Leben und Werke des hl. Gregor von Nazianz.
S. 7
S. 8 Neuere Arbeiten über das Leben und Wirken des hl. Gregor sind:
C. Ullman, Gregorius von Nazianz. 2. Auflage. Gotha 1867. Fr. Böhringer, Die Kirche Christi VIII. 3. Stuttgart 1876. Montaut, Revue critique de quelques questions se rapportant à St. Grégoire et à siècle. Paris 1878. A. Benoît, St. Grégoire de Naz. 2 Bde. 2. Auflage. Paris 1884. F. Loofs in Realenzyklopädie f. prot. Theol. u. Kirche. VII. 3. Aufl. 138 ff. M. Guignet, St. Grégoire de Naz., orateur et épistolier. Paris 1912. O. Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur. III. Freiburg i. Br. 1912. S. 162―188. O. Stählin, Die altchristliche griechische Literatur. München 1924. S. 1413―1420.
Beiträge zur Geschichte des Lebens und der Schriften Gregors gibt G. Rauschen, Jahrb. der christlichen Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. Gr. Freiburg i. Br. 1897.
Gregor wurde wahrscheinlich 329 geboren, als sein gleichnamiger Vater bereits Priester war. Er stammte aus Arianz, einem Landgute, das 2 1/2 Stunden südlich von Nazianz gegen Tyana gelegen war und wo er altväterlichen Besitz hatte. Seinem Vater, der den bischöflichen Stuhl von Nazianz inne hatte, ist Rede 18 gewidmet. Seine Mutter Nonna, die schon von Geburt aus Christin war und um 325 auch ihren Gatten für die Kirche gewonnen hatte, starb bald nach dem älteren Gregor. Aus den Schriften Gregors ist uns noch seine Schwester Gorgonia und sein Bruder Cäsarius bekannt; auf jene ist Rede 8, auf diesen Rede 7 gehalten. Gregor studierte zunächst in Cäsarea in Kappadozien, wo er Basilius, den späteren Erzbischof von Cäsarea in Kappadozien, kennenlernte, und in Cäsarea in Palästina. Sodann besuchte er die Schulen in Alexandria und Athen. In Alexandria stand damals Didymus an der Spitze der Katechetenschule, in S. 009 welcher wohl Gregor in die Gedanken eines Klemens und Origenes eingeführt worden war und ebensowohl heidnisches wie christliches Wissen schätzen und lieben gelernt hatte. Hier konnte er Liebe zum Glauben wie zum Wissen gewinnen; hier wird ihm die erste Anregung dazu gegeben worden sein, griechische Form und griechische Ideen in den Dienst christlicher Lehre zu stellen. In Alexandrien mag er auch Athanasius gehört haben, den er in Rede 21 als Säule der Orthodoxie preist. Die Studien in Athen verbanden ihn aufs innigste mit seinem Kameraden Basilius; sie machten ihn aber auch mit seinem größten Gegner bekannt, mit dem Prinzen Julian, dem späteren Kaiser, der im Spätsommer 355 in die Stadt gekommen war. Gregor hörte hier die berühmten Rhetoren Himerius und Prohäresius 4, von denen der erstere Heide, der letztere Christ war. Der fünfjährige Aufenthalt an den Hochschulen weckte in Gregor großes Verständnis für schöne Form und dauernde Liebe zur Rhetorik, mag er diese Liebe auch gelegentlich in Anfällen asketischer Stimmungen verleugnen. Seine Reden sind formell die schönsten Früchte dessen, was er dort gelernt hatte; durch sie hat er sich den Ruhm des christlichen Klassikers auf dem Gebiete der Rhetorik, bei den Byzantinern die Bezeichnung „christlicher Demosthenes“ erworben. Daß er mit den Rhetoren Themistius, Eudoxius, Libanius u. a. brieflichen Verkehr unterhielt, zeugt für die dauernde Freude an dem, was ihm das akademische Studium geboten hatte. Im Jahre 357, etwas später als Basilius, verließ Gregor im Alter von fast 30 Jahren Athen, um in die Heimat zurückzukehren. Erst jetzt empfing er die Taufe. Nun widmete er sich ganz und gar dem theologischen Studium, vor allem der Lektüre der Heiligen Schrift. Sein Freund Basilius, mit dem er 358 oder 359 in der Pontischen Einsiedelei am Iris verweilte, stand ihm dabei hilfreich zur Seite. Es war wohl 362, daß Gregor von seinem Vater auf Wunsch der Gemeinde von Nazianz, aber wider seinen Willen zum S. 010 Priester geweiht wurde. Erbittert über diese Vergewaltigung flieht er wieder zu seinem Freunde Basilius nach Pontus, um aber bald wieder zurückzukehren und nun seinen Vater in der Verwaltung der Diözese zu unterstützen. Flucht und Rückkehr begründet er in Rede 2. Nachdem infolge dogmatischer Streitigkeiten die nicänisch gesinnten Mönche in Nazianz sich von dem älteren Gregor getrennt hatten, war es dem jüngeren Gregor schließlich gelungen, den Frieden wieder herzustellen; die Versöhnung wird in Rede 6 gefeiert. Der unter dem Einfluß des älteren Gregor zum Erzbischof von Cäsarea geweihte Basilius übertrug, um seine Macht gegenüber dem Erzbischof Anthimus von Tyana zu stärken, die kleine, zwischen Nazianz und Tyana gelegene Bischofsstadt Sasima seinem Freunde Gregor. Dieser ließ sich zwar 372 durch Basilius zu Nazianz zum Bischof weihen, dem neuen Amte aber entzog er sich durch Flucht. Den unbedeutenden Bischofsstuhl von Sasima, an dem er keinen Geschmack finden konnte, hat er niemals bestiegen. Nachdem er noch einmal die seelsorgliche Tätigkeit in Nazianz aufgenommen hatte, verlor er 374 seinen Vater, bald darauf auch seine Mutter. Nur kurze Zeit leitete er allein die Diözese. 375 verläßt er Nazianz und widmet sich in Seleucia in Isaurien einem beschaulichen Leben. 379 eilte er nach Konstantinopel auf Bitten der dortigen, von den Arianern schwer bedrängten nicänischen Gemeinde. Mit Hilfe des Kaisers Theodosius gelang es ihm, nicht nur über den zynischen Philosophen Maximus, der auf Anstiften des alexandrinischen Patriarchen Petrus durch ägyptische Bischöfe zum Bischof von Konstantinopel geweiht wurde, Herr zu werden, sondern auch die Kirchen Konstantinopels den Arianern zu entreißen. Der Kaiser selbst geleitete am 27. November 380 Gregor unter militärischem Schutze in die Kathedrale, die Apostelkirche. Damit war er zwar faktisch bereits Bischof von Konstantinopel. Doch ließ er sich erst durch das im Mai 381 eröffnete große Konzil auf den Bischofsthron erheben. Differenzen mit den Konzilsmitgliedern veranlaßten ihn, schon bald wieder auf diese hohe geistliche Würde zu verzichten und im Juni 381 Konstantinopel für immer zu verlassen. Er begab sich zunächst wieder nach S. 011 Nazianz, um dort die verwaiste Diözese noch bis 383 zu leiten. Dann zog er sich bis zu seinem 389 oder 390 erfolgten Tode 5auf sein Landgut Arianz zurück.
Die literarischen Arbeiten Gregors sind 45 Reden (Migne 35 und 36), zahlreiche Gedichte (Migne 37 und 38) und 245 Briefe (Migne 37) 6. Von den letzteren gehören die vier „Briefe“ theologischen Inhalts 101, 102, 202, 243 eigentlich unter die Reden, da sie in keiner Handschrift unter den Briefen stehen 7. Die Briefe 41 bis 43 stammen von dem älteren Gregor; sie mögen allerdings von dem Sohne im Namen des Vaters geschrieben worden sein.
Die Handschriften, welche uns die Werke Gregors überliefern, sind zahlreich. Über die Handschriften, welche die Reden enthalten, berichtet ausführlich Th. Sinko, De Traditione orationum Gregorii Naz. I (= Meletemata patristica II), Krakau 1917; II. De traditione indirecta (= Melet. patrist. III), Krakau 1923. Eine Sammelausgabe der Schriften Gregors im Urtext erschien zuerst 1550 in Basel. Weitere Ausgaben folgten sodann Paris 1609 und 1630 und Leipzig 1690. Der erste, sämtliche Reden umfassende Band der Maurinerausgabe wurde zunächst von J. du Frische, Fr. Louvard, Pr. Maran bearbeitet und endlich von Ch. Clémencet 1778 in Paris herausgegeben; der zweite Band der Schriften Gregors konnte infolge der französischen Revolution erst 1840 erscheinen.
Schon Rufinus von Aquileja hat 399 oder 400 neun Reden Gregors (nämlich die Reden 2, 6, 16, 17, 26, 27, 38―40) ins Lateinische übertragen 8; die Übersetzung ist allerdings sehr eilfertig hergestellt. Alte Übersetzungen S. 012 liegen ferner vor in armenischer, syrischer, kirchenslavischer, koptischer, georgischer, arabischer und äthiopischer Sprache.
Da die Reden Gregors wohl vielfach in Schulen gelesen und erklärt wurden, erschienen zu denselben schon bald zahlreiche Scholien. Das älteste Scholion geht in den Anfang des sechsten Jahrhunderts zurück. Spätere Scholiasten werden aufgezählt von A. Ehrhard bei K. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur, 2. Aufl., München 1897, 137 f. und vor allem von J. Sajdak in der obenerwähnten Historia critica scholiastarum.
In seinen Reden tritt Gregor gelegentlich, wie in den beiden Reden gegen Kaiser Julian, als Polemiker auf, sehr oft als Lobredner wie in den Reden auf die Makkabäer, auf Athanasius, den Märtyrer Cyprian oder in den Leichenreden auf seinen Bruder Cäsarius, seine Schwester Gorgonia und seinen Vater. Er hat an den Fehlern der meisten Polemiker und Lobredner teil, von welchen die ersteren gerne den Gegner zu schwarz malen, die letzteren vielfach ihre bewunderten Freunde in zu hellem Lichte schauen. Der Übereifer für die kirchliche Sache hat ihm im Kampfe gegen Julian gelegentlich zu schlimme Worte diktiert, und die Begeisterung für die, mit denen er in Liebe verbunden war, hat ihn bisweilen wie in Rede 18 den Weg der Legende gehen lassen. Immer wieder sucht Gregor seine Zuhörer oder Leser sittlich zu erziehen. Der weltflüchtige Redner ist vor allem Moralprediger. Das höchste Ziel, dem er zuführen will, ist die Vergöttlichung, das Gott-Werden, die θεῶσις [theōsis]. In glanzvoller, ergreifender Ausführung empfiehlt er in Rede 14 Liebe und Barmherzigkeit. Den größten Ruhm erwarb sich Gregor durch seine fünf im Jahre 380 in Konstantinopel gehaltenen theologischen Reden (Rede 27―31). Sie trugen ihm den Namen „Gregor der Theologe“ ein. Er behandelt in denselben die Trinitätslehre gegen Eunomianer und Mazedonianer. Wiederholt betont er aber diese Lehre an anderen Stellen 9auch gegen Sabellius und Arius.
S. 013 Gregor hebt klar die Unterscheidungsmerkmale der drei göttlichen Personen hervor. Ihre ἰδιότητες [idiotētes] oder Proprietäten sind: ἀγεννησία, γέννησις, ἐκπόρευις [agennēsia, gennēsis, ekporeuis]. Statt ἐκπόρευσις [ekporeusis] werden auch die Ausdrücke πρόσοδος, πρόβλημα, ἔκπεμψις [prosodos, problēma, ekpempsis] gebraucht. „Wäre ― so schreibt Gregor in Rede 20, 6 f. ― (Gott, der Vater) nicht die Ursache der im Sohne und im Geiste geschauten Gottheit, dann wäre er nur der Anfang kleiner, minderwertiger Geschöpfe. Es ist notwendig, die Einheit Gottes festzuhalten und die Dreiheit in den Hypostasen, bzw. Personen zu bekennen, deren jede ihre Proprietät besitzt . . . . Der Vater ist anfangslos und ist Anfang, d. i. Ursache, Quelle, ewiges Licht; der Sohn aber ist nicht anfangslos und ist Anfang der Schöpfung. Wenn ich hier von Anfang rede, darfst du aber nicht an eine Zeit denken, nichts zwischen dem Erzeuger und dem Erzeugten annehmen, nicht die Natur dadurch teilen, daß du ungeschickt zwischen die Ewigen und Verbundenen etwas einschaltest. Wäre nämlich die Zeit älter als der Sohn, dann wäre offenbar der Vater zunächst die Ursache der Zeit . . . . Der Vater ist also ohne Anfang; denn er hat das Sein nicht anderswoher, auch nicht aus sich selbst ( οὐδὲ παρ᾿ ἑαυτοῦ τὸ εἶναι [oude par’ heautou to einai]). Der Sohn aber ist, wenn du den Vater als Ursache ansiehst, nicht ohne Anfang; denn der Vater ist als Ursache der Anfang des Sohnes.“ „Das Sein des Vaters ist gleichzeitig mit dem Erzeugtsein des Eingeborenen, welcher aus ihm, nicht aber nach ihm ist oder welcher existiert nur durch den Gedanken des Anfangs, d. i. der Ursache . . . . Hörst du von Erzeugung (des Sohnes), dann grüble nicht! Hörst du vom Ausgang des Geistes, dann forsche nicht nach dem Wie!“ (Rede 20, 10 f.) .
In der Christologie wendet sich Gregor ebensosehr gegen die apollinaristische Mischungs- wie gegen die antiochenische Trennungstendenz. Den Kampf gegen Apollinaris führt er aber vor allem erst im Jahre 381 in den beiden Briefen an Cledonius (Brief 101 und 102). Ganz im Geiste des Origenes betont er gegenüber Apollinaris, daß gerade die menschliche Seele Jesu als Mittlerin die grundverschiedene göttliche und menschliche S. 014 Natur vereinigt habe 10. Die Einigung ist eine wahre und wesenhafte ( κατ’ οὐσίαν [kat’ ousian] 11). Für dieselbe hat Gregor noch u. a. die Ausdrücke „Mischung“, „Vermengung“ ( μῖξις, κρᾶσις, σύγκρασις, ἀνάκρασις [mixis, krasis, synkrasis, anakrasis]) . „Die zwei christologischen Hauptgedanken, die Naturenauseinanderhaltung und anderseits deren engste Verbindung zu einem wirklich einheitlichen Gesamtwesen, sind in Gregors Darlegung nicht vollends ausgeglichen, sie kreuzen sich mitunter feindlich. Gregor gerät mehrmals unbewußt in eine gewisse Scheidung, auch ins Gegenteil der Mischung. Dies rührt davon her, daß er das Problem nirgends scharf herauslöst 12.“ „Bemerkenswert ist bei Gregor noch, daß er an Apollinaris hauptsächlich die Lehre vom himmlischen Fleische bekämpft, desgleichen die Leugnung des geistigen Bestandteils, wo letzterer Fleischwerdung zugibt. Nirgends aber nimmt er Stellung zu dem so viel angefochtenen ὁμοούσιος [homoousios] und zur μία ϕύσις [mia physis] des Apollinaris. Darüber geht er lautlos hinweg 13.“
Literatur über die Lehre Gregors:
J. Hergenröther, Die Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit nach dem hl. Gregor von Naz., Regensburg 1805. H. Weiß, Die großen Kappadozier Basilius, Gregor von Naz. und Gregor von Nyssa als Exegeten, Braunsberg 1872. J. Dräseke, Quaestionum Nazianzenarum specimen. Wandsbeck 1876. Derselbe, Gregorios von Nazianz und sein Verhältnis zum Apollinarismus: Theol. Studien und Kritiken 65, 1892, 473―512. Derselbe, Neuplatonisches in des Gregorios von Nazianz Trinitätslehre: Byzant. Zeitschr. 15, 1906, 141―160. S. 015 Fr. K. Hümmer, Des hl. Gregor von Nazianz, des Theologen, Lehre von der Gnade. Kempten 1890. F. Probst, Liturgie des vierten Jahrhunderts und deren Reform, Münster i. W. 1893. S. 125―152: Die kappadozische Messe nach den Schriften des Basilius, Gregor von Naz. u. Gregor von Nyssa; S. 202―226: Die Liturgie von Konstantinopel nach den Schriften von Gregor von Naz. und Chrysostomus. K. Unterstein, Die natürliche Gotteserkenntnis nach der Lehre der kappadozischen Kirchenväter. Straubing 1902―1903. K. Holl, Amphilochius von Ikonium in seinem Verhältnis zu den großen Kappadoziern. Tübingen und Leipzig 1904. S. 158―196: Die Theologie des Gregor von Naz. R. Gotwald, De Gregorio Naz. Platonico. Vratisl. 1906. C. Gronau, De Basilio, Gregorio Naz. Nyssenoque Platonis imitatoribus. Gotting 1908. H. Pinault, Le Platonisme de St. Grégoire de Naz. Paris 1925. E. Weigl, Christologie vom Tode des Athanasius bis zum Ausbruch des nestorianischen Streites (373 bis 429), München 1925. S. 53―79: Die Kappadozier 14.
Gregors Lehre wird sehr verschieden gewertet. In der Regel wurde angenommen, daß die christologischen Ideen Gregors auf die kirchliche Lehrentwicklung größten Einfluß gehabt haben. Bardenhewer, a. a. O. III, S. 187 schreibt: „Man erstaunt über die Sicherheit, mit welcher Gregor der kirchlichen Christologie der Folgezeit die Wege wies. Man versteht die Genugtuung, mit welcher Ephesinum und Chalcedonense den Brief 101 (an Cledonius) ausschöpften.“ Weigl kann aber auf Grund seiner christologischen Spezialuntersuchungen diese verbreitete Anschauung korrigieren. In der erwähnten Schrift S. 78 f. urteilt er: „In der Folge, als die guten Arbeiten eines Ephräm, Epiphanius, Cyrill von Jerusalem, Chrysostomus vergessen waren, kam des S. 016 Nazianzeners Christologie in besonderes Ansehen. Was ihr hiezu verhalf, ist die Christologie der Cledoniusbriefe, die wie der Epiktetbrief des Athanasius zu großer Bekanntheit gelangten. Im Grunde schwingt sich diese Christologie nicht höher als andere Leistungen jener Zeit. Wenn gesagt wurde, das Chalcedonense habe sich Gregors Lehre schlechthin angeeignet, entspricht dieses Urteil nicht ganz der Wirklichkeit. Das Konzil folgte der Linie: Antiochenisches Symbol, Amphilochius, Cyrill von Alexandrien.“
Bezüglich der Trinitätslehre Gregors wird in neuerer Zeit von mancher Seite auf einen sehr starken neuplatonischen Einfluß hingewiesen. Loofs a. a. O. S. 144 schreibt: „Bei der allgemeinen Gotteslehre Gregors zu verweilen, lohnt sich nicht; es ist platonische Metaphysik, nicht christliche Lehre, die Gregor hier entwickelt.“ Dräseke erklärt in der obenerwähnten Abhandlung der Byzant. Zeitschr. 15, S. 140 f.: „Insbesondere hat die Lehre von der Dreieinigkeit im vierten Jahrhundert vom Neuplatonismus die nachhaltigste Einwirkung erfahren . . . . Die Dreieinigkeitslehre des Nazianzeners verdient, weit entfernt, mit den Sätzen oder bloß schriftgemäßen Erörterungen der früheren Theologen sich zu begnügen, eine in hervorragendem Maße neuplatonische genannt zu werden.“ Bezüglich der Kappadozier urteilt Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte II., 4. Aufl. (Tübingen 1909) S. 265 ff.: „Die ganze origenistische Trinitätsspekulation, von der Athanasius nichts hat wissen wollen, resp. nichts gewußt hat, wurde rehabilitiert . . . . Diese Männer standen auf dem Boden der allgemeinen Weltanschauung, den die Wissenschaft damals einnahm: sie waren Platoniker, und sie haben sich wieder unbefangen selbst für ihre Trinitätslehre auf Plato berufen . . . . Die literarischen Siege der Kappadozier, die mit ihren wissenschaftlichen Interessen die Hingabe an den Glauben und an die praktischen Ideale der Kirche zu verbinden verstanden, die Siege über Eunomius und seinen Anhang waren zugleich Triumphe des Neuplatonismus über einen höchst dürftigen und formalistisch gewordenen Aristotelismus.“ Eingehend untersucht Pinault in seinem genannten Werke das Verhältnis S. 017 der Lehren Gregors zu den neuplatonischen Ideen. Bezüglich der Trinitätslehre kommt er S. 233 zu dem Resultat: „Si Grégoire fait allusion aux païens, aux néo-platoniciens surtout, ce n’est point précisément pour leur emprunter, c’est au contraire pour . . . . opposer leur doctrine à celle du christianisme, bien loin qu’il s’inspire d’eux. On comprend dès lors que, demeurant indépendant des profanes, Grégoire enseigne une doctrine trinitaire présentant des différences nombreuses et essentielles avec les hypostases plotiniennes; mais on ne s’explique plus que Dräseke ait pu écrire que l’enseignement trinitaire de Grégoire mérite d’être appelé en grande partie néo-platonicien. Il est plus exact de dire que les Ennéades offraient certaines formules qu’un chrétien cultivé pouvait assez aisément adapter aux exigences de sa foi, auxquelles il était assez facile de donner un sens chrétien . . . . Manifestement la source de sa pensée même est ailleurs que chez les profanes. Elle est dans l’Ecriture . . . . dans la tradition orale de l’Eglise et la liturgie . . . . Elle est enfin dans la tradition patristique, non point toutefois dans l’oeuvre d’Origène, comme le pense Harnack, mais dans celle d’Athanase surtout.“
Zur deutschen Übersetzung. Die frühere Auflage der „Bibliothek der Kirchenväter“ hatte unter den „Ausgewählten Schriften des hl. Gregor von Nazianz“ nur einen Teil der Reden geboten 15. Diese neue Auflage gibt eine Übersetzung sämtlicher Reden. Im vorliegenden ersten Teile der Reden sind gegenüber der früheren Ausgabe neu aufgenommen: Die beiden Reden gegen Kaiser Julian (4 und 5), die Rede beim Friedensschluß zwischen dem Bischof und den Mönchen (6), die an den Vater bei Übertragung der Seelsorge in Nazianz (12), die Trauerrede auf den Vater (18), die Rede an seinen Freund Julian (19) und die über das Trinitätsdogma und die Aufstellung der Bischöfe (20). S. 018 Auch jene Reden, welche bereits in der früheren Auflage enthalten waren, sind nunmehr völlig neu übersetzt, unabhängig von der früheren Übertragung. Die Reden werden in der Reihenfolge gegeben, in welcher sie bei Migne aufgezählt sind. Die oft sehr langen Satzperioden gewisser Reden sind mit Rücksicht auf den deutschen Geschmack in kleinere Abschnitte geteilt.
In G. Leonhardi, Die Predigt der Kirche Bd. 10 (Leipzig 1890) hatte F. J. Winter zehn Reden übersetzt nämlich: 1, 2, 7, 14, 32, 36, 38, 40, 42, 44 16
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Vgl. G. Misch, Geschichte der Autobiographie I (Leipzig und Berlin 1907), S. 383―402. ↩
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Dieselbe ist abgedruckt bei Migne, P. gr. 35, 243 ff.; sie ist bearbeitet von J. Compernaß „Gregorios Presbyter“ (Bonn 1907). ↩
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Abgedruckt bei Migne, P. gr. 35, 147―242. ↩
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Rom hatte dem Prohäresius eine Statue errichten lassen mit der Inschrift: Ἡ βασιλεύουσα ̔Ῥώμη τὸν βασιλεύοντα τῶν λόγων [Hē basileuousa Rhomē ton basileuonta tōn logōn]. ↩
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Hieronymus schreibt im Jahre 392 von Gregor: Decessit ante hoc ferme triennium (De vir. ill. 117). ↩
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Der Brief 245, welcher bei Migne nicht aufgenommen ist, wurde von G. Mercati, Studi e testi 11 (Rom 1903) 53 ff. veröffentlicht. ↩
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Vgl. G. Przychocki, De Gregorii Naz. epistulis quaestiones selectae, Diss. philol. Classis Acad. Litt. Cracov. 50 (1912) 361 f., 386. ↩
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Herausgegeben von A. Engelbrecht im Corpus Script. eccl. lat. Bd. 46 (Wien und Leipzig 1910). ↩
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Vgl. Rede 20, 5 ff. ! ↩
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Vgl. Rede 2, 23. ↩
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Diese treffliche Bezeichnung findet sich schon bei Ephräm und Epiphanius. ↩
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E. Weigl, Christologie vom Tode des Athanasius bis zum Ausbruch des nestorianischen Streites (373―429). München 1925, S. 66. ↩
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Ebd. S. 67. ↩
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Weitere Literatur wird noch bei den einzelnen Reden erwähnt werden. ↩
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Sie waren übersetzt von Joh. Röhm. ↩
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Die Wintersche Übersetzung ist abhängig von der Röhms. ↩