Nr. 25
Wenn jedwedes, was die Menschen thun, und insbesondere in heiligen Dingen, seine Ursache haben muß, und wenn Nichts in allen Verrichtungen und bei jeglicher Dienstleistung ohne Grund zu vollbringen ist, so wollet uns erklären und sagen, was ist Ursache, was Grund, daß auch jene Dinge den Göttern dargebracht und auf den Altären verbrannt werden? denn hierbei verweilen wir länger, halten inne und hängen uns ein, voll Begierde zu erfahren, was der Gott mit den Mussen, mit den Kuchen, mit den verschiedenen Würsten, nach der vielfachen Beschaffenheit der Bereitung und zufolge der Mannigfaltigkeit der Ingredienzien zugerichtet, zu schaffen habe? Werden die Gottheiten durch die prachtvollen Mahle ergriffen, so daß es ziemt, denselben unzählbare Speisen auszusinnen? Empfinden sie etwa Abscheu und Widerwillen, so daß zur Vertreibung des Eckels die Geschmacksmannigfaltigkeit erfordert wird, indem man bald Gebratenes, bald noch Bluttriefendes, bald Halbgekochtes und fast Rohes vorsetzt? Wofern die Götter alle die zerschnittenen Fleischtheile (Prosiciae) zu empfangen lieben und sind dieselben ihnen wohlgefällig, sey es durch die Empfindung irgend einer Wollust oder Annehmlichkeit, was hindert, was verbietet, daß ihr sie nicht auf einmal sammt den ganzen Thieren darbringt? Was ist Ursache, was Grund, S. 196 daß man das Bugfleisch, die Gurgel, den Schweif und das Schwanzstück abgesondert, daß man die Gedärme, das Netz allein für sich aus Ursache der Mehrung hinzuthut? Werden die himmlischen Götter durch der Zuspeisen Mannigfaltigkeit angeregt, daß sie, wie es nach der Tafelmast der Reichen und Begüterten Gebrauch ist, diese kleinen Bissen als köstliche Leckereien zu sich nehmen, nicht um den Hunger zu stillen, sondern um den abgestumpften Gaumen anzutreiben und sich selbst zur Begier der vollen Gefräßigkeit aufzureizen? O wundersame, o allen Menschen unbegreifliche, keinem Wesen erkennbare Erhabenheit der Götter! wenn dieselben nämlich, um günstig zu seyn, durch der Thiere Hoden und Gurgeln erkauft werden, und nicht eher Groll und Zorn fahren lassen, als bis sie sich durch bereitete Mastdärme und Schwanzstücke geehrt erblicken.
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