Fünfter Artikel. Der Grund für die Sakramente des Alten Gesetzes.
a) Es giebt keinen zukömmlichen Grund für diese Sakramente. Denn: I. Was zum göttlichen Dienste verwendet wird, muß nicht ähnlich dem Götzendienste sein, nach Deut. 12.: „Nicht ähnlich wirst du verfahren gegenüber deinem Gotte; denn Alles verabscheut Gott, was sie ihren Göttern gegenüber thun.“ Die Götzendiener aber schnitten sich mit Messern, bis Blut floß. So steht nämlich geschrieben 3. Kön. 18.: „Sie schnitten sich mit Messern und spitzen Eisen nach ihrem Ritus, bis Blut floß.“ Und darum gebot der Herr Deut. 14.: „Ihr sollt euch keine Einschnitte machen und nicht das Haar scheren wegen eines Todes; denn du bist ein Volk, das dem Herrn, deinem Gotte geweiht ist. Er hat dich erwählt, damit du Ihm ein ganz besonders zugehöriges Volk seiest von allen Völkern auf Erden.“ Also ist die Beschneidung unzulässigerweise vom Gesetze geboten worden. II. Schnell essen, was Exod. 12. vorgeschrieben ist, gehört nicht zum Würdevollen und Anständigen; was doch der göttliche Kult Gottes sein soll. Aber auch das Andere, was da vorgeschrieben ist, scheint durchaus vernunftlos zu sein. III. Die Sakramente des Alten Gesetzes waren Figuren der Sakramente im Neuen Bunde. Durch das Osterlamm aber wird vorgesinnbildet das Sakrament der Eucharistie, nach 1. Kor. 5.: „Euer Osterlamm, Christus, ist geschlachtet.“ Also mußten auch die Firmung, die letzte Ölung und überhaupt alle anderen Sakramente da ihre Figuren haben; was nicht der Fall zu sein scheint. IV. Eine Reinigung setzt Beschmutzung voraus. Mit Rücksicht auf Gott aber ist nichts Körperliches unrein; denn jedes Körperliche ist eine Kreatur Gottes, und „jede Kreatur Gottes ist gut und nichts ist zu verwerfen, was mit Danksagung genossen wird“ sagt Paulus 1. Tim. 4. Unzulässigerweise wurden also die Juden verunreinigt nach der Berührung mit einem Toten oder mit Ähnlichem. V. Ekkli. 34.: „Wer soll vom Unreinen gereinigt werden?“ Die Asche einer roten Kuh aber war unrein, weil sie verunreinigte; nach Num. 19.: „Der Priester, welcher sie opferte, ward unrein bis zum Abende“ und ebenso jener, der die Asche einsammelte. Also war es grundlos, vorzuschreiben, daß durch das Besprengen mit solcher Asche jene, die unrein geworden waren, rein werden sollten. VI. Die Sünden können nicht wie etwas Körperliches von einem Orte auf den anderen übertragen werden; und auch nicht kann der Mensch durch etwas Unreines von der Sünde gereinigt werden. Unzulässig also war es, daß der Priester über einem Bocke zur Sühnung die Sünden des Volkes bekannte, damit dieser sie in die Wüste trage. Durch einen anderen Bock aber, dessen sie sich zu Reinigungen bedienten und den sie zugleich mit einem Kalbe außerhalb des Lagers verbrannten, wurden sie unrein, so daß sie ihre Kleider und ihren Körper mit Wasser waschen mußten. Das Alles ist grundlos. VII. Was gereinigt ist, bedarf keiner weiteren Reinigung. Nachdem also der Mensch vom Aussatze gereinigt war oder auch dessen Haus, durfte er nicht noch einmal gereinigt zu werden, wie Lev. 14. vorgeschrieben wird. VIII. Geistige Unreinheit kann doch nicht mit Wasser oder mit Scheren der Haare gereinigt werden. Unvernünftigerweise also scheint der Herr Exod. 30. vorzuschreiben: „Mache auch ein ehernes Becken mit einem Fußgestelle dazu zum Waschen und stelle es zwischen das Zelt des Zeugnisses und den Altar. Und mit dem Wasser, das hineingebracht worden, sollen Aaron und seine Söhne, wenn sie in das Zelt gehen, sich die Füße waschen;“ und Num. 8.: „Die Leviten sollen besprengt werden mit dem Wasser der Reinigung und scheren alle Haare ihres Körpers.“ IX. Was höher steht, kann nicht geheiligt werden von dem, was niedriger steht. Unzulässigerweise also ward durch körperliche Salbung und körperliche Opfer und Gaben im Gesetze die Weihe der höheren und niederen Priester vollendet; wie Lev. 8., und ebenso der Leviten, wie Num. 8. berichtet wird. X. 1. Kön. 16. heißt es: „Die Menschen sehen das, was außen erscheint; Gott aber sieht das Herz.“ Unnützerweise also werden für die Priester besondere Kleider bestimmt, nach Exod. 28.; und wurde verboten, jemanden wegen körperlicher Mängel nicht zuzulassen, wie Lev. 21. gesagt wird: „Wenn jemand aus deinem Samen eine Makel hat, der soll nicht seinem Gott Brote aufopfern, wenn er z. B. blind ist oder lahm.“ Auf der anderen Seite heißt es Lev. 20.: „Ich bin der Herr, der ich euch heilige.“ Was aber Gott thut „geschieht mit Weisheit“ nach Ps. 103. Also war in den zur menschlichen Heiligung eingesetzten Sakramenten des Alten Bundes nichts Grundloses.
b) Ich antworte, als „Sakrament“ bezeichne man vorzugsweise Alles das, wodurch einzelne als Verehrer Gottes vermittelst einer gewissen Weihe zum Dienste Gottes in specieller Weise konsekriert werden. Der Kult Gottes aber erstreckte sich in allgemeiner Weise auf das ganze Volk; in besonderer Weise auf die Priester und Leviten. Also sind von diesen Sakramenten einige gemeinsam dem ganzen Volke; und einige nur für die speciellen Diener des Heiligtums. Nach beiden Seiten hin war ein Dreifaches notwendig: 1. Die Aufnahme in den Stand, Gott zu dienen; und diese geschah für alle durch die Beschneidung, ohne welche niemand zu etwas durch das „Gesetz“ Angeordnetem zugelassen wurde; für die Priester und Leviten geschah dies durch die Weihe; — 2. der Gebrauch dessen, was zum göttlichen Kulte gehörte; und so haben wir mit Beziehung auf das ganze Volk das Essen des Osterlammes, wozu nach Exod. 12. jeder zugelassen wurde; mit Beziehung auf die Priester allein das Darbringen von Opfergaben und das Essen der Schaubrote und anderer Dinge, die den Priestern vorbehalten waren; — 3. die Entfernung dessen, wodurch jemand von der Teilnahme am Kulte Gottes ausgeschlossen wurde, nämlich der Verunreinigungen; und so war für das ganze Volk die Einrichtung mancher Reinigungen von äußerlichen Unreinigkeiten und auch die Entsündigungen; für die Priester und Leviten bestanden da die Waschungen der Füße und Hände und das Scheren der Haare. Daß dies Alles höchst vernünftig eingerichtet war, wird die Erwägung des Einzelnen ergeben.
c) I. Der Wortgrund für die Beschneidung war das Bekenntnis des Glaubens an einen Gott. Und weil Abraham zuerst vom Zusammenleben mit den Ungläubigen sich getrennt hat, „herausgehend aus seinem Hause und aus seiner Verwandtschaft;“ deshalb hat er zuerst das Gebot der Beschneidung empfangen, nach Röm. 4, 11.; denn „er hatte gehofft gegen die Hoffnung“ d. h. gegen die Hoffnung der Natur in die von der Gnade kommenden Hoffnung, daß „er Vater zahlreicher Völker werden würde,“ obgleich er ein Greis war und seine Frau Sara unfruchtbar. Dies wurde ihm „zur Gerechtigkeit angerechnet“, nämlich zu der des Glaubens. Und damit die Nachahmung dieses Glaubens in den Nachkommen Abrahams, im Volke der Juden, gekräftigt und gefestigt würde, erhielten die Juden das Zeichen der Beschneidung: „Dies wird mein Bund sein in euerem Fleische in Ewigkeit.“ Gen. 17. Dieselbe geschah am achten Tage, weil vorher der Knabe im höchsten Grade noch zart war und somit aus dem Einschnitte mit dem Messer schwer verletzt werden konnte; aus welchem Grunde ja selbst kein Tier aufgeopfert wurde, ehe es acht Tage alt war, damit ihm nutzlose Qual erspart bliebe. Und es ward nicht länger gezögert, damit nicht manche aus Furcht vor dem Schmerze die Beschneidung verweigerten und die Eltern, deren Liebe zu den Kindern mit deren Wachstum wächst wegen des häufigen Verkehrs mit ihnen, sie nicht der Beschneidung entzögen. Der zweite weniger ins Gewicht fallende Grund konnte sein die Schwächung der Begierlichkeit in jenem Gliede. Der dritte Grund war der Protest gegen die Opfer, die dem Priapus und der Venus dargebracht wurden, wo man jenes Glied ehrte. Der Herr verbot aber nur das Einschneiden, was mit der Götzendienerei verbunden war, mit dem die Beschneidung keine Ähnlichkeit hatte. Der figürliche Grund bestand in der Entfernung der Verdorbenheit, die durch Christum vollbracht werden sollte; sie wird vollendet sein im achten Tage oder Zeitalter, dem Zeitalter der Auferstehung. Und weil alle Verdorbenheit der Sünde und Strafe in uns herkommt von der Erbsünde, also vom Ursprünge dem Fleische nach; deshalb geschah die Beschneidung am Gliede der Zeugung, so daß der Apostel sagt Koloss. 2.: „Beschnitten seid ihr in Christo, nicht mit der Hand, zur Beraubung des fleischlichen Körpers, sondern in der Beschneidung unseres Herrn Jesu Christi.“ II. Das Essen des Osterlammes geschah dem Wortsinne nach zur Erinnerung an die Wohlthat der Befreiung vom ägyptischen Joche; und das Volk bekannte damit, dem Herrn zuzugehören, durch dessen mächtige Hand es aus Ägypten befreit worden. Sie sollten die Schwellen ihrer Häuser mit dem Blute des Lammes bestreichen und dadurch bekennen, sie wollten sich trennen von den religiösen Riten der Ägypter, welche den Widder verehrten, so daß sie durch das Blut des Lammes auch befreit worden sind von der Tötung der Erstgeburt in Mensch und Vieh, die den Ägyptern angedroht war. In jenem Auszuge aus Ägypten sind zweierlei zu berücksichtigen: 1. Die Eile beim Ausgehen; „denn die Ägypter trieben sie an, schnell zu gehen“ und die Gefahr drohte, wenn man nicht mit der ganzen Schar fortzog, daß man zurückbleibend getötet würde. Deshalb aßen sie Ungesäuertes, denn „weil die Ägypter zwangen, hinauszugehen, konnten die Kinder Israels die Säuerung nicht abwarten;“ und ebenso aßen sie am Feuer Gebratenes, weil es so schneller gar wurde; und sie „zerbrachen die Gebeine nicht,“ denn es gab keine Zeit dafür. Es wurde 2. die Eile offenbar aus der Art und Weise zu essen; denn „euere Lenden sollt ihr gürten, die Schuhe sollen an eueren Füßen sein, den Stock sollt ihr in der Hand haben und eilig sollt ihr essen.“ Dazu gehört auch, daß sie „in ein und demselben Hause zusammen essen sollten und vom Fleische nichts auswärts forttragen;“ denn sich Geschenke zu schicken, erlaubte die Zeit nicht. Die Bitterkeit der ägyptischen Knechtschaft aber ward ausgedrückt durch „den Feldlattich, wovon sie essen sollten“. „Figürlich“ deutete das Opfern des Osterlammes hin auf das Opfer Christi, wie Paulus sagt (1. Kor. 5.): „Unser Pascha, Osterlamm, ist Christus.“ Das Bestreichen der Schwellen mit dem Blute des Osterlammes ist der Glaube an das Leiden Christi in den Herzen und im Munde der Gläubigen, nach Petrus 1.: „Erlöst seid ihr durch das kostbare Blut des fleckenlosen Lammes.“ Jenes Fleisch wurde gegessen als Figur des Genusses der heiligen Eucharistie. Am Feuer war es gekocht, um die Liebe Christi anzuzeigen in seinem Leiden. Die ungesäuerten Brote deuteten hin auf die reine Lebensweise jener, die an Christi Mahl teilnehmen: „Laßt uns speisen in den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit.“ 1. Kor. 5. Wildes Kraut oder Feldlattich war damit verbunden wegen der Reue der Sünden, die jene haben müssen, welche den Leib Christi nehmen. Die Lenden sind umgürtet zum Zeichen der Keuschheit. Die Schuhe sind die Beispiele der verstorbenen Väter. Der Stock in den Händen bedeutet die Sorgfalt der Hirten; das eine Haus die eine Kirche Christi; denn nicht soll man kommunizieren in den Winkelzusammenkünften der Häretiker. III. Der Beschneidung entspricht die Taufe, die da ist das Sakrament des Glaubens; wie Paulus sagt (Koloss. 2.): „Ihr seid beschnitten in der Beschneidung unseres Herrn Jesu Christi; mitbegraben mit Ihm in der Taufe.“ Dem Essen des Osterlammes entspricht die heilige Eucharistie. Allen Reinigungen im Gesetze entspricht im Neuen Bunde das Bußsakrament. Dem Sakramente der Firmung kann im Alten Bunde nichts entsprechen; denn es war noch nicht die Fülle der Zeiten gekommen; „nichts hat das Gesetz zur Vollendung geführt“ (Hebr. 7.); die Firmung aber giebt Vollendung dem Getauften. Ebenso kann der letzten Ölung nichts entsprechen; denn dieselbe ist die letzte Vorbereitung zum Eintritte in die Herrlichkeit, zu welcher der Zutritt im Alten Testamente noch nicht offen war, weil der Preis noch nicht gezahlt worden. Die Ehe diente im Alten Testamente ihrem natürlichen Zwecke; war aber nicht das Sakrament der Verbindung Christi mit der Kirche, welche noch nicht bestand, so daß im Alten Bunde ein Absagebrief gegeben wurde, was gegen den Charakter des Sakramentes ist. IV. Die Reinigungen dienten der Entfernung von Hindernissen an der Teilnahme am göttlichen Kult. Dieser ist ein doppelter: ein geistiger, welcher in der Erhebung des Geistes zu Gott besteht; — und ein körperlicher, der in Opfern, Darbringungen u. dgl. besteht. Nun werden die Menschen im geistigen Kulte gehindert durch die Sünden, wie durch Götzendienerei und Menschenmord, Ehebruch und Blutschande. Davon wurden sie nun gereinigt durch einige Opfer, die man entweder für die ganze Menge gemeinsam darbrachte oder für die Sünden einzelner. Diese Opfer hatten in sich selber nicht die geringste Sühnekraft; aber sie deuteten hin auf die Aussühnung der Sünden durch Christum, an dem die Alten teilhatten durch das Bekenntnis des Glaubens vermittelst der Figuren in den Opfern. Vom äußerlichen Kulte wurden sie abgehalten durch einige äußerliche Verunreinigungen, die an erster Stelle als in den Menschen befindlich berücksichtigt wurden; und sodann als den Tieren oder den Häusern, Kleidern, Gefäßen anhaftend. In den Menschen kamen die Verunreinigungen entweder von Menschen selber oder von der Berührung unreiner Gegenstände. In den Menschen ward als unrein angesehen Alles, was eine gewisse Verdorbenheit in sich hat oder dem Verderbtwerden ausgesetzt war. Und da nun der Tod ein Verdorbensein ist, so wurde der menschliche Leichnam als etwas Unreines betrachtet. Ebenso weil der Aussatz kommt von verdorbenen Säften, die nach außen hin ausbrechen und andere anstecken, waren unrein die Aussätzigen. Desgleichen werden Frauen, die ein Abfließen des Blutes erleiden, sei es aus Krankheit sei es infolge der Natur oder zur monatlichen Zeit oder auch zur Zeit der Empfängnisse; — und aus demselben Grunde Männer, welche ein Abfließen des Samens erleiden, sei es aus Krankheit oder aus Schwäche oder infolge nächtlicher Befleckung oder auch infolge geschlechtlichen Zusammenlebens, für unrein erachtet. Denn die ganze Feuchtigkeit, welche in den vorgenannten Weisen vom Menschen ausgeht, ist von einer gewissen unreinen Ansteckung begleitet. Dann wohnte dem Menschen Unreinigkeit inne infolge der Berührung unreiner Dinge. Der Wortgrund solcher Unreinheit ist die Achtung vor dem göttlichen Kulte; sowohl weil die Menschen kostbare Dinge nicht zu berühren pflegen, während sie selbst beschmutzt sind; als auch damit sie, wenn sie nicht so häufig zum Heiligen herantreten, vor selbem höhere Ehrfurcht hätten. Denn da dergleichen Unreinheiten selten jemand vermeiden kann, durften sie auch selten das Gott Geweihte berühren; und traten sie nun zu selbem thatsächlich heran, so waren sie von größerer Ehrfurcht erfüllt und fühlten mehr ihre Unwürdigkeit. Bei manchen war der Wortgrund auch der, daß die Menschen nicht sich davor fürchten sollten, zum Dienste des Kultes heranzutreten, aus Scheu vor der Gesellschaft der Aussätzigen und ähnlicher Kranken, deren Krankheit an sich entsetzlich war und ansteckend, wenn diese ebenfalls gekommen wären. Bei Anderem bestand der Wortgrund darin, daß die Götzendienerei vermieden werden sollte; denn die Heiden bedienten sich in ihren Opfern manchmal des Blutes und des Samens. Jedoch wurden diese Unreinigkeiten insgesamt entfernt entweder durch bloßes Besprengen oder Waschen mit Wasser oder bei größeren durch ein Opfer zur Sühne jener Sünde, woher solche Schwächen kamen. „Figürlich“ bezeichneten“ diese Unreinheiten verschiedene Sünden. Denn die Unreinheit des Leichnams drückt aus die Unreinheit der schweren Sünde als des Todes der Seele. Der Aussatz bezeichnet die falsche Lehre; sowohl weil die falsche Lehre ansteckend ist, als auch weil „keine falsche Lehre besteht, die nicht Wahres mit Falschem vermischte“ (Aug. 3. Qu. Evang. 40.); wie ja auch an der Haut des Aussätzigen Flecken sich unterscheiden vom gesunden Fleische. Durch die Unreinheit der blutflüssigen Frau wird dargestellt die Unreinheit der Götzendienerei wegen des Blutes, was geopfert wird. Der Samenfluß des Mannes deutet hin auf die Unreinheit der eitlen Rede; denn „der Same ist das Wort Gottes.“ Das geschlechtliche Zusammenleben ist die Figur für die Unreinheit der Erbsünde; und der monatliche Fluß des Weibes die Unreinheit des durch Wollust schlaff gewordenen Geistes. Im allgemeinen ist dann die Unreinheit, welche aus der Berührung unreiner Gegenstände kommt, die Unreinheit des Zustimmens zur Sünde des anderen, wie Paulus (2. Kor. 6.) sagt: „Geht heraus aus ihrer Mitte, trennt euch von ihnen, das Unreine berühret nicht.“ Dergleichen Unreinigkeit des Berührens leitete sich nun zugleich ab in die leblosen Dinge. Denn was der Unreine berührte, das ward unrein. Darin beugte das Gesetz dem Aberglauben der Heiden vor, die da meinten, nicht nur die Berührung mit Unreinem habe Unreinheit zur Folge, sondern auch das Anschauen desselben oder das Wort, wie Rabbi Moses (3. dux errant. 48.) sagt von der Frau im monatlichen Flusse. Dadurch wurde mystisch ausgedrückt, was Sap. 14. gesagt wird: „Gott sind gleich verhaßt der Gottlose und seine Gottlosigkeit.“ Dabei aber gab es noch Unreinigkeiten in leblosen Dingen, soweit diese in sich selbst betrachtet wurden; wie die Unreinheit des Aussatzes sich fand im Hause und in den Kleidern. Denn wie die Krankheit des Aussatzes bei den Menschen sich trifft infolge eines verdorbenen Saftes, der das Fleisch verdirbt und faulig macht; so geschieht es infolge irgend eines Verderbtseins und infolge eines Übermaßes in Feuchtigkeit oder Trockenheit, daß in den Steinen eines Hauses, in Kleidern ein Verderbtsein sich findet. Dieses Verderbtsein nannte das Gesetz ebenfalls, auf Grund der Ähnlichkeit, „Aussatz“ und danach wurde ein derartiges Haus oder Kleid sür unrein erachtet; sei es weil alle Verderbnis zur Unreinheit Beziehung hat, sei es daß die Heiden wegen solcher Verderbnisse ihre Hausgötter verehrten. Deshalb gebot das Gesetz, ein solches Haus, worin das betreffende Verderbtsein andauere, solle zerstört, ein solches Kleid verbrannt werden; damit ja der Götzendienerei jede Gelegenheit genommen sei. Auch eine Unreinheit betreffs der Gefäße bestand, nach Num. 19.: „Ein Gefäß, welches keinen Deckel hat und oben nicht zugebunden ist, soll unrein sein.“ Der Grund davon ist: in ein solches Gefäß konnte leicht etwas Unreines hineinfallen. Zudem mußte auch hier der Götzendienerei gesteuert werden. Denn die Götzendiener glaubten, daß, wenn Mäuse, Würmer u. dgl., was sie ihren Götzen opferten, in die Gefäße hineinfielen oder in das Wasser, sie selber den Götzen angenehmer wären. Und ebenso ließen Zauberinnen oft Gefäße offen zum Dienste der nächtlichen Gottheiten, die sie „Janas“ nannten. „Figürlich“ bedeutet der Aussatz eines Hauses die Unreinheit der Versammlungen der Ketzer; der in einem leinenen Kleide die Verkehrtheit der Sitten, die von der Bitterkeit des Geistes kommt; der in einem wollenen Kleide die Verkehrtheit der Schmeichler; der an Aufzug die geistigen Sünden; der an Einschlag die fleischlichen Sünden; denn wie der Aufzug ist im Einschlage, so ist die Seele im Körper. Das unbedeckte, offene Gefäß bedeutet den Menschen, welcher nicht die Hülle der Schweigsamkeit besitzt und wer unter keinerlei Leitung sich findet. V. Die Unreinheit am Geiste oder am Körper war nach dem Gesetze bedeutender wie die aus Berührung mit etwas Unreinem. Die erstere mußte durch ein Sündopfer gesühnt werden; denn jedes Verderbtsein kommt von der Sünde und bezeichnet die Sünde. Die zweite wurde entfernt durch bloßes Besprengen mit Wasser. Über dieses Wasser der Reinigung berichtet Num. 19. Denn da wird geboten, man solle eine rote Kuh nehmen zur Erinnerung an die Sünde der Anbetung des Kalbes. Eine Kuh wird erwähnt und nicht ein Kalb, weil der Herr die Synagoge so zu bezeichnen pflegte; z. B. bei Osee 4.: „Wie eine lüsterne Kuh ist Israel abgewichen vom Wege.“ Und das geschah vielleicht deshalb, weil sie Kühe nach Weise der Ägypter verehrten, nach Osee 10.: „Die Kühe Bethavens verehrten sie.“ Auf Grund des Abscheues vor der Götzendienerei nun wurde diese Kuh außerhalb der Stadt oder des Lagers getötet; und wo auch immer das Opfer geschah für die Entsündigung der Menge, wurde sie ganz und gar verbrannt. Damit nun diese Entsündigung bezeichnet werde, tauchte der Priester den Finger in das Blut und sprengte davon gegen die Thore des Heiligtums hin sieben Male, weil die Siebenzahl das All der Dinge ausdrückt. Dieses Besprengen ward eingegeben durch den Abscheu vor der Götzendienerei, wo das Blut nicht vergossen und zerstreut, sondern gesammelt wurde; und vom Blute und um dasselbe herum aßen die Menschen zu Ehren ihrer Götzen. „Im Feuer wurde die Kuh verbrannt“; entweder weil Gott dem Moses im Feuer erschienen war oder weil damit bezeichnet werden sollte, der Götzendienst müsse ganz abgeschafft werden, wie „die Kuh verbrannt wurde mit Fell und Fleisch,“ ganz und gar. Es wurde im Verbrennen hinzugefügt „Cedernholz, Hyssop und doppeltgefärbter Scharlach“; damit ausgedrückt werde, daß, wie das Cedernholz nicht leicht fault, der doppelgefärbte Scharlach nicht seine Farbe verliert, und der Hyssop nicht seinen Geruch, mag er auch trocken geworden sein, so auch dieses Opfer dienen sollte zur Erhaltung und Bewahrung des ganzen Volkes, seiner Andacht und seiner Ehrbarkeit. Deshalb wird von der Asche der Kuh gesagt, „sie sei für die Menge der Kinder Israels eine Vehütung.“ Nach Josephus (7. autiq. 8, 9, 10.) waren damit die vier Elemente ausgedrückt: Cedernholz wurde zum Feuer hinzugefügt, weil es wegen seiner mehr erdenen Substanz die Erde bezeichne; Hyssop, weil er wegen seines Geruches die Luft bedeute; doppeltgefärbter Scharlach, weil er wie der Purpur das Wasser bezeichnet, kommen doch alle Tinkturen vom Wasser; so wurde dieses Opfer dem Schöpfer der vier Elemente dargebracht. Und da das besagte Opfer als Abscheu vor der Götzendienerei dargebracht wurde, deshalb „wurden unrein der Verbrennende, der die Asche Sammelnde, und jener, der mit dem Wasser, worin die Asche geschüttet wurde, Besprengte.“ Denn was auch immer mit der Götzendienerei Berührung hatte, das ward als unrein betrachtet. Von dieser Unreinheit aber ward man gereinigt durch bloßes Waschen der Kleider; man durfte nicht deshalb einmal mit Wasser besprengt werden, damit kein Vorgehen bis ins Endlose hervortrete. Denn jener, der mit diesem Wasser besprengte, wurde unrein; und so wäre er, hätte er sich selbst besprengt, unrein auch geblieben; hätte ihn ein anderer besprengt, so wäre dieser unrein geworden und so endlos weiter. „Figürlich“ drückt die rote Kuh Christum aus nach der von Ihm angenommenen Schwäche des Fleisches, worauf das weibliche Geschlecht zeigt. Das Blut des bitteren Leidens wird von der Farbe angedeutet. „Die rote Kuh war aber im Alter der Vollendung;“ denn jede Thätigkeit Christi ist eine vollendete. „Keine Makel war in ihr; sie hatte noch kein Joch getragen;“ denn Christus war fleckenlos und trug nie das Joch der Sünde. „Sie wurde,“ nach dem Gesetze, „zu Moses geführt;“ denn sie rechneten Christo als Übertretung des Mosaischen Gesetzes die Verletzung des Sabbaths an. „Sie muß in die Hände des Priesters Eleazar geliefert werden;“ denn Christus wurde in die Hände der Priester überliefert, als Er getötet werden sollte. „Außerhalb des Lagers wird sie geopfert;“ denn „außerhalb des Lagers,“ der Thore der Stadt, „hat Christus gelitten.“ „Der Priester taucht ein den Finger in ihr Blut;“ denn mit wohl unterscheidendem Gefühle, wie dies der Finger bedeutet, soll das Leiden Christi betrachtet und nachgeahmt werden. „Es wird davon gesprengt gegen das heilige Zelt hin;“ wodurch die Synagoge bezeichnet wird, entweder weil die Juden verworfen oder weil die Gläubigen gereinigt werden. Und zwar „sieben Male“, wegen der sieben Gaben des heiligen Geistes oder wegen der sieben Tage der Woche, die alle Zeit umschließen. Alles, was auf Christi Menschwerdung sich erstreckt, „ist mit Feuer zu verbrennen,“ nämlich geistig zu verstehen. Denn das „Fell und Fleisch“ drückt aus die äußere Thätigkeit Christi, das „Blut“ die innere belebende Kraft, der „Unrat“ die Trübsal und Mühseligkeiten. „Cedernholz“ .wird beigefügt, nämlich die Höhe der Hoffnung oder Beschauung; „Hyssop“, nämlich Glaube und Demut; „doppeltgefärbter Scharlach“, nämlich die Gottes- und Nächstenliebe; denn vermittelst dessen sollen wir Christo anhängen. Diese Asche wird gesammelt „von einem reinen Manne;“ denn die Folgen, die Überreste des bitteren Leidens gelangten zu den Heiden, die nicht Schuld trugen am Tode Christi. „Die Asche wird in das Wasser geworfen zur Entsündigung;“ denn aus Christi Leiden kommt die Kraft, sich von Sünden zu reinigen. „Der Priester, der opferte und die Kuh verbrannte; sowie jener, der die Asche sammelte und vom Wasser Besprengte, wurden unrein;“ denn die Juden wurden unrein infolge der Tötung Christi, wodurch wir gereinigt werden und zwar „bis zum Abende“, denn am Ende der Welt „werden die Reste Israels heil werden;“ oder weil jene, die das Heilige behandeln und andere reinigen, selbst etwas Unreinigkeit in sich ansammeln, wie Gregor der Große sagt, (pastor. p. 2. c. 5.) und zwar „bis zum Abende“ d. h. bis zum Ende dieses gegenwärtigen Lebens. VI. Es wurden besondere Opfer dargebracht für die Sünden der einzelnen. Weil aber manche nachlässig waren in der Sühnung solcher Sünden und Unreinigkeiten oder auch weil sie aus Unwissenheit von solcher Sühnung Abstand nahmen; deshalb ward festgestellt, daß einmal im Jahre, am zehnten Tage des siebenten Monats, das Sühnungsopfer stattfinde für das ganze Volk. Und weil, wie Paulus sagt (Hebr. 7.), „das Gesetz zu Priestern gemacht hat solche, die Schwächen haben,“ war es notwendig, „daß der Priester zuerst für sich selber darbrächte und dann für das Volk.“ Der Priester brachte nun ein Kalb dar als Erinnerung an jene Sünde, die Aaron begangen, als er das goldene Kalb zusammengoß; sodann einen Widder als Brandopfer, wodurch auf die Vorsteherschaft des Priesters hingewiesen wird; denn der Widder ist der Führer der Herde. Für das Volk brachte der Priester dar zwei Böcke, von denen der eine bestimmt war zur Sühnung der Sünden der Menge. Denn der Bock ist ein übelriechendes Tier und von seinen Haaren werden Kleider angefertigt, die stechen; wodurch bezeichnet wird der üble Geruch der Sünde und die Stacheln der Sünde. „Das Blut dieses geopferten Bockes aber wurde zugleich mit dem Blute des Kalbes in das Allerheiligste hineingebracht und mit ihm das ganze Heiligtum besprengt;“ zur Bezeichnung, daß das heilige Zelt gereinigt wurde von den Unreinheiten der Kinder Israels. „Der Körper aber des einen Bockes und der des Kalbes, die aufgeopfert wurden für die Sünde, mußte verbrannt werden,“ damit gezeigt würde das Ende der Sünde. Da nun auf dem Altare nur die Brandopfer ganz und gar verbrannt wurden, war geboten, daß dieser Körper „außerhalb der Thore vom Feuer verzehrt werde“ aus Abscheu vor der Sünde. „Der andere Bock aber wurde in die Wüste hinausgetrieben,“ nicht als ob er den Dämonen geopfert würde, welche die Heiden in der Wüste verehrten, sondern um auszudrücken die Wirkung jenes Opfers. Und deshalb „legte der Priester die Hand auf seinen Kopf, bekennend die Sünden Israels;“ als ob dieser Bock sie in die Wüste tragen sollte, um da von wilden Bestien aufgefressen zu werden und so die Strafe zu erdulden für die Sünden des Volkes. „Er trug die Sünden des Volkes, “ heißt es; entweder weil in seiner Hinaustreibung bezeichnet ward der Nachlaß der Sünden des Volkes oder weil auf seinem Kopfe ein Zettel angebunden war, auf dem die Sünden verzeichnet waren. „Figürlich“ wird Christus bezeichnet durch das Kalb wegen seiner Tugend; durch den Widder, weil Er der Führer der Gläubigen ist; durch, den Bock wegen „der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde.“ Christus ist aufgeopfert worden wegen der Sünden des Volkes und der Priester; denn Große und Kleine werden durch sein Leiden gereinigt. „Das Blut des Kalbes und des Bockes wird in das Allerheiligste gebracht durch den Hohenpriester,“ weil durch das Blut Christi uns der Zutritt freisteht zum Himmel. „Außerhalb der Thore werden ihre Körper verbrannt;“ denn „außerhalb der Thore Jerusalems hat Christus gelitten.“ Durch den Bock wird bezeichnet entweder die Gottheit Christi, die in die Wüste abging, da Christus als Mensch litt; nicht freilich daß sie den Ort geändert hätte, aber sie gab die Kraft zum bitteren Leiden; — oder es wird damit die böse Begierlichkeit bezeichnet, welche wir von uns entfernen müssen und die tugendhaften Regungen Gott aufopfern. Wegen der Unreinigkeit; cf. ad V. VII. Durch den Ritus des Gesetzes wurde der Aussätzige nicht gereinigt, sondern als gereinigt gezeigt und hingestellt. Das sagt Lev. 14.: „Wenn der Aussatz gereinigt ist, soll der Priester dem gereinigten darüber vorschreiben.“ Das Urteil des Priesters gab ihn dem menschlichen Verkehr zurück und dem göttlichen Kulte. Es traf sich jedoch manchmal, daß durch ein Wunder vermittelst des Ritus im Gesetze der körperliche Aussatz auch wirklich gereinigt wurde, falls der Priester sich täuschte. Eine derartige Reinigung geschah also 1. dadurch daß der Aussätzige als rein durch das Urteil erklärt wurde; und 2. daß man ihn dem menschlichen Verkehre und dem Kulte zurückgab, nämlich nach sieben Tagen. In der ersten Reinigung opferte der Aussätzige „zwei lebendige Sperlinge, Cedernholz und Hyssop“ in der Weise, daß mit einem roten Wollfaden der Sperling und der Hyssop zugleich mit dem Cedernholz zusammengebunden wurden; und so diente das Holz wie die Handhabe, um zu besprengen; der Hyssop aber und der Sperling wurden eingetaucht in das Blut des anderen Sperlings, den man in frischem Quellwasser geopfert hatte. Diese vier Dinge waren gemäß den vier Mängeln im Aussatze. Denn gegen das Fauligwerden wurde dargebracht das Cedernholz, wel dies nicht fault; gegen den üblen Geruch der Hyssop, ein wohlriechendes Kraut; gegen die Empfindungslosigkeit ein lebendiger Sperling; gegen die schmutzige Farbe die rote Wolle. Den lebendigen Sperling ließ man fliegen, weil der Kranke wieder die Freiheit erlangte. Am achten Tage nun wurde er dem menschlichen Verkehr und dem göttlichen Kult zurück gegeben. Jedoch wurden zuerst alle Haare seines Körpers geschoren und die Kleider gewaschen; denn der Aussatz zerfrißt die Haare, macht schmutzig und übelriechend die Kleider. Nachher wurde ein Sündopfer dargebracht, weil der Aussatz zumeist wegen der Sünde kam. Mit dem Blute des Opfers wurde benetzt der äußerste Teil des Ohres und die Daumen des rechten Fußes und der rechten Hand des zu reinigenden; denn in diesen Teilen wird zuerst erkannt und unterschieden, ob jemand den Aussatz hat. Drei Flüssigkeiten wurden dabei angewandt: Blut gegen das Verderbtsein des Blutes; Öl zur Bezeichnung, daß der Aussatz nun geheilt ist; frisches Quellwasser, um vom Schmutze zu reinigen. „Figürlich“ bezeichnen die zwei Sperlinge die Gottheit und Menschheit Christi; von denen die Menschheit „geopfert wird in zerbrechlichen Gefäßen über lebendigen Wassern,“ denn durch das Leiden Christi wurden die Wasser der Taufe geweiht. — Die Gottheit aber „bleibt lebendig“; „sie flog fort“, denn keinem Leiden ist sie zugänglich. Dieser Sperling nun zugleich mit Cedernholz, Hyssop und scharlachroter Wolle, d. h. mit Glaube, Hoffnung und Liebe, „wird ins Wasser getaucht, um zu besprengen“, weil im Glauben an Gott und den Menschen Christus wir getauft werden. Der Mensch aber wäscht seine Kleider, d. h. seine Werke im Wasser der Taufe und der Thränen und alle „Haare“ d. h. alle Gedanken „schert er“. „Mit Blut und Öl wird der äußerste Teil des Ohres benetzt“, um sein Gehör zu kräftigen gegen verderbende Worte; „die Daumen der rechten Hand und des rechten Fußes werden benetzt“, damit sein Wirken heilig sei. Die anderen Ceremonien sind bereits ausgelegt. VIII. und IX. Wie das ganze Volk durch die Beschneidung, so ward der Diener des Heiligtums durch eine besondere Art und Weise zum Dienste Gottes befähigt. Die Diener des Heiligtums sollten nämlich allen vorangehen in Reinigkeit des Lebens, in Tugendkraft und in Würde. Zuerst wurden sie gereinigt; dann geweiht; und endlich dem Dienste überwiesen. Die Reinigung geschah, wie sonst auch, durch Waschen mit Wasser und durch einige Opfer; — die Leviten nur „scherten alle Haare ihres Fleisches ab,“ nach Lev. 8. und Num. 8. Bei der Weihe wurden die Oberpriester und Priester zuerst mit den ihrer Würde entsprechenden Gewändern bekleidet. Der Hohepriester im besonderen wurde am Kopfe gesalbt; weil von ihm die Vollmacht ausfloß, andere zu weihen, wie das Öl vom Haupte zu den niedrigeren Gliedern fließt. (Ps. 132, 2.) Die Leviten wurden dem Herrn nur dargebracht durch die Hände des Hohenpriesters ohne weitere Weihe. Bei den niedrigeren Priestern wurden einzig die Hände geweiht, die dem Opfern dienten. „Mit dem Blute des Opfertieres wurden benetzt der äußerste Teil des rechten Ohres und die Daumen am rechten Fuße und an der rechten Hand,“ daß sie gehorsam seien den Worten des Gesetzes beim Opfern; und daß sie bereitwillig und eifrig seien, wenn sie zum heiligen Dienste zugelassen werden. Sie und ihre Kleider wurden besprengt mit dem Blute des Opfertieres in Erinnerung an das Lammesblut, wodurch sie aus Ägypten befreit worden waren. Sodann wurde bei ihrer Weihe dargebracht ein Kalb für die Sünde, zur Erinnerung an den Nachlaß der Sünde Aarons; — ein Widder als Brandopfer, zur Erinnerung an den Gehorsam Abrahams; — noch ein Widder gleichsam als Weih- und Friedopfer, zur Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten durch das Blut des Lammes; — ein Korb Brote zur Erinnerung an das Manna. Zur Überweisung in ihren besonderen Dienst gehörte es jedoch, daß auf ihre Hände gelegt wurden Fett vom Widder, ein Stück Brot, ein rechtes Lendenstück; denn sie erhielten die Vollmacht, dies Alles darzubringen. Die Leviten wurden in ihren Dienst überwiesen dadurch, daß sie in das heilige Zelt eingeführt wurden, um bei den Gefäßen des Heiligtums ihre Dienste zu thun. „Figürlich“ ward dadurch ausgedrückt, daß jene, die zum geistigen Dienste Christi zuzulassen sind, zuerst durch das Taufwasser gereinigt werden müssen; „scheren müssen sie dann die Haare ihres Fleisches,“ nämlich alle böse Gedanken; und mit Tugenden sich schmücken, um kraft des Öles des heiligen Geistes und der Besprengung mit dem Blute Christi nun Christo geweiht zu sein und geistige Dienste zu leisten. X. Es mußte 1. Alles vom göttlichen Kulte ausgeschlossen werden, was verächtlich war; und 2. Alles hinzugefügt werden, was die Ehrfurcht vor Gott vermehren konnte. Das war nun in .besonders hohem Grade bei den Dienern selber des Heiligtums zu beobachten. Deshalb sollten sie keine körperlichen Makel haben, damit sie nicht dem Volke verächtlich würden; und ein eigener Stamm wie ebenso ein eigenes Geschlecht sollte die Leviten und Priester ergänzen, damit sie so ihr Geschlecht von alters her ableiten könnten und gewissermaßen dadurch einen Adel erhielten. Damit sie aber geehrt würden, ward eine eigene Kleidung für sie bestimmt. Der Hohepriester hatte acht Schmuckgewänder: 1. den leinenen Leibrock; 2. ein Oberkleid aus dunkelblauem Byssus; mit Glöckchen unten am äußersten Saume und Granatäpfeln aus Byssusfäden in den vier Farben des Heiligtums; 3. das Schulterkleid, welches die Schultern bedeckte und vorn herab bis zum Gürtel, der aus Gold-, Hyacinth-, Purpur- und Scharlachfäden in feinstem Byssus gewebt war; auf den Schultern waren zwei Onyxsteine, in die eingraviert waren die Namen der Stämme Israels; 4. das Brustschild, ein in Stoff und Arbeit dem Schulterkleide gleiches viereckiges Blatt; es wurde vor der Brust getragen und war mit dem Schulterkleide verbunden; in ihm waren zwölf Edelsteine in vier Reihen, in welchen eingraviert waren die Namen der Stämme Israels. Dadurch daß er diese auch auf der Schulter trug, eingraviert in die Onyxsteine, wurde bezeichnet, er solle gleichsam die Last des ganzen Volkes tragen; und daß er sie vor sich hatte im Brustschilde wurde er erinnert, er solle sie im Herzen haben und beständig an ihr Heil denken. Dieses Brustschild trug auch die Worte „Lehre und Wahrheit,“ weil Manches, was auf die Wahrheit der Gerechtigkeit und Lehre sich bezog, da aufgeschrieben war. Was aber die Juden sagen, auf jenem Brustschilde sei ein Stein gewesen, der in verschiedenen Farben schillerte, je nachdem dem Volke Gutes oder Böses begegnen sollte, das ist Fabel. 5. Der Gürtel in den vier genannten Farben. 6. Die Tiara oder Mitra aus Byssus. 7. Der Kopfbund mit einem Goldblättchen, worauf der Name des Herrn geschrieben war. 8. Das Hüftkleid. Das Leinenkleid, das Hüftkleid, den Gürtel und die Tiara hatten auch die übrigen niederen Priester. In diesen Gewändern war nach Sap. 18. beschrieben der Erdkreis, so daß der Hohepriester sich feierlich damit bekannte als den Diener des Weltschöpfers. Das leinene Hüftkleid stellte die Erde dar, woraus das Leinen kommt. Der Gürtel, der sich um den Leib schlingt, sinnbildet den Ocean, der die Erde umschlingt. Das hyäcinthblaue Oberkleid stellte dar die Luft kraft seiner Farbe. Die Glöckchen bedeuteten den Donner; die glänzenden Granatäpfel den Blitz; das Schulterkleid in seiner mannigfachen Zusammensetzung den Sternenhimmel; die zwei Onyxsteine die zwei Hemisphären oder die Sonne und den Mond; die zwölf Edelsteine die zwölf Bilder im Zodiacus; und sie sind im Brustschilde, der „rationale“ genannt wurde, weil im Himmlischen da droben die Gründe sind für das Irdische, wie bei Job gesagt wird: „Kennst du denn die Ordnung da oben am Himmel und wirst etwa du danach die Gründe bestimmen von dem, was auf Erden geschieht?“ Die Tiara ist der Feuerhimmel; das Goldblättchen versinnbildet den allgewaltigen Gott. „Figürlich“ bezeichnen die Makel am Körper die verschiedenen Sünden. Der Priester soll nicht blind sein, d. h. unwissend; nicht lahm, d. h. unbeständig, immer schwankend; nicht von zu kleiner, zu großer oder schiefer Nase, d. h. er soll unterscheiden können, daß er nicht in irgend einem Sinne das richtige Maß überschreite oder gar Schlechtes thue, denn die Nase, welche die Gerüche unterscheidet, ist das Bild der Unterscheidungsgabe. Er soll keinen gebrochenen Fuß und keine solche Hand haben, d. h. er soll immer mit Kraft fortschreiten im guten Handeln. Er soll keinen Buckel haben, also nicht übermäßig das Irdische lieben; seine Augen sollen nicht triefen, was von ungeregelten Feuchtigkeiten kommt, d. h. seine fleischliche Hinneigung soll nicht den regelnden Geist überwuchern. Er soll keine weiße Haut am Auge haben, d. h. nicht stolz sein auf seine Gerechtigkeit u. s. w. Von den allen Priestern gemeinsamen Schmuckgewändern bezeichnet das Hüftkleid die Keuschheit, das leinene Unterkleid die Reinheit des Lebens, der Gürtel das weise Maßhalten, die Tiara, welche das Haupt schützt, die gute gerade Meinung. Dazu muß der Hohepriester haben: das beständige Andenken an Gott in der Beschauung, was das Goldblättchen ausdrückt; die Geduld mit den Schwächen des Volkes, bezeichnet im Schulterkleide; die Liebe zum Volke, dargestellt durch das Brustschild; himmlische Vollkommenheit im Wirken, gesinnbildet durch das himmelblaue Oberkleid. Goldene Glöckchen sind unten am Oberkleide, denn er muß das Göttliche lehren; und Granatapfel, welche bezeichnen die Einheit des Glaubens und die Eintracht in den guten Sitten; denn so muß sein Thun seiner Lehre entsprechen, daß durch diese nicht die Einheit des Glaubens und des Friedens gebrochen werde.
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