7.
Als ich in der Wüste weilte, in jener weiten, von der Sonnenglut ausgebrannten Einöde, 1 die den Mönchen ein schauriges Asyl bietet, da schweiften meine Gedanken oft hin zu den Vergnügungsstätten Roms, Einsam, innerlich verbittert, saß ich da. 2 Meine ungestaltet Glieder starrten im Bußgewande, und meine rauhe Haut war schwarz geworden gleich der eines Äthiopiers. Täglich gab es Tränen und Seufzer, und wenn mich gegen meinen Willen der Schlaf übermannte, da streckte ich meine kaum noch zusammenhaltenden Knochen auf den nackten Boden hin. Von Speise und Trank will ich gar nicht reden, da selbst die kranken Mönche nur frisches Wasser trinken und es als Luxus gilt, irgendeine gekochte Speise zu genießen. Also jener „Ich“, der ich S. 69 aus Furcht vor der Hölle mich selbst zu einem solchen Kerker verurteilt habe, in der einzigen Gesellschaft von Skorpionen und wilden Tieren, dachte oft zurück an die Tänze der Mädchen. Die Wangen waren bleich vom Fasten, aber im kalten Körper flammte der Geist auf in der Glut der Begierden. Vor dem Menschen, der dem Fleische nach bereits gestorben war, loderte einzig noch das Feuer der Sinnlichkeit auf. Verlassen von aller Hilfe, warf ich mich nieder zu den Füßen Jesu, benetzte sie mit meinen Tränen und trocknete sie mit meinen Haaren, 3 und das widerspenstige Fleisch bändigte ich durch wochenlanges Fasten. Ich schäme mich durchaus nicht, meinen traurigen und elenden Zustand einzugestehen, ja es tut mir sogar leid, daß es mit mir nicht mehr so ist, wie es war. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich oft Tag und Nacht ohne Unterbrechung schreiend zubrachte, daß ich nicht eher aufhörte, meine Brust zu schlagen, bis der Herr mich schalt und meine innere Ruhe zurückkehrte. Selbst vor meiner Zelle fürchtete ich mich, da ich in ihr die Mitwisserin meiner Gedanken sah. Mit mir selber unzufrieden, in meinem Entschlüsse unbeugsam, drang ich allein noch tiefer in die Wüste vor. Wo ich eine Talschlucht, einen rauhen Berg, ein zackiges Felsgebilde sah, da ließ ich mich nieder zum Gebete, da machte ich daraus einen Kerker für mein sündiges Fleisch. Gott ist mein Zeuge, nach vielem Weinen, nach ständigem Aufblick zum Himmel erblickte ich mich zuweilen inmitten der Engel, und froh und glücklich sang ich: „Dir folge ich, angelockt vom Dufte deiner Salben.“ 4
