1.
S. 180Oft und dringlich hast du mich gebeten, Principia, Jungfrau Christi, daß ich das Andenken an die heilige Frau Marcella schriftlich niederlege, damit das Gut, dessen Besitz uns solange erfreute, auch anderen bekannt und von ihnen nachgeahmt werde. Und es schmerzt mich nicht wenig, daß du mich, der ich es aus eigenem Antrieb tun wollte, ermahnst und glaubst, es bedürfe bei mir noch der Bitten; denn in der Liebe zu ihr möchte ich dir nichts nachgeben. Und ich empfange des Guten viel mehr, als ich spende, so oft ich mich an ihre heroischen Tugenden erinnere. Wenn ich bis jetzt meiner Gesinnung noch nicht Worte verlieh und S. 181zwei Jahre lang stillschweigend vorübergehen ließ so war dies kein absichtliches Übersehen, wie du etwas boshaft glaubst. Es ist vielmehr ein Beweis für die unsägliche Trauer, die meinen Geist in dem Grade gefangen nahm, daß ich es für den Augenblick besser fand, zu schweigen, als in einer Weise zu reden, die ihres Ruhmes nicht würdig gewesen wäre. Deine, vielmehr meine, oder noch besser gesagt, unsere Marcella, will ich preisen, die rühmliche Zier aller Heiligen und insbesondere der Stadt Rom. Doch nicht will ich mich, wie es die Regeln der Rhetorik erheischen, über ihre angesehene Familie, den Vorzug des adeligen Blutes und den auf Konsuln und Präfekten sich zurückführenden Stammbaum verbreiten. Nur ihre persönlichen Vorzüge will ich loben, die um so hervorragender sind, weil sie Schätze und Adel der Geburt geringschätzte und durch Armut und Demut an Adel der Gesinnung reicher geworden ist.