Nr. 49
Wohlan denn, da die Rede bis hierher vorgerückt und fortgeführt ist, so wollen wir in Gegensätzen der einzelnen Theile kurz zusammenstellen, ob ihr wohl hinsichtlich der überirdischen Dinge besser gesinnt seyd, oder ob unsere Meinung um vieles ehrenwerther wie richtiger; und was dem Göttlichen seine Würde gewährt und beilegt. Und zwar zuerst bekennet ihr, alle eure Götter, die ihr entweder für wirkliche Wesen haltet oder glaubt, und deren Bildnisse und Gestaltungen ihr in allen Tempeln aufgestellt habt, seyen geboren, und aus dem männlichen und weiblichen Samen zufolge des Begattungsgesetzes erzeugt. Wir aber dagegen, wenn anders die Götter zuverläßig sind und dieses Namens Ansehen, Macht, Würde besitzen, urtheilen, sie seyen entweder unerzeugt: denn dieß ist gewissenhaft zu glauben, oder aber, haben sie einen Anfang durch Geburt, so komme dem höchsten Gott das Wissen zu, aus welchen Gründen er dieselben geschaffen oder seit welcher Zeit er ihnen gestattet, die Ewigkeit seiner Gottheit zu beginnen. Ihr seyd der Meinung, die Götter schieden sich nach dem Geschlecht, die Einen seyen männlich, die Anderen weiblich; wir aber leugnen der himmlischen Mächte Verschiedenheit den Sinnen nach: weil solcherlei Unterschied den irdischen Geschöpfen gegeben ward, welche zufolge des Willens des Urhebers aller Dinge sich begatten, sich fortpflanzen sollen, mittelst der Begierde Nachkommen an ihre Stelle setzend. Ihr haltet dafür, sie seyen den Menschen ähnlich und nach der Sterblichen Gestaltung geformt: wir glauben, daß die Abbilder ihnen ferne stehen, weil des Körpers Bildung sterblich ist; und haben sie irgend eine solche, so betheuern wir mit unbezweifelter Gewißheit, Niemand könne eine solche erfassen. Ihr wähnt, daß Einzelne nach Art der Künstler kunstfertige Beschäftigungen betrieben; dieß verlachen wir, so wir es vernehmen, weil wir annehmen und für wahr halten, den Göttern seyen die Künste und Handwerke unnöthig; da auch feststeht und offenkundig ist, dieselben seyen zur Hülfe der Armseligkeit zubereitet worden.
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