Vierter Artikel. Gründe für die Ceremonien, die sich auf die Heiligtümer oder heiligen Dinge beziehen.
a) Dafür können keine Gründe angegeben werden. Denn: I. Paulus sagt (Act. 17.): „Gott, der die Welt gemacht hat und Alles, was in ihr ist, wohnt nicht in Tempeln, welche Werke der menschlichen Hände sind, da Er Himmel und Erde beherrscht.“ Also spricht man unzulässigerweise im Alten Bunde vom heiligen Zelte und vom Tempel. II. Das Alte Gesetz wurde nur durch Christum geändert. Das heilige Zelt also durfte nicht ersetzt werden durch den Aufbau eines Tempels. III. Zum Kulte Gottes gehört, daß viele Altäre und viele Tempel bestehen. Das Alte Gesetz aber erlaubte nur einen Tempel, oder ein heiliges Zelt. IV. Das heilige Zelt oder der Tempel diente dem Kulte Gottes. In Gott aber muß man besonders verehren seine Einheit und Einfachheit. Also durften im heiligen Zelte nicht verschiedene Abteilungen und Hüllen sein. V. Die Kraft des Erstbewegenden, also Gottes, erscheint zuerst auf der Seite des Ostens, von woher die Bewegung beginnt. Das heilige Zelt aber diente der Anbetung Gottes. Also mußte da Alles vielmehr gegen Osten seine Stellung haben, wie gegen Westen. VI. Exod. 20. wird verboten, ein geschnitztes Bild zu machen. Also war es unzulässig, im Tempel Bilder von Cherubim zu machen. VII. Exod. 20. heißt es: „Einen Altar aus Erde sollt ihr mir machen;“ und: „Du sollst zu meinem Altare nicht hinansteigen auf Stufen.“ Also wird später grundlos geboten, einen Altar von mit Gold oder Erz überzogenem Holze zu machen und zwar von solcher Höhe, daß nur auf Stufen hinaufgestiegen werden konnte. Denn Exod. 27. wird geboten: „Einen Altar aus Akazienholz sollst du machen, der fünf Ellen in der Länge habe und eben so viele in der Breite, also geviert, und drei Ellen in der Höhe … und mit Erz sollst du ihn überziehen;“ und Exod. 30.: „Einen Altar aus Akazienholz sollst du machen, das Rauchwerk anzuzünden … und mit dem reinsten Golde sollst du ihn überziehen.“ VIII. Überflüssig ist in den Werken Gottes und in der Natur nichts. Dem mußte aber auch der Aufbau des heiligen Zeltes entsprechen; was nicht der Fall ist. Denn eine Bedeckung hätte genügt; da aber sind vier: eine aus Byssus, die zweite von Ziegenhaaren, die dritte von roten Widderfellen, die vierte von hyacinthfarbenen Fellen. IX. Die äußere Weihe soll die innere Heiligung bezeichnen, deren Sitz die Seele ist. Die heiligen Gefäße aber und das heilige Zelt wurden geweiht, trotzdem es leblose Dinge waren. X. Ps. 33 steht geschrieben: „Ich will Gott preisen zu jeder Zeit; immer soll sein Lob in meinem Munde sein.“ Also kam es nicht zu, daß für gewisse Tage bestimmte Festlichkeiten angesetzt wurden. Auf der anderen Seite sagt Paulus (Hebr. 8.): „Jene, die da gemäß dem Gesetze Gaben darbringen, dienen dem Exemplarmodell und dem Schatten der himmlischen Dinge, wie Moses geantwortet wurde, da er das Zelt vollendete: Siehe und mache dies Alles nach dem Bilde und dem Exemplarmodell, das dir auf dem Berge gezeigt worden ist.“ Was aber ein Bild himmlischer Dinge vorstellt, ist jedenfalls äußerst vernünftig. Also hatten Ceremonien und die entsprechenden heiligen Gerätschaften einen Grund.
b) Ich antworte, der ganze äußere Kult war in erster Linie dazu bestimmt, daß die Menschen Ehrfurcht hätten vor Gottes Majestät. Nun ist dies bei den Menschen eine Gewohnheit, daß, was allen gemeinsam ist und in keiner Weise eine gesonderte Stellung hat, weniger geachtet; was aber vom Gewöhnlichen in hervorragender Weise geschieden ist, in höherem Grade bewundert und geehrt wird. Daher z. B. kommt es, daß Könige und Fürsten, welche bei den untergebenen Achtung und Ehre genießen sollen, mit kostbareren Kleidern sich schmücken und großartigere, schönere Hauser bewohnen. Demgemäß also mußten auch für die Verehrung Gottes besondere Zeiten, besondere Gefäße, besondere Diener bestimmt werden, damit dadurch die Menschen zu höherer Ehrfurcht vor Gott angeleitet würden. Und ähnlich war der Stand des Alten Testamentes dazu da, Christum vorzubilden. Das aber, was dazu dient, ein bestimmtes, eigenes Geheimnis vorzubilden, muß auch in sich etwas Eigenes und bestimmt Abgegrenztes sein, damit es die Ähnlichkeit mit dem Vorzubildenden trage; und so kommt man zum nämlichen Schlüsse.
c) I. Der Kult Gottes berücksichtigt: 1. Gott, der verehrt wird, und 2. die Menschen, welche verehren. Gott nun selber wird durch keinen körperlichen Ort eingeschlossen; also deshalb errichtete man nicht ein eigenes Zelt oder einen eigenen Tempel. Die Menschen aber sind körperlich; und aus diesem Grunde errichtete man eine eigene Kultstätte: 1. Damit sie mit größerer Ehrfurcht heranträten; 2. damit durch die Einrichtung des Tempels oder des Zeltes dargestellt würde irgendwie die göttliche Majestät und die Menschheit Christi. Deshalb sagt Salomo (3. Kön. 8.): „Wenn die Himmel der Himmel Dich nicht fassen; um wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut;“ und fügt hinzu: „Es seien Deine Augen offen über diesem Hause, von dem Du gesagt: Mein Name wird da sein, daß Du erhörest das Flehen Deines Knechtes und Deines Volkes Israel.“ Der Ort des Heiligtums soll also nicht Gott umschließen; sondern der Name Gottes soll innewohnen, nämlich die Kenntnis Gottes soll da geoffenbart werden vermittelst dessen, was daselbst geschieht und gesprochen wird; und wegen der Ehrfurcht vor diesem Orte und der größeren inneren Andacht der betenden sollen in demselben die Gebete eher erhört werden. II. Christus allein hat den Stand des Alten Gesetzes durchaus verändert, insoweit unter Ihm allein das Gesetz erfüllt wurde. Eine etwaige Änderung trat jedoch schon vorher ein mit Rücksicht auf die Lage des Volkes. Denn zuerst war das Volk in der Wüste ohne feste Wohnstätte: dann hatte es lange andauernde Kämpfe mit den Nachbarvölkern; zuletzt aber unter David und Salomo hatte es äußerst große Ruhe. Und da erst ward der Tempel gebaut an dem Orte, welchen Abraham auf Grund göttlicher Offenbarung bezeichnet hatte zum Opfern. Denn Gen. 22. gebot der Herr dem Abraham, er solle seinen Sohn opfern „auf einem der Berge, den ich dir zeigen werde;“ und nachher: „Er nannte den Namen dieses Ortes: Gott hat gesehen;“ und so ward dieser Ort gleichsam infolge göttlichen Vorhersehens auserwählt zum Kulte Gottes. Deshalb heißt es Deut. 12.: „An den Ort, welchen der Herr, euer Gott, erwählt hat, sollt ihr kommen und darbringen euere Brandopfer und Gaben.“ Der betreffende Ort aber durfte vor der genannten Zeit nicht für den Bau des Tempels bezeichnet werden aus drei Gründen, die Rabbi Moses angiebt: 1. Damit die Heiden sich nicht desselben bemächtigten; 2. damit sie ihn nicht zerstörten; 3. damit nicht ein jeder Stamm diesen Ort besitzen möchte und so Streit und Zank entstände. Deshalb wurde der Tempel nicht erbaut, bevor ein König aufgestellt worden, der dann den Streit schlichten könnte. Vorher war zum Kulte bestimmt ein tragbares Zelt, weil kein bestimmter Kultusort bestand. Der figürliche Grund für die Verschiedenheit des heiligen Zeltes und des Tempels ist nun die Verschiedenheit von zwei Ständen. Denn durch das tragbare Zelt wird bezeichnet der Stand des wechselvollen, gegenwärtigen Lebens; durch den feststehenden Tempel der Stand des ewigen Lebens. Und deshalb ward bei dem Erbauen des Tempels (3. Kön. 6.) „nicht das Geräusch des Hammers oder des Beiles gehört“, um damit zu bezeichnen, daß aller wirre Tumult von jenem Leben fernbliebe. Oder das heilige Zelt drückt aus den Stand des Alten Gesetzes; der Tempel den des Neuen Bundes. Darum bauten am heiligen Zelte mit nur die Juden, am Tempel aber auch Heiden, Tyrer und Sidonier. III. Es war ein Tempel nur, weil die Heiden den verschiedenen Göttern verschiedene Tempel bauten. Damit also im Geiste der Juden die Überzeugung von dem einen Gotte gefestigt wurde, bestimmte Gott, sie sollen nur einen Tempel und eine Opferstätte haben; und zudem auch deshalb, damit Er zeige, der körperliche Kult sei Ihm nicht als solcher angenehm. Der Kult aber im Neuen Testamente ist als solcher, an und für sich, weil in dessen Opfer geistige Gnade enthalten ist, Gott angenehm; und deshalb sind im Neuen Bunde viele Altäre und viele Tempel. Was nun im Alten Bunde den geistigen Kult betrifft, wie er besteht in der Lehre des Gesetzes und der Propheten, so waren auch im Alten Bunde verschiedene Orte dafür da, an welchen man zusammen kam, um Gott zu loben; und diese Orte wurden „Synagogen“ genannt. Unsere Kirche also folgt nach, soweit es den Ort betrifft, dem „Tempel“ und der „Synagoge“; der Ort der Belehrung ist bei uns der nämliche wie der Ort für das Opfer. Der figürliche Grund konnte darin bestehen, daß dadurch die Einheit der Kirche, sowohl der streitenden wie der triumphierenden vorgebildet werden sollte. IV. Wie in der Einheit des heiligen Zeltes und des Tempels die Einheit Gottes oder der Kirche dargestellt wurde, so durch die verschiedenen Abteilungen im Tempel die Verschiedenheit dessen, was Gottes Gewalt XL. unterworfen ist, und von dem aus wir uns erheben, um Gott zu verehren. Das heilige Zelt ward in zwei Teile geteilt: der eine war das Allerheiligste nach Westen zu; der andere das Heilige, nach Osten zu. Und vor dem heiligen Zelte war der Vorhof. Davon ist zuerst der Grund die Bestimmung des heiligen Zeltes zum Dienste Gottes; denn so wurden die verschiedenen Teile des geschaffenen All in der Unterscheidung der Zelträume dargestellt: Das Allerheiligste nämlich stellte vor das Höhere, die reine Geisterwelt; das Heilige die Körperwelt. Und deshalb ward das Allerheiligste vom Heiligen getrennt durch einen Vorhang von vier Farben, wodurch die vier Elemente bezeichnet wurden. Er war nämlich gewebt 1. in Byssus, d. h. Leinen, was von der Erde kommt; 2. in Purpur, wodurch das Wasser bezeichnet wird; denn Purpurfarbe bereitete man aus gewissen Muscheln, die im Meere gefunden werden; 3. in Hyacinth (blau), wodurch die Luft bezeichnet wird wegen der ähnlichen Farbe; und 4. in doppelfarbigem Scharlach zweimal gefärbt, wodurch das Feuer bezeichnet wird. Dies ist aber deshalb, weil durch den Stoff, der aus den vier Elementen zusammengesetzt ist, uns verhüllt werden die unkörperlichen Substanzen. Daher trat auch nur der Hohepriester und zwar nur einmal im Jahre in die innerliche Stiftshütte oder in das Innerliche des heiligen Zeltes, in das Allerheiligste, damit dadurch bezeichnet würde, es sei dies die Endvollendung des Menschen, daß er in jenes ewige, geistige, unveränderliche Leben eintrete; während in den äußeren Teil der Stiftshütte, in das Heilige, täglich die Priester eintraten, aber nur diese, nicht das Volk, welches nur bis in den Vorhof gelangen durfte. Denn das Volk kann nur das rein Körperliche äußerlich wahrnehmen, zum Durchdringen der inneren Gründe davon gelangen einzig die Weisen. Nach der figürlichen Darstellung aber bedeutet das „Heilige“ den Stand des Alten Bundes, nach Hebr. 9.; denn da hinein gingen täglich die Priester, um zu opfern. Und das „Allerheiligste“ bedeutet den Stand der himmlischen Herrlichkeit oder den des geistigen Neuen Bundes, der da ist ein gewisser Beginn der künftigen Herrlichkeit. Christus aber hat uns in diesen Stand hinein geleitet, was dadurch vorgebildet wurde, daß der Hohepriester einmal im Jahre das „Allerheiligste“ betrat. Der Vorhang bedeutete die Verhüllung der geistigen inneren Opfer vermittelst der Opfer des Alten Bundes. Und dieser Vorhang war geschmückt in vier Farben: 1. in Byssus, wodurch die Reinheit des Fleisches angedeutet ward; in Purpur, was auf die von den Heiligen erduldeten Leiden hinzeigt; in doppelgefärbtem Scharlach, um die doppelte Liebe zu Gott und zum Nächsten zu bezeichnen; in Hyacinth oder Himmelblau, womit die Betrachtung der himmlischen Dinge ausgedrückt wird. Zum Stande des Alten Bundes aber verhalten sich anders die Priester und das Volk, welches nur die körperlichen Opfer berücksichtigte, die im Vorhofe dargebracht wurden, während die Priester den inneren maßgebenden Grund dieser Opfer betrachteten, indem ihr Glaube betreffs der Geheimnisse Christi ein mehr ausdrücklicher, ihnen mehr im einzelnen klargelegter war. Ein Vorhang trennte ebenso das Heilige vom Vorhofe, weil Manches rücksichtlich der Geheimnisse Christi den Priestern bekannt, was dem Volke unbekannt war; wenn auch selbst den Priestern nicht Alles in dem Grade vollkommen geoffenbart worden ist wie später im Neuen Bunde, nach Ephes. 3. V. Das Anbeten nach Westen hin ward im Alten Bunde vorgeschrieben, um dem Götzendienste vorzubeugen. Denn alle Heiden beteten in Verehrung der Sonne nach Osten hin an. Deshalb sagt Ezech. 8, 16.: „Manche kehrten den Rücken dem Tempel des Herrn zu und wendeten das Antlitz nach Osten und beteten an nach Sonnenaufgang hin.“ Dem figürlichen Sinne nach drückte dies aus, daß Alles im Alten Bunde geregelt war, um den Tod Christi zu versinnbilden, der im Untergange seine Figur hat, nach Ps. 67.: „Der da aufsteigt über den Untergang; Herr ist sein Name.“ VI. Von dem, was im heiligen Zelte war, ist der Wortgrund folgender. Da nämlich das Allerheiligste die höhere Welt der geistigen Substanzen bedeutete, so fanden sich da drei Dinge: die Bundeslade, worin die goldene Urne war mit dem Manna darin; der Stab Aarons, der geblüht hatte; und die steinernen Tafeln der zehn Gebote. Diese Bundeslade war aufgestellt zwischen zwei Cherubim, die sich einander das Antlitz zuwandten. Über der Bundeslade war wie eine andere Tafel die Sühnstätte oder der Gnadenthron unter den Flügeln der Cherubim, als ob sie von den Cherubim getragen würde und man sich vorzustellen hätte, daß dies der Thron Gottes sei, von dem aus Gott auf die Gebete des Hohenpriesters hin dem Volke Gnaden erteilte; — und deshalb ward der Gnadenthron von den Cherubim als den Dienern Gottes getragen. Die Bundeslade aber erschien so, wie der Fußschemel des aus der Sühnstätte Thronenden. Dadurch wurde bedeutet: 1. Gott, der in jener höheren Welt der Geister über Alles ist, unbegreiflich jeder Kreatur und deshalb durch keine Ähnlichkeit ausdrückbar; der Thron zeigte an, daß alle Kreatur Gott Unterthan sei wie der Sitz dem Sitzenden; — 2. die Engelwelt in den Cherubim, die sich und die Bundeslade anschauten und ihre Eintracht ausdrücken; nach Job 25.: „Der da Eintracht herstellt unter den erhabenen Gewalten;“ es waren mehrere Cherubim da, um auf die Menge der himmlischen Geister hinzuweisen und deren göttliche Verehrung auszuschließen für jene, die nur einen Gott ehren sollten; — 3. die unsichtbaren, nur der Vernunft zugänglichen Seinsgründe in jener höheren Welt für Alles, was hier auf Erden geschieht, so daß dieses Letztere in solchen Gründen gewissermaßen eingeschlossen ist wie die Wirkung in den Ursachen und das Kunstwerk in der künstlerischen Idee. Deshalb waren drei Dinge eingeschlossen in der Bundeslade, die das Hauptsächlichste hier auf Erden ausdrücken: nämlich die Weisheit, welche dargestellt wurde durch die Gesetzestafeln; die Regierungsgewalt, welche der Stab Aarons ausdrückte; das Leben, im Brote bezeichnet. Oder es ward durch diese drei Gegenstände dargestellt: die Weisheit Gottes in den Tafeln, seine Güte im Manna, seine Macht im Stabe. Diese drei Dinge nun im Allerheiligsten sah auch Isaias in seinem prophetischen Gesicht Kap. 6: „Ich sah den Herrn, sitzend auf erhabenem Throne und Seraphim standen vor Ihm und das Haus war voll der Herrlichkeit Gottes;“ deshalb sagten auch da die Seraphim: „Voll ist seiner Herrlichkeit die ganze Erde.“ Die Ähnlichkeiten oder Bilder der Seraphim also werden da, wie hier die Cherubim vorgestellt, nicht als göttlich zu verehrende, was durch das erste Gebot verboten wurde, sondern als dienende Geister. In jenem Teile der Stiftshütte aber, der nach außen hin gerichtet war und die sichtbare Welt andeutete, waren ebenfalls drei Dinge: 1. der Rauchopferaltar, welcher unmittelbar gegenüber der Bundeslade stand; der Tisch der Schaubrote, worauf zwölf Brote gelegt waren, auf der Nordseite; und der siebenarmige Leuchter auf der Südseite. Diese drei Gegenstände nun entsprachen den drei Dingen im Allerheiligsten und bedeuteten offenbar das Nämliche. Denn die rein vernünftig erkennbaren, inneren Seinsgründe der Dinge sollen mehr offenbar werden, als sie es in der göttlichen und in der Engelvernunft sind, dadurch daß weise Menschen sie zu erkennen vermögen, die bezeichnet werden durch die in das „Heilige“ eintretenden Priester. Im Leuchter ward angedeutet als in einem sinnlichen Zeichen die gleiche Weisheit, welche im „Allerheiligsten“ durch die Worte auf den Gesetzestafeln sich offenbarte. Der Rauchopferaltar bezeichnete das Amt der Priester, deren Sache es war, das Volk zu Gott zurückzuführen; und das Nämliche drückte der Stab aus. Denn auf jenem Altare stieg der Weihrauch mit Wohlgeruch empor, das Zeichen für die Heiligkeit des Gott gefallenden Volkes; wie Apok. 7. es heißt: „Der Duft kostbaren Räucherwerkes bezeichnet die Rechtfertigungen der Heiligen“. Zukömmlicherweise aber ward die Priesterwürde bezeichnet durch den Stab in der Bundeslade und durch den Rauchopferaltar im „Heiligen“. Denn der Priester ist zwischen Gott und dem Volke der Mittler, der das Volk leitet vermittelst der im Stabe ausgedrückten göttlichen Gewalt; und welcher die Frucht seiner Verwaltung, nämlich die Heiligkeit des Volkes, Gott darbringt gleichsam auf dem Rauchopferaltare. Durch den Tisch aber wird, wie auch durch das Manna, die Nahrung des zeitlichen Lebens ausgedrückt; das Brot freilich ist eine gröbere Nahrung wie das Manna im Allerheiligsten. Ebenso ward zukömmlicherweise der Leuchter auf der Südseite aufgestellt, der Tisch auf der Nordseite. Denn die Südseite ist der rechts liegende Teil der Welt, die Nordseite der links liegende; wie Aristoteles sagt (2. de coelo et mundo). Die Weisheit nun gehört zur Rechten, nämlich zu den geistigen Gütern; die zeitliche Nahrung aber zur Linken, nach Prov. 3.: „In seiner Linken Reichtum und Ehre.“ Die Priesterwürde steht in der Mitte zwischen dem Zeitlichen und der geistigen Weisheit; denn sie teilt sowohl geistige Güter zu als auch ist sie die Hüterin zeitlicher Pflege. Der Wortsinn kann jedoch in noch eigentlicherer Weise erklärt werden. Denn in der Bundeslade waren die Gesetzestafeln, um die Unkenntnis des Gesetzes hinwegzunehmen; wie es Exod. 24. heißt: „Ich will dir zwei steinerne Tafeln geben und das Gesetz und die Gebote, die ich geschrieben habe, daß du lehrest die Kinder Israel.“ Der Stab Aarons war da zur Bezeichnung, daß das Priestertum Aarons die Streitigkeiten im Volke schlichten konnte. Deshalb heißt es Num. 17: „Lege den Stab Aarons in das Zelt des Zeugnisses, daß er da aufbewahrt bleibe zum Andenken an die empörerischen Kinder Israels.“ Manna war in der Bundeslade zur Erinnerung an die Wohlthaten Gottes in der Wüste; wie Exod. 16, gesagt wird: „Fülle ein Gefäß (Gomor) damit an, daß es bewahrt werde für die Geschlechter der Zukunft, damit sie wissen, ich habe euch genährt in der Wüste.“ Der Leuchter war da zur Zierde des heiligen Zeltes. Denn die Zierde eines Hauses ist es, daß es gut beleuchtet sei. Der Leuchter nun hatte sieben Arme, wie Iosephus sagt (3, antiqu. 7 et 8), zur Bezeichnung der sieben Planeten, welche die ganze Welt erleuchten. Und weil von der Südseite her für uns die Planeten ihren Lauf beginnen; deshalb steht der Leuchter auf der Südseite. Der Rauchopferaltar stand da, auf daß in der Stiftshütte ohne Unterlaß Wohlgeruch verbreitet werde, sowohl wegen der dem Orte gebührenden Ehrfurcht als auch um den schlechten Geruch zu vertreiben, welcher erstehen mußte infolge des Ausgießens von Blut und der Tötung von Tieren. Denn das Übelriechende wird verächtlich; das Wohlduftende achten die Menschen in höherem Grade. Der Tisch der Schaubrote war aufgestellt zum Ausdrucke dafür, daß die Priester, welche im Tempel den göttlichen Dienst versahen, ebenso im Tempel ihren Lebensunterhalt haben sollten. Daher durften die zwölf Brote, die nach der Zahl der Stämme in Israel da hingelegt wurden, nur von den Priestern gegessen werden; nach Matth. 12. Nicht in die Mitte ward der Tisch gestellt, um die Ähnlichkeit mit den Götzendienern zu vermeiden. Denn die Heiden stellten bei den Opfern, die sie dem Monde darbrachten, den Opfertisch vor das Götzenbild des Mondes; wonach Jerem. 7. gesagt wird: „Die Weiber besprengen mit Fett, daß sie Kuchen machen zu Ehren der Königin des Himmels.“ Im Vorhofe aber vor dem Zelte war der Brandopferaltar, wo dem Herrn vom Volke Opfer gebracht wurden aus dem, was es besaß. Und darum durfte das Volk im Vorhofe sein, daß es seine Opfer darbringe durch die Hände der Priester. Dem Altare im Innern, wo die Andacht und die Heiligkeit des Volkes dargebracht wurde, durfte es sich nicht nähern; sondern nur den Priestern war dies gestattet, deren Sache es war, das Volk Gott aufzuopfern. Der Brandopferaltar ist außerhalb des heiligen Zeltes, um den Götzendienst zu vermeiden, denn die Heiden stellten innerhalb der Tempel ihre Altäre auf. Rücksichtlich der figürlichen Bedeutung aber ist zu erwägen, daß, um hinzuweisen auf die Unvollkommenheit der einzelnen Figuren im Gesetze, mannigfaltige solche Figuren im Tempel aufgestellt waren, damit sie Christum alle insgesamt vorbildeten. Denn Er wird durch die Sühnstätte ausgedrückt, „der da ist die Sühne für unsere Sünden.“ (1. Joh. 2.) Und diese Sühnstätte wird von Cherubim getragen, denn Hebr. 1. heißt es von Christo: „Ihn sollen anbeten alle seine Engel.“ Christus wieder ist die Bundeslade; denn wie diese hergestellt war von reinem Akazienholz, so hatte der Leib Christi allerreinste Glieder. Vergoldet war die Lade; denn Christus war voll Weisheit und Liebe. In der Lade war eine goldene Urne, d. i. die heilige Seele Christi, welche Manna in sich birgt, nämlich die Fülle aller Heiligkeit und Gottähnlichkeit. Der Stab war in der Lade, d. i. priesterliche Gewalt; denn Er ist der Priester geworden in Ewigkeit. Und weil Christus Gesetzgeber ist, sind in der Lade die Gesetzestafeln. Weil Er „das Licht der Welt ist“ nach Joh. 8. ist Er vorgesinnbildet durch den Leuchter; und die sieben Arme bedeuten die sieben Gaben des heiligen Geistes. Er ist „das Lebensbrot“, nach Joh. 6.; und also deutet auf Ihn der Tisch hin und auf die zwölf Apostel die zwölf Brote. Oder auch kann der Leuchter und der Tisch bezeichnen die Lehre und den Glauben der Kirche, welche geistig erleuchtet und erquickt. Christus wird wiederum ausgedrückt durch die zwei Altäre, denn durch Ihn müssen wir Gott darbringen alle Tugendwerke; sei es jene, durch die wir das Fleisch demütigen, was durch den Brandopferaltar angedeutet wird, sei es jene, welche vermittelst höherer Vollkommenheit Gott durch die geistige Sehnsucht nach Ihm dargebracht werden, worauf der Rauchopferaltar hinweist, nach Hebr. ult.: „Durch Ihn laßt uns Gott fortwährend darbringen das Opfer des Lobes.“ VII. Ein Altar sollte aufgestellt werden für die Darbringung von Opfern und Gaben zur Ehre Gottes und zum Lebensunterhalte der Diener des Heiligtums. Über die Herstellung des Altars aber gab der Herr ein zweifaches Gebot: Exod. 20. nämlich, wo geboten wird, „einen Altar von Erde zu machen,“ oder mindestens „aus unbehauenen Steinen;“ und ebenso, „daß man keinen hohen Altar mache, zu dem hinan man auf Stufen steigen müsse.“ Dies geschah aus Abscheu vor dem Götzendienste. Denn die Heiden bauten sehr hohe und reichgeschmückte Altäre, in denen nach ihrer Meinung etwas Heiliges und Göttliches war. Deshalb auch schreibt der Herr vor, Deut. 16.: „Du sollst keinen Hain und keinen Baum pflanzen neben dem Altare des Herrn, deines Gottes.“ Denn bei den Götzendienern war es Sitte, am Fuße von Bäumen zu opfern, wegen der Annehmlichkeit und des Schattens. Der figürliche Grund davon ist so zu erklären. In Christo, der unser Altar ist, müssen wir bekennen die Natur des Fleisches mit Rücksicht auf die heilige Menschheit; was da ist: „den Altar aus Erde machen;“ — und mit Rücksicht auf die Gottheit müssen wir bekennen die Gleichheit mit dem Vater; was da ist: „nicht auf Stufen hinansteigen.“ Und ebenso dürfen wir nach Christo nicht die Lehren der Heiden zulassen, die zur Lüsternheit reizen. Nachdem jedoch die Stiftshütte gemacht worden war, hatte man dergleichen Gelegenheiten zum Götzendienste nicht mehr zu fürchten. Deshalb gebot da der Herr, daß der Brandopferaltar aus Erz herzustellen sei, damit das ganze Volk ihn sehen könne; und der Rauchopferaltar aus Gold, den nur die Priester sahen. Zudem war das Erz nicht dermaßen kostbar, daß durch dessen Menge das Volk zum Götzendienste veranlaßt worden wäre. Und weil Exod. 20. hinzugefügt wird: „Du sollst nicht auf Stufen hinansteigen; damit nicht deine Blöße gesehen werde;“ so muß man wohl berücksichtigen, daß auch dies vorgeschrieben war, um den Götzendienst fernzuhalten; denn die Opfer des Priapus z. B. waren unzüchtig. Nachher aber erhielten die Priester eigene Hüftkleider, die unter den Amtskleidern getragen wurden. Und deshalb konnte dann der Altar ganz wohl so hoch sein, daß die Priester ohne Gefahr durch einige hölzerne, nicht festgefügte sondern tragbare Stufen emporstiegen. VIII. Der Körper der Stiftshütte bestand aus einzelnen Brettern, die der Länge nach aufgestellt waren. Innen waren dieselben mit Decken oder Vorhängen verhüllt, die in vier Farben zusammengewebt waren; nämlich aus Byssus, Hyacinth (Himmelblau), Purpur und doppelt gefärbtem Scharlach. Das Dach war bedeckt durch eine Decke von bläulichen Fellen; und über dieser war eine andere von roten Widderfellen und darüber eine dritte von Ziegenhaaren, die über das Dach hinabhing und nach außen hin das heilige Zelt bedeckte bis zur Erde. Der Wortgrund dieser Decken war der Schutz des heiligen Zeltes gegen den Einfluß der Witterung und die Ehrfurcht vor selbem. Der figürliche Grund war folgender: Die Bretter, welche die Stiftshütte zusammensetzten, sind die Gläubigen, aus denen die Kirche ersteht. Die vier farbigen Decken sind die vier Tugenden in den gläubigen Herzen. Denn, sagt die Glosse zu Exod. 26., „der gezwirnte Byssus ist das Fleisch (von der Erde kommend), was in Keuschheit glänzt; das Himmelblaue ist der auf Himmlisches gerichtete Geist; im Purpur wird ausgedrückt das den Leidenschaften zugängliche Fleisch; und im doppeltgefärbten Scharlach der Geist, der mitten unter den Leidenschaften in Gottes- und Nächstenliebe strahlt.“ Die Decken des Daches sind die Vorsteher und Lehrer, in denen festgehalten werden muß der himmlische Verkehr, was die himmelblauen Decken ausdrücken; sie müssen bereit sein zum Martyrium, das Drücken die roten Decken aus; sie müssen abgetötet sein im Fleische und geduldig Trübsale und Gegner ertragen, das bezeichnen die Ziegenhaare, die ausgesetzt waren Wind und Regen. IX. Die Heiligung und Weihe der Stiftshütte und der heiligen Geräte diente dazu, die Achtung und Ehrfurcht vor diesem Raume zu erhöhen. Figürlich deutete sie hin auf die geistige Weihe der gläubigen Seelen, der lebendigen Hütten, aus welchen die ewige Stadt Gottes erwächst. X. Im Alten Gesetze waren sieben besondere, der Zeit nach geschiedene Festlichkeiten und eine beständige; nach Num. 28. Es gab ein beständiges Fest, weil täglich morgens und abends ein Lamm geopfert wurde; und dadurch ward bezeichnet das Unaufhörliche der himmlischen Festfeier. Von den sieben besonderen Festlichkeiten war die erste alle Wochen: die Sabbathsruhe zum Andenken an die Erschaffung der Dinge. Die zweite war in jedem Monate: die Neumondfestlichkeit zum Gedächtnisse der göttlichen Weltregierung; denn hier auf Erden, im Bereiche des Entstehens und Vergehens, regelt sich das Meiste nach der Bewegung des Mondes; diese Festlichkeit wurde nicht am Vollmonde gefeiert, weil zu dieser Zeit die Heiden dem Monde opferten. Diese beiden Feste stellen vor, was gemeinsam ist allen Menschen und werden sie deshalb oft wiederholt. Die anderen fünf sind nur einmal im Jahre gefeiert. Da ist also Ostern (Phase), zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten; — Pfingsten zur Erinnerung an die Verkündung des Gesetzes; — das Posaunenfest, am ersten Tage des siebenten Monats, zur Erinnerung an die Befreiung Isaaks, da Abraham den Widder fand, der mit den Hörnern am Gestrüppe festhing und den sie darstellten durch die Hörner oder Posaunen, in die sie bliesen; — der Versöhnungstag, für den das Posaunenfest als Vorbereitung diente, am zehnten Tage des siebenten Monats, zur Erinnerung an die Verzeihung, die ihnen auf Mosis Bitten Gott gewährte, nachdem sie das goldene Kalb angebetet hatten; — das Laubhüttenfest, nach dem Versöhnungstage, durch sieben Tage hindurch, zur Erinnerung an den Schutz Gottes während der Wanderung durch die Wüste, wo sie in Zelten oder Hütten wohnten. Demgemäß mußten sie an diesem Feste Zweige nehmen von den schönsten Bäumen, Palmzweige und Äste von dickbelaubten Bäumen und Bachweiden, die immer grün bleiben, um dadurch zu bezeichnen, daß der Herr sie, die Kinder Israels, durch die Wüste geleitete zu einem reich gesegneten Lande. Am achten Tage wurde noch ein anderes Fest gefeiert, das der Einsammlung (collectae) oder der Vereinigung, wo das im Volke gesammelt ward, was notwendig war für den göttlichen Kultus; und damit ward bezeichnet die Vereinigung des Volkes und der im Lande der Verheißung verliehene Friede. So war der siebente Monat ein wahrer Fest- und Ruhemonat. Der figürliche Grund dieser Feste ist: Durch das juge sacrificium, das unaufhörliche Opfer, ward bezeichnet die Ewigkeit Christi, des Lammes Gottes, nach Hebr. ult.: „Jesus Christus gestern und heute; Er ist in Ewigkeit.“ Durch den Sabbath ward ausgedrückt die Ruhe unserer Seelen in Christo, nach Hebr. 4. Das Neumondsfest bildete vor die Erleuchtung der Erstlingskirche durch Christum, da dieser lehrte und Wunder wirkte. Das Fest des fünfzigsten Tages oder Pfingsten stellte vor die Herabkunft des heiligen Geistes in die Apostel; das Posaunenfest die Apostolische Predigt; der Versöhnungstag die Entsündigung des christlichen Volkes; das Laubhüttenfest das Pilgern in dieser Welt und das Fortschreiten in den Tugenden; das Einsammlungsfest (coetus oder collectae), welches als das heiligste bezeichnet wird, drückt aus die Einsammlung der Auserwählten in die ewigen Scheuern. Diese drei Feste folgten sich unmittelbar, denn die Seele muß, gereinigt von Sünden, fortschreiten in der Tugend, „bis sie zum Schauen Gottes gelangt.“ Ps. 83.
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