5. Kap. Heidnische Parallelen und Nachäffungen der Taufe. Der Volksglaube hinsichtlich des Wassers. Ein Vorbild der Taufe.
Auch die Heiden, aller Einsicht in die geistigen Kräfte bar, messen ihren Idolen dieselben Wirkungen bei. Allein sie täuschen sich mit bloßem Wasser. Zu manchen Kulten nämlich lassen sie sich durch ein Bad aufnehmen, zu den Kulten der Isis oder des Mithras; auch tragen sie ihre Götter zu Abwaschungen heraus. Die Landhäuser, Wohnungen, Tempel und ganze Städte sühnen sie aus durch Besprengung mit überall umhergetragenem Wasser, lassen sich wenigstens zur Zeit der Apollospiele und der Eleusinien darin eintauchen und leben dann in dem Wahne, dergleichen zum Behuf der Wiedergeburt und Straflosigkeit für ihre Meineide vorzunehmen. Ebenso entsündigte sich bei den Alten, wer immer sich durch einen Totschlag befleckt hatte, mit Sühnwasser.
Wenn das Wasser also durch seine bloße Natur schon, weil es eigentlich die zum Abwaschen bestimmte Materie ist, zur Vornahme einer sühnenden Reinigung anlockt, mit wieviel mehr Wahrheit wird es nicht diese Wirkung kraft göttlicher Autorität leisten, durch welche ja seine ganze Beschaffenheit hervorgerufen worden ist! Wenn man das Wasser bei religiösen Gebräuchen für heilbringend hält, so frage ich, welche Religion ist vorzüglicher als die des wahren Gottes? Nachdem wir dies eingesehen, werden wir auch hier das Streben des Teufels wahrnehmen, welcher Nebenbuhler der Werke Gottes ist, da auch er bei den Seinigen eine Taufe vornimmt. Aber welche Ähnlichkeit!? Der Unreine verleiht Reinheit, der Verderber befreit, der Verdammte spricht los! Selbstverständlich würde er sein eigenes Werk zerstören, wenn er die Vergehungen abwüsche, die er selbst eingibt. Dergleichen Zeugnisse sprechen gegen die, welche den Glauben zurückstoßen und den S. 281Werken Gottes, deren Nachäffungen sie bei dem Widersacher Gottes Glauben schenken, durchaus nicht glauben wollen. Oder liegen etwa nicht auch sonst die unreinen Geister auf den Wassern, ohne irgend welche geheimnisvolle Wirkung, bloß um jenes Getragenwerden des göttlichen Geistes nachzuahmen? Es wissen davon zu erzählen alle schattigen Quellen, alle abgelegenen Bäche, die Schwimmbassins in den Bädern1, die Kanäle in den Häusern, die Zisternen und Brunnen, welche, wie man sagt, die Eigenschaft des Hinabziehens besitzen sollen, natürlich nur infolge des Einflusses des bösen Geistes. Von den Nixen Ergriffene2, Lymphatische, Wasserscheue nennt man die Leute, denen das Wasser entweder zur Todesursache geworden oder die dadurch in Wahnsinn und Schrecken gesetzt werden.
Zu welchem Zwecke haben wir nun diese Dinge angeführt? Damit es nicht jemand für eine zu harte Rede halte, daß der heilige Engel Gottes zum Heil des Menschen komme, um das Wasser zurecht zu machen, während der böse Engel fortwährend einen unheiligen Verkehr mit diesem Elemente unterhält zum Verderben des Menschen, Wenn es anscheinend etwas Unerhörtes ist, daß ein Engel sich dem Wasser nahe, so ist dem schon eine Analogie in der Vergangenheit vorausgegangen. Ein herabsteigender Engel setzte den Fischteich Bethsaida in Bewegung. Darauf gab acht, wer über seine Gesundheit zu klagen hatte. Wenn er dann zuerst hinabstieg, so war er des Klagens nach dem Bade überhoben. Dieses Vorbild der leiblichen Heilung kündigte geistige Heilung an, nach der Regel, daß immer die fleischlichen Dinge den geistigen zum Vorbilde vorausgehen. Als nun die Gnade Gottes den Menschen reichlicher zuteil wurde, mehrte sich auch die für die Gewässer und den Engel. Was früher die Gebrechen des Körpers heilte, bringt nun dem Geiste Heilung; was zeitweiliges Wohlsein bewirkte, stellt nun das ewige wieder her; was im ganzen Jahr nur einen befreite, rettet nun nach Tilgung S. 282des Todes jeden Tag ganze Völker durch Abwaschung ihrer Vergehungen. Nachdem die Schuld weggenommen ist, wird auch die Strafe mit hinweggenommen. So wird der Mensch wiederhergestellt für Gott nach der Ähnlichkeit dessen, der ehedem „nach dem Ebenbilde Gottes“ gewesen war3. Das Ebenbild ist nun in der Kopie, die Ähnlichkeit in der Ewigkeit zu suchen4. Denn es erhält den Geist Gottes wieder zurück, den es vor Zeiten, aus seinem Anhauche empfangen, nachher aber durch die Sünde verloren hatte.
Vgl. Eunapius, vitae philos. et sophist. c. 26. ↩
Nympholeptos scheint eine richtige Textverbesserung Öhlers. ↩
Adams vor dem Sündenfalle. ↩
D.h. Adam, das Abbild, Nachbild, imago vom Urbild, nimmt in Gott seinen Anfang, der wiedergeborene Sünder aber geht wieder auf Adam als seinen Urtypus zurück. ↩
