Vierter Artikel. Das Notwendige und Ewige unterliegt nicht dem ewigen Gesetze.
a) Dies scheint doch. Denn: I. Alles, was vernünftig ist, das unterliegt der Vernunft. Der göttliche Wille aber ist vernünftig. Also unterliegt er der Vernunft. Das ewige Gesetz aber ist nichts Anderes als die göttliche Vernunft. Also unterliegt ihr der ewige göttliche Wille. II. Was dem Könige unterworfen ist, das unterliegt auch dem Gesetze des Königs. Der „Sohn“ aber wird (1. Kor. 15.) „unterworfen sein Gott dem Vater, wenn Er Ihm die Herrschaft übergeben haben wird.“ Also der ewige Sohn unterliegt dem ewigen Gesetze. III. Das ewige Gesetz ist der leitende Grund in der göttlichen Vorsehung. Vieles Notwendige aber unterliegt der göttlichen Vorsehung, wie z. B. die immer dieselbe bleibende Substanz der stofflosen Wesen und der Himmelskörper. Also auch Notwendiges unterliegt dem ewigen Gesetze. Auf der anderen Seite kann, was notwendig ist, unmöglich sich anders verhalten. Also bedarf es keiner Zügelung. Deßhalb aber wird dem Menschen ein Gesetz aufgelegt, daß er gezügelt werde in der Richtung auf das Böse. Also unterliegt Notwendiges nicht dem Gesetze.
b) Ich antworte, das ewige Gesetz sei die leitende Richtschnur in der göttlichen Weltregierung. Was also der göttlichen Weltregierung unterworfen ist, das unterliegt dem ewigen Gesetze; und mit allem dem ist dies nicht der Fall, was der Leitung von seiten Gottes nicht unterliegt. So ist auch bei uns dieser Unterschied in Geltung. Denn der menschlichen Regierung unterliegt das, was durch die Menschen geschehen kann; was aber zur Natur des Menschen gehört, das unterliegt nicht der menschlichen Leitung, daß nämlich der Mensch z. B. eine Seele hat, Hände oder Füße. So unterliegt also dem ewigen Gesetze Alles was sich findet in den geschaffenen Dingen, sei dies etwas Notwendiges oder etwas Zufälliges. Was aber zum Wesen Gottes gehört, das ist vielmehr das ewige Gesetz selber als daß es ihm unterworfen wäre.
c) I. Der Wille Gottes an und für sich ist Gottes Wesen und somit ist er das ewige Gesetz selber. Was aber der göttliche Wille will mit Rücksicht auf die Kreaturen, das ist dem ewigen Gesetze unterworfen; insoweit davon der leitende Grund die göttliche Weisheit ist. Und mit Rücksicht darauf wird der Wille Gottes als vernünftiger bezeichnet; mit Rücksicht auf sich selbst dagegen ist er vielmehr die göttliche Vernunft selber. II. Der Sohn Gottes ist nicht von Gott gemacht, sondern der Natur und dem Wesen nach von Gott gezeugt. Er ist also vielmehr kraft einer gewissen Zuneigung oder Appropriation das ewige Gesetz (nach Augustin de vera relig. 31.). „Unterworfen dem Vater“ aber wird Er genannt auf Grund der menschlichen Natur, wonach der Vater auch größer ist als Er. III. Ist zu billigen, denn dies betrifft das geschaffene, also verursachte Notwendige. IV. „Manches Notwendige hat eine Ursache für seine Notwendigkeit“ wird 5 Metaph. gesagt. Dieser Umstand also, daß etwas unmöglich anders sich verhalten kann, ist von einer Ursache; und das ist der wirksamste Zügel. Denn insoweit eben unterliegt etwas einem Zügel als es nicht anders sich verhalten kann wie über dasselbe verfügt wird.
