böse, das thue ich.“

5. Daß Niemand beständig auf jenes höchste Gut aufmerksam sein könne.

Denn wenn Einer den Hilflosen befreit aus der Hand seiner stärkeren Feinde, oder dem Armen und Dürftigen hilft gegen die Plünderer; wenn Einer zermalmt das Gebiß der Ruchlosen und ihnen den Raub aus den Zähnen reißt: wie sollte er da gerade bei seinem thätigen Einschreiten die Herrlichkeit der göttlichen Majestät mit ruhigem Geiste erfassen? Wer könnte den Armen das Almosen spenden oder die Schaaren der Ankömmlinge mit liebevoller Menschlichkeit aufnehmen, und doch gerade in dem Augenblicke, in welchem er für die Bedürfnisse der Brüder mit sorglichem Geiste beschäftigt ist, die Unermeßlichkeit der himmlischen Seligkeit betrachten und so, da er doch von der Angst und Sorge des gegenwärtigen Lebens erschüttert wird, mit einem über die irdischen Einflüsse erhabenen Herzen auf den Zustand des künftigen Lebens hinausschauen? Deßhalb sehnt sich der hl. David, indem er lehrt, daß Dieß das einzige Gut für den Menschen sei, beständig Gott anzuhangen, und sagt: 1 „Mir aber ist es gut, Gott anzu- S. b358 hangen und auf Gott den Herrn meine Hoffnung zu setzen.“ Daß Dieß aber von Keinem der Gerechten ohne Fehl erreicht werten könne, lehrt auch der Prediger, da er sagt: 2 Es ist kein gerechter Mensch auf Erden, der Gutes thut und nicht sündigt.“ Denn von welchem auch noch so sehr unter allen Gerechten und Heiligen Hervorragenden dürfte man glauben, er habe, so lange er von den Fesseln dieses Leibes gehemmt war, dieses höchste Gut so besitzen können, daß er nie von der göttlichen Beschauung abkam, und nicht einen Augenblick durch irdische Gedanken von Dem wäre abgelenkt worden, der allein gut ist; daß er nie irgend eine Sorge um Speise oder Kleidung oder andere leibliche Dinge getragen hätte, nie in der Bekümmerung um Aufnahme der Brüder, um Veränderung der Wohnung, um Erbauung der Zelle entweder eine Hilfe menschlichen Beistandes gewünscht oder in der Unruhe über die Armseligkeit und Noth jenes göttliche Tadelswort verdient hätte: 3 „Seid nicht besorgt um euer Leben, was ihr essen werdet, noch für euren Leib, womit ihr ihn bekleiden werdet.“ Endlich behaupten wir zuversichtlich, daß selbst jener Apostel Paulus, der durch die Zahl seiner Leiden alle Mühsal der Heiligen überboten hatte, Dieß durchaus nicht habe leisten können, da er selbst in der Apostelgeschichte seinen Schülern bezeugt: 4 „Ihr selbst wisset es, daß für Jenes, was mir und Denen, die bei mir sind, nöthig war, meine Hände arbeiteten.“ So bezeugt er auch im Schreiben an die Thessalonicher, 5 daß er „in Mühe und Erschöpfung, bei Tag und Nacht gearbeitet habe.“ Obwohl er sich hiedurch viel Verdienst und Lohn erwarb, so mußte doch sein wie immer heiliger und erhabener Geist durch die Richtung auf ein irdisches Werk Etwas von der himmlischen Beschauung abgewendet werden. Als er sich endlich an solchen und so großen Früchten reich sah und andererseits das Gut der Beschauung im [S. b 359](https://bkv.unifr.ch/works/276/versions/297/scans/b0 359) Herzen erwog; als er gleichsam auf der einen Wagschaale den Erfolg so großer Mühen, auf der andern die Wonne der göttlichen Beschauung einlegte, und ihn nun nach langer Läuterung der innerlichen Prüfung hier der unermeßliche Lohn der Mühsale ergötzt, dort aber das Verlangen nach Einheit und unauflöslicher Gemeinschaft mit Christus ihn sogar zu der Auflösung des Leibes einladet, da ruft er endlich voll Angst aus und sagt: 6 „Was ich erwählen soll, weiß ich nicht, ich leide aber Drang von zwei Seiten, da ich das Verlangen habe, aufgelöst und bei Christo zu sein — denn das wäre viel besser; aber im Leibe zu bleiben ist nothwendiger für euch.“


  1. Ps. 72, 28. ↩

  2. Pred. 7, 21. ↩

  3. Matth. 6, 25. ↩

  4. Apostelg. 20, 34. ↩

  5. II. Thess. 3, 8. ↩

  6. Philipp. 1, 22. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (578.12 kB)
  • epubEPUB (601.53 kB)
  • pdfPDF (1.95 MB)
  • rtfRTF (1.64 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Conférences de Cassien sur la perfection religieuse vergleichen
Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Avant-Propos des Conférences de Cassien sur la perfection religieuse
Einleitung: Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung