Nr. 21
Jupiter schwebte von Furcht niedergedrückt in Angst und fand keine Mittel der Entehrten Entrüstung zu sänftigen. Er überschüttet sie mit Bitten und Flehungen; der Trauernden Ohren bleiben verschlossen. Das gesammte Kollegium der Götter wird abgeschickt, keine Autorität ist so groß, daß sie Gehör schenke. Endlich, den Weg der Sühne versuchend, ersinnt der Sohn folgendes Mittel. Er wählt einen edeln Widder, wohlversehen mit großen Hoden, schneidet dieselben heraus und enthüllt sie der wolligen Decke des Sackes. Trauernd und unterwürfig zur Mutter herangehend und gleichsam sich selbst verdammend, wirft er jene in ihren Schooß. Als sie die Unterpfänder der Mannheit erblickte, ward sie milderen Sinnes und wand ihre Sorgfalt auf die empfangene Frucht, so daß sie nach zehn Monaten eine Tochter schön geformten Leibes gebar, welche das sterbliche Geschlecht bald Libera, bald Proserpina genannt hat. Da der schöpsengestaltete Jupiter diese nun von Gesundheit strotzend, blühend und schwellend schaute, so kehrte er, vergessend was er kurz vorher Uebels und Verbrecherisches begangen, mit wie großer Verwegenheit zu dem frühern Treiben zurück, und weil es ihm doch genugsam verrucht vorkam, wenn sich der Vater mit der Tochter unmittelbar in ehelicher Verbindung vermische, so wanderte er denn in eines Drachen furchtbare Gestaltung, umschloß die durch seine ungeheuern Krümmungen erschreckte Jungfrau und koste, schmeicheite ihr unter so wilder Verhüllung mit den süßesten Umarmungen. Es geschah, daß auch sie von dem über alle Maßen kraftvollen Jupiter erfüllt wurde, doch nicht auf dieselbe Weise, wie die Mutter: denn diese gebar eine Tochter nach ihren Umrissen gebildet, aber die Geburt der Jungfrau war die Gestalt eines Stieres, das Merkzeichen der Verführung durch Jupiter. Wünscht irgend Jemand einen Gewährsmann für die Sache, so führen wir jenen Tarentiner an, den vom Alterthum gesungenen bekannten sechsgliederigen Vers. Der Stier erzeugte den Drachen und der Drache den Stier. Endlich können auch die billigen Opferdienste und Einweihungs-Bräuche selbst, die Sebadia man nennt, der Wahrheit Zeugniß geben; wo den geweihten eine goldene Schlange in den Busen gelegt und wieder von den unteren Theilen her weggenommen wird.
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