Nr. 36
Nicht genügt diese Schuld; auch von den Pantomimisten, von den kurzweiligen Possenreißern werden die Personen der heiligsten Götter gebraucht. Und da man, damit den müßigen Zuschauern Lachen und Heiterkeit erregt werden könne, die Gottheiten mit lächerlichen Sticheleien trifft, so schreien sie zusammen, erheben sich, und alle Sitze erschallen von loderem Beifall. Was aber durch keine Genugthuung vergütet werden kann, man ordnet für die Weichlinge und Spötter der Gottheiten Geschenke und Belohnungen, Muße von öffentlichem Dienste, Abgabenfreiheit und Entledigung aller Lasten mit Kränzen. Und ihr wagt euch zu verwundern nach diesem Allen, woher diese Uebel entstehen, welche ohne Unterbruch die Menschheit überkommen und bedrängen: da ihr alle die Dinge, in welche der Gottheiten Schändlichkeiten eingehüllt sind, wie auch die Schmähungen täglich wiederholt, täglich erfahrt; und weil ihr einmal die müßige Seele mit unnützen Träumereien beschäftigen wollt, so fleht ihr um die Mehrung eurer Lebenstage und um die ununterbrochene Mittheilung. Wäre irgend ein Unwille wider eure Religion in euch, dann müßtet ihr vielmehr schon längst diese Schriften verbrannt, diese Theater vielmehr niedergerissen, aufgehoben haben, in denen täglich der Götter Schande durch schimpfliche Fabeln veröffentlicht wird. Warum aber sollen unsere Schriften verdienen, dem Feuer übergeben, weßhalb unsere Versammlungsorte zerstört zu werden? wo der höchste Gott angebetet, wo Friede und Gnade für sämtliche Obrigkeiten, Heere, Könige, Freunde wie Feinde, für die noch Lebenden und für die aus dem Bande des Körpers Entlassenen erfleht wird; wo man nichts Anderes hört, als was menschenfreundlich, was sanftmüthig, schamhaft, züchtig, keusch, mittheilsam macht und mit Allen, welche die Geschwisterlichkeit verbindet, in Liebe verknüpft.
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