Vierter Artikel. Das Eifern ist eine Wirkung der Liebe.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Das Eifern ist der Anfang von Streit und Zank nach 1 Kor. 3.: „Weil unter euch ein Eifern und ein Streiten ist.“ Streiten aber ist das Gegenteil von Liebe. II. Der Gegenstand der Liebe ist ein Gut; und zu dessen Charakter und Natur gehört es, sich selber mitzuteilen. Das Eifern aber widerstreitet dem Mitteilen; denn wer für etwas eifert, der will keinen Genossen haben im Besitze des Geliebten. So sind die Männer eifersüchtig rücksichtlich ihrer Frauen. III. Eifern ist nicht ohne Haß, wie nicht ohne Liebe. Denn Ps. 72: „Geeifert habe ich wegen der Gottlosen.“ Also wäre Eifern ebenso gut eine Folge des Hasses wie der Liebe. Auf der anderen Seite schreibt Dionysius (4 de div. nom.): „Gott wird Eiferer genannt wegen der großen Liebe, die er zu dem hat, was existiert.“
b) Ich antworte, in jedem Falle komme das Eifern von der heftigen Anspannung der Liebe. Denn je heftiger eine Kraft auf etwas sich richtet, desto mächtiger treibt sie zurück alles Entgegenstehende. Da also nach Augustin (83. Qq. 35 et 36.) die Liebe eine Bewegung ist zum Geliebtenhin, so sucht offenbar die heftig angespannte Liebe auszuschließen Alles, was ihr widerstrebt. Nur ist für die beiden Arten von Liebe die Weise des Eiferns verschieden. Denn wer in der Liebe der Begierlichkeit etwas mit Heftigkeit begehrt, ist gegen Alles in Bewegung, was da widerstrebt der Erreichung des erstrebten Gutes und der Ruhe darin; — und in dieser Weise werden eifersüchtig die Männer genannt, weil sie die Besonderheit, welche sie im Besitze ihrer Frau suchen, nicht gestört sehen wollen dadurch daß andere die Frau mit ihnen gemeinsam haben. Ähnlich eifern jene, die nach hervorragender Ehre streben, gegen andere, welche auch hervorragen wollen, weil sie durch das Gemeinsame im Anteile an der Ehre in ihrem Streben gehindert werden. Das ist das Eifern des Neides nach Ps. 36: „Sei nicht eifersüchtig auf die Boshaften und ahme nicht nach das Eifern jener, die Unrecht thun. Die Liebe der Freundschaft aber sucht das Gute für den Freund; ist sie also heftig, so bewirkt sie, daß der Mensch gegen Alles angeht, was dem Guten des Freundes widerstreitet. Und danach sagt man, jemand eifere für einen Freund, wenn er Alles, was gesprochen wird oder geschieht gegen den Vorteil des Freundes, abzuwehren strebt. Demgemäß eifert jemand auch für Gott, wenn er gegen Alles angeht, was gegen die Ehre oder den Willen Gottes sich richtet, nach 3. Kön. 19.: „Geeifert habe ich für den Herrn der Heerscharen;“ und Joh. 2.: „Der Eifer für Dein Haus hat mich verzehrt,“ wozu die Glosse (Aug. in Joa. tract. 10.) bemerkt: „Durch guten Eifer wird verzehrt jener, welcher was er Schlechtes wenn es auch gering erscheint sieht, zu bessern bestrebt ist; und kann er es nicht ändern, es erträgt und seufzt.“
c) I. Paulus spricht da vom Eifern des Neides. Und dieses ist wohl Ursache von Streit, nicht gegen das geliebte Gut, sondern für dasselbe gegen dessen Hindernisse. II. Das Gute wird geliebt, insoweit es dem Liebenden mitteilbar ist, weshalb Alles hassenswert erscheint, was die Vollendung dieses Mitteilens zu hindern geeignet ist; und danach wird von der Liebe das Eifern verursacht. Der Mangel am Guten nun trägt die Schuld daran, daß einzelne geringere Güter nicht von mehreren ganz zugleich besessen werden können; und das ist der Quell der Eifersucht. Von den Gütern aber, die ganz zugleich von mehreren besessen werden können, wird nicht die Eifersucht verursacht; wie z. B. niemand den anderen beneidet, weil dieser die Wahrheit kennt, die von vielen ganz erkannt werden kann, außer insofern dabei eine gewisse hohe Stufe der Kenntnis und damit verbunden ein gewisser hervorragender Glanz in Betracht kommt. III. Daß jemand haßt alles das, was dem Besitze des geliebten Gegenstandes widerstreitet, kommt eben von der Liebe; also ist das Eifern weit mehr eine Wirkung der Liebe wie des Hasses.
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