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Consolatio philosophiae
VII.
[1] Quid autem de corporis voluptatibus loquar, quarum appetentia quidem plena est anxietatis, satietas vero paenitentiae? [2] Quantos illae morbos, quam intolerabiles dolores quasi quendam fructum nequitiae fruentium solent referre corporibus! [3] Quarum motus quid habeat iucunditatis, ignoro. Tristes vero esse voluptatum exitus, quisquis reminisci libidinum suarum volet, intelleget.
[4] Quae si beatos explicare possunt, nihil causae est, quin pecudes quoque beatae esse dicantur, quarum omnis ad explendam corporalem lacunam festinat intentio. [5] Honestissima quidem coniugis foret liberorumque iucunditas; sed nimis e natura dictum est nescioquem filios invenisse tortores. Quorum quam sit mordax quaecumque condicio, neque alias expertum te neque nunc anxium necesse est admonere. [6] In quo Euripidis mei sententiam probo, qui carentem liberis infortunio dixit esse felicem.
Habet hoc voluptas omnis,
Stimulis agit fruentes
Apiumque par volantum,
Ubi grata mella fudit,
Fugit et nimis tenaci
Ferit icta corda morsu.
Übersetzung
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Trost der Philosophie (BKV)
VII.
Was soll ich nun von den Gelüsten des Körpers sagen? Das Begehren ist voll Angst, die Sättigung voll Reue. Wieviel Krankheiten, wie unerträgliche Schmerzen pflegen sie gewissermaßen als Frucht ihrer Nichtsnutzigkeit dem Körper der Genießer zu bringen. Was ihre Erregung Angenehmes haben soll, weiß ich nicht, daß aber der Ausgang der Lust traurig ist, wird jeder einsehen, der sich an seine Begierden erinnern will. Wenn sie Glück entfalten könnten, so ist kein Grund, nicht auch das Vieh für glückselig zu halten, dessen ganze Absicht dahin geht, eine körperliche Leere auszufüllen. Gewiß achtungsvoll würde die Freude an Frau und Kindern sein. Doch nur zu sehr aus der Natur heraus wurde, ich weiß nicht von wem, gesagt, daß ein Quälgeist Söhne erfunden habe. Wie bitter eines Solchen Lage sein kann, daran muß ich dich freilich erinnern, da du es weder früher erprobt hast, noch jetzt dich darum ängstigen brauchst. Hierin aber billige ich den Ausspruch meines Euripides, der Kinderlose durch Unglück glücklich nennt.
VII. Dies hat an sich das Vergnügen:
Der Genuß birgt nur den Stachel,
Wie der Schwarm der Bienen gibt es
Süßen Honig, dann beflügelt
Flieht's und läßt den Widerhaken
Und die Wünsche nur im Herzen.
VII. Es unterlegt also keinem Zweifel, daß diese Wege zum Glück Abwege sind, daß sie niemanden dahin zu führen vermögen, wohin sie ihn zu führen S. 87 versprechen. Mit wieviel Übel sie aber verwickelt sind, will ich aufs kürzeste zeigen. Denn wie? Willst du versuchen Geld zusammenzuraffen? Du mußt es dem, der es hat, entreißen. Willst du von Würden glänzen? Du wirst dem Geber schmeicheln, und während du allen andern an Ehren voranzugehen begehrst, wirst du durch die Erniedrigung der Bewerbung gemein. Du wünschest Macht? Den Nachstellungen der Unterworfenen preisgegeben, wirst du Gefahren unterworfen. Du willst nach Ruhm streben? Aber auf rauhem Wege hin und her gezerrt, hörst du auf sicher zu sein. Willst du ein Leben des Genusses führen? Wer sollte es nicht verschmähen und abweisen, sich zu Sklaven des gemeinsten und gebrechlichsten Dinges, des Körpers, zu machen? Und die sich mit Gütern ihres Körpers spreizen, auf einen wie geringen, wie gebrechlichen Besitz stützen sie sich! Könnt ihr etwa Elefanten an Masse, Stiere an Kraft übertreffen, etwa Tiger an Schnelligkeit? Blickt auf die Ausdehnung, die Geschwindigkeit, die Festigkeit des Himmels und hört dann auf, Gemeines zu bewundern. Und auch der Himmel ist nicht deshalb zu bewundern, sondern vielmehr wegen der Vernunft, durch die er gelenkt wird. Der Glanz der Gestalt, wie verfallend, wie flüchtig ist er, veränderlicher und rascher welkend als Frühlingsblumen. Wenn die Menschen, wie Aristoteles sagt, sich der Augen des Lynceus bedienen könnten, so daß ihr Blick durch alle Widerstände dränge, würde dann nicht, wenn man die Eingeweide schaute, auch der auf der Oberfläche schönste Körper, der eines Alcibiades, höchst häßlich erscheinen? Also läßt dich nicht deine Natur, sondern die Schwäche der schauenden Augen schön erscheinen. Aber schätzet nur so hoch ihr wollt die Güter des Körpers, wenn ihr nur wißt, daß alles dieses, was ihr bewundert, die Hitze eines dreitägigen Fiebers auflösen kann. Aus alle dem dürfen wir die Summe ziehen: alles, was weder die versprochenen Güter bieten können, noch durch die Vereinigung aller Güter vollkommen ist, führt weder als Weg zur Glückseligkeit, noch macht es selbst Glückliche.