Übersetzung
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Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
8.
A. Mit den Schriftzeugnissen darf man nicht in der Weise verfahren, wie du es vorschlägst, sondern so, wie es Wahrheit und Vernunft verlangen. In seinem Gebete S. 475 spricht Jakob: „Wenn Gott, der Herr, mit mir sein und mich auf dem Wege, den ich gehe, beschützen wird, wenn er mir Brot zur Nahrung und, um mich zu bedecken, Kleidung geben und mich glücklich in das Haus meines Vaters zurückführen wird, dann soll mir der Herr zum Gott sein, und der Stein, den ich zum Zeichen aufgerichtet, wird mir als Haus Gottes gelten, und ich will dir von allem, was du mir gibst, den Zehnten opfern“1. Hat er etwa gesagt: „Wenn du mir die freie Willensentscheidung erhältst, wenn ich durch mein Bemühen Speise und Kleidung mir erwerbe und in das Haus meines Vaters zurückkehre“? Er macht alles vom Willen Gottes abhängig, damit er das, worum er bittet, zu erhalten verdiene. Als Jakob aus Mesopotamien zurückkehrt, kommt ihm das Heer der Engel entgegen, und er nennt deshalb den Ort Lager Gottes2. Dann ringt Jakob mit einem Engel in Menschengestalt und wird vom Herrn gestärkt. Der Fersenhalter Jakob erhielt den Namen Rechtschaffener Gottes3. Aber er wagte es nicht, zu seinem grausamen Bruder zurückzukehren, bis er gesichert war durch den göttlichen Schutz. Im weiteren Verlauf steht geschrieben: „Die Sonne ging für ihn auf, als er von Phanuel, welches Gottes Angesicht bedeutet, weiter ging“4. Deshalb spricht auch Moses: „Ich habe den Herrn von Angesicht zu Angesicht gesehen und meine Seele wird gerettet“5, aber nicht durch die der Natur innewohnende Kraft, sondern durch die Herablassung des erbarmenden Gottes. Für uns geht also die Sonne der Gerechtigkeit auf, wenn der Anblick Gottes uns stärkt. — Joseph wird in Ägypten in einen Kerker eingeschlossen, und es wird berichtet, daß der Kerkermeister alles seiner Gewalt und seiner Aufsicht unterstellte. S. 476 Auch der Grund hierfür findet sich angegeben: „Der Herr war mit ihm, und alles, was er tat, glückte unter seinen Händen wegen des Beistandes Gottes“6. Deshalb werden auch den Höflingen Träume gesandt, und auch Pharao hatte ein nicht zu entzifferndes Traumgesicht, damit dieser Anlaß die Befreiung Josephs, die Rettung seines Vaters, seiner Brüder, sowie des Landes Ägypten aus der Hungersnot herbeiführe. Es heißt dann weiter: „Es sprach der Herr zu Israel in einer nächtlichen Erscheinung: Ich bin der Gott deiner Väter. Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzureisen! Dort will ich dich zu einem großen Volke machen. Ich will mit dir hinabziehen nach Ägypten und dich von dort wieder herausführen, und Joseph soll seine Hände auf deine Augen legen“7. Wo ist hier die Rede von freier Willensentscheidung? Beruht nicht der ganze Mut, zu seinem Sohne zu gehen und sich einem Volke anzuvertrauen, das den Herrn nicht kennt, auf der Hilfe des Gottes seiner Väter? Das Volk wird aus Ägypten befreit durch die starke Hand und den mächtigen Arm nicht etwa des Moses und des Aaron, sondern desjenigen, der durch die wunderbaren Zeichen das Volk erlöste und zuletzt die Erstgeburt Ägyptens schlug, so daß diejenigen, welche zuerst die Israeliten hartnäckig zurückzuhalten suchten, eindringlich sie zum Auszug aufforderten8. Salomon sagt: „Vertraue auf den Herrn aus deinem ganzen Herzen, und verlaß dich nicht auf deine Klugheit! Auf allen deinen Wegen denke an ihn, und er wird deine Schritte recht lenken“9. Das heißt mit anderen Worten: „Weder auf unsere Weisheit noch auf unsere Kräfte sollen wir irgendwie bauen, sondern einzig auf den Herrn, von welchem der Menschen Schritte geleitet werden“. Endlich ergeht an uns die Aufforderung, ihm unsere Wege, die nicht durch unser eigenes Zutun, sondern durch seine gütige Hilfe zu rechten werden, zu zeigen und offen zu legen. Darum steht geschrieben: „Mache deinen Weg recht in meinen S. 477 Augen!“ oder wie andere Exemplare schreiben: „Mache meinen Weg recht in deinen Augen!“10, so daß dasjenige, was vor dir recht ist, auch mir recht zu sein scheine. Der bereits erwähnte Salomon schreibt: „Empfiehl dem Herrn deine Werke, und deine Gedanken werden gekräftigt werden!“11 Dann wird unser Denken gekräftigt, wenn wir alles, was wir tun, auf die göttliche Hilfe wie auf einen festen und dauerhaften Stein abwälzen und ihm alles zuschreiben.
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Gen. 28, 20—22. ↩
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Gen. 32, 1 f. ↩
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Gen. 25, 25 wird Jakob von עָקֵב „Ferse“ abgeleitet. Rectissimus Dei (Rechtschaffener Gottes) ist eine falsche etymologische Deutung von יִשְׂרַאֵל , dessen erster Bestandteil von Hieronymus mit יָשַׁר „gerade“ oder „rechtschaffen sein“ in Verbindung gebracht wird. ↩
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Gen. 32, 31 [Hebr. Gen. 32, 32]. ↩
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Jakobs Worte, die Moses Gen. 32, 30 [Hebr. Gen 32, 31] berichtet hat. ↩
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Gen. 39, 23. ↩
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Gen. 46, 2―4. ↩
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Exod. 11 u. 12. ↩
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Spr. 3, 5 f. ↩
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Ps. 5, 9 [Hebr. Ps. 5, 9]. ↩
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Spr. 16, 3. ↩
Edition
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Dialogos contra Pelagianos Admonitio
8.
Scripturarum testimonia. — A. Non ita, ut tu proponis, sed ut veritas poscit et ratio, Scripturarum vocibus est utendum. Loquitur Jacob in oratione sua: Si fuerit Dominus Deus mecum, et custodierit me in via, per quam ego pergo, et dederit mihi panem ad manducandum, et vestimentum ad operiendum, et reduxerit me cum salute in domum patris mei, erit mihi Dominus in Deum, et lapis iste quem posui in titulum, erit mihi domus Dei, et omnium quaecumque dederis mihi, decimas offeram tibi (Genes. XXVIII, 20 et seqq.). Numquid dixit, si liberum arbitrium conservaveris, et cibum et vestimentum meo labore quaesiero, et revertero in domum patris mei? Omnia dat Domini voluntati, ut mereatur accipere quod precatur. Revertenti de Mesopotamia Jacob, Angelorum occurrit exercitus, et vocantur castra Dei (Gen. XXXII). Postea pugnat cum Angelo sub figura hominis, et a Domino confortatur: de supplantatore Jacob, rectissimus Dei, nomen accepit. Neque enim ad fratrem crudelissimum audebat reverti nisi Domini praesidio roboratus. Scriptum est in consequentibus: Ortus est ei sol, postquam transivit Phanuel (Gen. XXXI, 31), quod interpretatur facies Dei. Unde loquitur et Moyses: Vidi Dominum [Al. Deum] facie ad faciem, et salva facta est anima mea, non proprietate naturae; sed dignatione miserentis. Oritur ergo nobis sol justitiae, quando vultu Dei confirmamur. Joseph in Aegypto clauditur carcere, ibique infertur, quod custos carceris omnia potestati ejus fideique commiserit. Causaque redditur. Quia Dominus erat cum eo, et quaecumque faciebat, prosperabantur a Domino in manibus ejus (Genes. XXXIX, 23). Unde et eunuchis somnia suggeruntur (Ibid. 40), et Pharao videt somnium inextricabile (Ibid., 41), ut per hanc occasionem liberaretur Joseph (Genes. XLII et seqq.), pater pasceretur et fratres, Aegyptus tempore famis salvaretur. Sequitur: Dixit autem Deus ad Israel in visione noctis: Ego sum Deus patrum tuorum, noli timere descendere in Aegyptum; in gentem enim magnam faciam te ibi, et ego descendam tecum in Aegyptum, et educam te inde: et ponet Joseph manus suas super oculos tuos (Genes. XLVI, 3, 4). Ubi hic est liberi arbitrii potestas? An non totum quod ire audeat [Al. audet] ad filium, et genti se committere Dominum nescienti, Dei patrum ejus auxilium est? Liberatur populus de Aegypto in manu forti et brachio excelso, non Moysi et Aaron, sed ejus qui signorum miraculis populum liberavit, et ad extremum percussit primogenita Aegypti, ut qui prius retinebant pertinaciter, ardenter exire compellerent (Exod. XI et XII). Salomon loquitur: Esto confidens in Dominum in toto corde tuo, in tua autem sapientia ne exalteris: in omnibus viis tuis cognosce eum, ut rectas faciat vias tuas (Prov. III, 5, 6). Intellige quid loquitur: Nec in sapientia nostra, nec in ullis virtutibus confidendum, sed in solo Domino, a quo gressus hominis diriguntur. Denique praecipitur, ut ostendamus ei vias nostras, et notas esse faciamus, quae non labore proprio, sed illius adjutorio atque clementia rectae fiunt. Unde scriptum est: Rectam fac in conspectu meo viam tuam, sive ut alia exemplaria habent: Rectam fac in conspectu tuo viam meam (Ps. V, 9): ut quod tibi rectum est, etiam mihi rectum esse videatur, idem Salomon loquitur, Devolve super Dominum opera tua, et firmabuntur cogitationes tuae. (Prov. XVI, 3). Tunc enim nostra cogitatio confirmatur, quando omne quod agimus, quasi super stabilem et solidissimam petram, Domini adjutorio devolvimus, eique cuncta reputamus.