Erster Artikel. Die Thätigkeit ist die eigenste Ursache für das Ergötzen.
a) Dementgegen scheint zu sein: I. Aristoteles (1 Met. 11.): „Sich-Ergötzen besteht darin, daß der Sinn etwas leidet.“ Denn damit ein Ergötzen stattfinde, ist das Auffassen des Gegenstandes und demgemäß ein Einwirken desselben erfordert. (Kap. 31, Art. 1.) Früher also sind sonach die erkennbaren, auffaßbaren Gegenstände der Thätigkeiten, wie die Thätigkeiten selber. Also nicht die Thätigkeit ist die eigenste Ursache des Ergötzens. II. Das Ergötzen besteht hauptsächlich in der Erreichung des Zweckes. Nicht immer aber ist der Zweck ein Thätigsein, sondern oft genug das durch die Thätigkeit Gewirkte. Also nicht das Thätigsein ist an und für sich und an erster Stelle Ursache des Ergötzens. III. Die Muße und die Ruhe sind ergötzlich. Sie bedeuten aber das Aufhören des Thätigseins. Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (7 Ethic. 12. 6t 13.): „Das Ergötzen ist eine der Natur angemessene Thätigkeit, insoweit sie nicht gehindert ist.“
b) Ich antworte, zum Ergötzen werde zweierlei erfordert: 1. die Erreichung des zukömmlichen Guten; und 2. die Kenntnis davon, daß man es erreicht hat. Beides aber schließt ein Thätigsein in sich ein. Denn thatsächlich etwas erkennen ist eine Thätigkeit; und ähnlich erlangen wir ein Gut nur durch Thätigsein. Zudem ist das Thätigsein selber ein gewisses zukömmliches Gut. Alles Ergötzen also folgt einer Thätigkeit.
c) I. Die Gegenstände der Thätigkeiten selber sind nicht ergötzlich außer insoweit sie mit uns verbunden werden; sei es vermittelst der Kenntnis allein, wie wenn wir uns ergötzen in der Erwägung oder Betrachtung von etwas, sei es vermittelst etwas Anderem, was zugleich mit der Kenntniseintritt, wie wenn jemand erkennt, er habe ein gewisses Gut, z. B. Reichtum, Ehre u. dgl., was alles nur ergötzlich ist, insoweit es als in Besitz genommen aufgefaßt wird. Denn, wie Aristoteles (2 Polit. 3.) sagt, „schließt dies ein großes Ergötzen in sich ein, zu meinen, daß man etwas als Eigentum besitze“; was nämlich in der Liebe eines jeden zu sich selbst begründet ist. Derartiges aber zu besitzen ist nichts Anderes wie es gebrauchen oder es gebrauchen können; und das kann nur die Folge einer Thätigkeit sein. Alles Ergötzen also läßt sich zurückführen auf eine Thätigkeit als auf die Ursache. II. Auch wo das Gewirkte den Zweck vorstellt, ist dies nur ergötzlich, soweit dieses Gewirkte besessen wird oder soweit es als die eigene Wirkung, also als die Folge der eigenen Thätigkeit, betrachtet wird. III. Die Thätigkeiten sind ergötzlich, insoweit sie in gewissem Verhältnisse stehen zur Natur des Thätigseienden und ihr entsprechen. Da aber die menschliche Kraft begrenzt ist, so erscheint eine Thätigkeit als zu ihr in gewissem Verhältnis stehend nur gemäß einer gewissen Richtschnur und einem gewissen Maße. Überschreitet die Thätigkeit dieses Maß, so ist sie nicht mehr im natürlichen Verhältnisse zur thätigen Kraft, also nicht mehr ergötzlich, sondern vielmehr abstoßend und mühevoll. Insoweit nun die Muße, das Spiel etc. dieses Übermaß oder insoweit sie die Trauer, die daraus folgt, entfernen, ist darin Ergötzlichkeit.
