2.
Nun überträgst du mir die Charakterzeichnung Fabiolas, welche von den Christen gerühmt, von den Heiden bewundert wurde, die von den Armen betrauert wird und für die Mönche eine Quelle des Trostes war. Was ich immer zuerst anfasse, wird verschwinden vor dem, was nachfolgt. Soll ich ihr Fasten rühmen? Ihre Almosen übertreffen es, Soll ich ihre Demut preisen? Größer ist ihr Glaubenseifer. Soll ich davon reden, wie sie das Bußkleid nimmt und aus Verachtung gegen seidene Kostüme gewöhnliche Tracht und Sklavenkleider anzuziehen wünscht? Doch, daß sie den alten Geist abgelegt hat, verdient größere Anerkennung als der Verzicht auf den äußeren Aufwand. Viel schwerer ist es, von Hochmut als von Gold und Edelsteinen zu lassen. Selbst wer diese geopfert hat, bildet sich zuweilen auf den Ruhm etwas ein, den die Bußkleider ihm eintragen, und erkauft sich mit seiner Armut die Volksgunst. Die verborgene und heimlich im Herzen gepflegte Tugend erkennt allein Gott als ihren Richter an. Deshalb muß ich für Fabiola eine neue Art von Lobrede ersinnen und, ohne die von den Rhetoren vorgeschriebene Ordnung einzuhalten, mit ihrer Bekehrung S. 167und Buße beginnen. Einanderer würde uns wohl nach den REgeln der Schule und Quintus Maximus, „Ihn, der allein den Staat uns erhielt durch bedächtiges Zaudern“1 und das ganze Fabische Geschlecht vorstellen. Er würde die Schlachten nennen, die Kämpfe beschreiben, er würde auch damit prahlen, daß Fabiola ihre Abstammung auf ein so hohes Adelsgeschlecht zurückführen kann, um an den Wurzeln zu loben, was er am Zweige nicht zu loben vermag. Ich, der Freund des Pilgerhauses zu Bethlehem und der Krippe des Herrn, wo die jungfräuliche Mutter das Kind zur Welt gebracht hat, ich will die Magd Christi einführen wegen ihrer Demut gegen die Kirche, nicht wegen der alten Geschichte ihrer vornehmen Familie.
-
Verg. Aen. VI, 846 ↩