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Werke Boethius, Anicius Manlius Severinus (480-524) Philosophiae consolatio

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Trost der Philosophie (BKV)

IV.

Doch Würden machen den, der sie erworben, angesehen und ehrfurchtgebietend. Haben aber obrigkeitliche Stellen die Kraft, dem Geist ihrer S. 79 Inhaber Tugend einzuflößen, Fehler auszumerzen? Nein, sie beleuchten eher die Nichtswürdigkeit, als daß sie sie verjagen. So kommt es, daß wir unwillig sind, wenn sie oft ganz nichtsnutzigen Menschen zuteil werden, wie denn Catull den Nonius trotz seines curulischen Ehrensitzes einen Tropf nennt. Siehst du also nicht, wie sehr die Würden für die Schlechten die Schande vergrößern? Denn ihre Unwürdigkeit würde doch weniger offenkundig sein, wenn sie durch keine Würden ins helle Licht gesetzt würde. Und hättest du, trotz so vieler Gefahren, je dazu verführt werden können, mit Decoratus, in dem du die Gesinnung eines nichtswürdigen Possenreißers und Angebers erblicktest, gemeinsam ein Amt zu bekleiden? Wir können um der Ehrenstellen willen nicht die für ehrwürdig halten, die wir der Ehrenstellen selber für unwürdig halten. Aber wenn du jemand mit Weisheit begabt sähest, könntest du ihn für nicht würdig der Ehrfurcht oder der Weisheit, mit der er begabt ist, halten? – Keineswegs. – Die Tugend hat nämlich ihre eigene Würde, welche sie auf die, denen sie verbunden ist, weiter überträgt. Wenn dies die vom Volke übertragenen Ehren nicht zu leisten vermögen, so geht daraus hervor, daß sie die eigentümliche Schönheit der Würde selbst nicht besitzen.

Hierbei ist folgendes noch besonders zu beachten; wenn jemand um so verworfener ist, je mehr er von vielen verachtet wird, so macht die Würde die Unredlichen, da sie diese nicht verehrungswürdiger machen kann, nur noch verächtlicher, weil sie sie vielen zeigt. Leider nicht ungestraft, denn die Schlechten zahlen den Würden gleiches heim; sie besudeln sie durch ihre Ansteckung. Damit du aber erkennst, daß aus diesen Schattenwürden keine echte Ehrerbietung herrühren kann, schließe so: Wenn jemand, der mehrfach den Consulat bekleidet hat, durch Zufall zu barbarischen Völkern käme, würden seine Ehren ihn den barbarischen Völkern verehrungswürdig machen? Und doch, wenn dies die natürliche Eigenschaft der Würden wäre, würden sie nirgends in der Welt von ihrer Ausübung abweichen, wie das Feuer nirgends auf der Welt aufhört zu wärmen. Da dies aber nicht eigne Kraft, sondern die falsche Meinung der Menschen mit ihnen verknüpft, so schwinden sie auf der Stelle hin, wenn sie zu denen kommen, welche nicht schätzen, was diese Würden sind, und dies ist der Fall bei fremden Völkern. Ob sie aber auch dort, wo sie entstanden sind, immer dauern? Trotzdem die Prätur einst eine große Macht war, ist sie jetzt ein leerer Name und als Steuer für die Senatoren eine schwere Last. Wenn sich jemand einst um die jährlichen Ernteerträge des Volkes kümmerte, so wurde er für groß gehalten; was gibt es jetzt Verächtlicheres als die Präfektur? Wie wir nämlich eben erst gesagt haben: das, was nichts von eigner Schönheit an sich hat, wird je nach der Meinung des Gebrauchers bald Glanz annehmen, bald ihn verlieren. Wenn also Würden nicht verehrungswürdig machen S. 81 können, wenn sie überdies durch Ansteckung der Unredlichen schmutzig werden, wenn sie ihren Glanz im Wandel der Zeiten ablegen, wenn sie je nach der Meinung der Völker wertlos werden, was ist dann an ihnen von erwünschbarer Schönheit, geschweige, daß sie andere übertreffen?

IV. Mag im purpurnen Kleid von Tyrus Küste

Prahlend verziert mit Edelsteinen

Nero prunken, so bleibt des Wahnsinns Aufwand

Ewig verhaßt doch bei allen Menschen.

Doch der Frevler verlieh verehrten Vätern

Ehrenlose kurulische Ämter.

Wer kann Ehren denn noch für glücklich halten,

Welche die Elenden so verleihen?

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Consolatio philosophiae

IV.

[1] Sed dignitates honorabilem reverendumque, cui provenerint, reddunt. Num vis ea est magistratibus, ut utentium mentibus S. 78 virtutes inserant, vitia depellant? [2] Atqui non fugare, sed illustrare potius nequitiam solent. Quo fit, ut indignemur eas saepe nequissimis hominibus contigisse. Unde Catullus licet in curuli Nonium sedentem strumam tamen appellat. [3] Videsne, quantum malis dedecus adiciant dignitates? Atqui minus eorum patebit indignitas, si nullis honoribus inclarescant. [4] Tu quoque num tandem tot periculis adduci potuisti, ut cum Decorato gerere magistratum putares, cum in eo mentem nequissimi scurrae delatorisque respiceres? [5] Non enim possumus ob honores reverentia dignos iudicare, quos ipsis honoribus iudicamus indignos. [6] At si quem sapientia praeditum videres, num posses eum vel reverentia vel ea, qua est praeditus sapientia non dignum putare?

Minime.

[7] Inest enim dignitas propria virtuti, quam protinus in eos, quibus fuerit adiuncta, transfundit. [8] Quod quia populares facere nequeunt honores, liquet eos propriam dignitatis pulchritudinem non habere.

[9] In quo illud est animadvertendum magis: nam si eo abiectior est, quo magis a pluribus quisque contemnitur, cum reverendos facere nequeat, quos pluribus ostentat, despectiores potius improbos dignitas facit. [10] Verum non impune; reddunt namque improbi parem dignitatibus vicem, quas sua contagione commaculant.

[11] Atque ut agnoscas veram illam reverentiam per has umbratiles dignitates non posse contingere: Si qui multiplici consulatu functus in barbaras nationes forte devenerit, venerandumne barbaris honor faciet? [12] Atqui si hoc naturale munus dignitatibus foret, ab officio suo quoquo gentium nullo modo cessarent, sicut ignis ubique terrarum numquam tamen calere destitit. [13] Sed quoniam id eis non propria vis, sed hominum fallax adnectit opinio, vanescunt ilico, cum ad eos venerint, qui dignitates eas esse non aestimant. [14] Sed hoc apud exteras nationes. Inter eos vero, apud quos ortae sunt, num perpetuo perdurant? [15] Atqui praetura magna olim potestas, nunc inane nomen et senatorii census gravis sarcina; si quis quondam populi curasset annonam, magnus habebatur, nunc ea praefectura quid abiectius? [16] Ut enim paulo ante diximus, quod nihil habet proprii decoris, opinione utentium nunc splendorem accipit, nunc amittit.

[17] Si igitur reverendos facere nequeunt dignitates, si ultro S. 80 improborum contagione sordescunt, si mutatione temporum splendere desinunt, si gentium aestimatione vilescunt, quid est, quod in se expetendae pulchritudinis habeant, nedum aliis praestent?

Quamvis se Tyrio superbus ostro

Comeret et niveis lapillis,

Invisus tamen omnibus vigebat

Luxuriae Nero saevientis.

Sed quondam dabat improbus verendis

Patribus indecores curules.

Quis illos igitur putet beatos,

Quos miseri tribuunt honores?

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