Vierter Artikel. Die Verdammten lästern Gott.
a) Das Gegenteil wird bewiesen: I. Manche böse Menschen werden abgeschreckt vom Gottlästern durch die Furcht vor den künftigen Strafen. Die Verdammten aber erdulden bereits diese Strafen. Also werden sie um so mehr vom Lästern abgeschreckt. II. Die Gotteslästerung ist das größte Mißverdienst; denn sie ist die größte Sünde. Im künftigen Leben aber verdient man weder noch mißverdient man. III. Ektli. 11. heißt es: „Wo das Holz hinfällt, da bleibt es liegen;“ was bedeutet, daß im künftigen Leben weder die Verdienste zunehmen noch die Sünden. Viele aber werden verdammt werden, die in diesem Leben keine Gotteslästerer waren. Also werden sie auch im künftigen Leben nicht Gott lästern. Auf der anderen Seite heißt es Apok. 16.: „Es erglühten die Menschen vor großer Hitze und lästerten den Namen Gottes, der Gewalt hat über diese Peinen;“ wozu die Glosse bemerkt: „In die Hölle geworfen wissen sie wohl, daß sie wie sie verdient haben bestraft werden; sie werden aber Schmerz empfinden, daß Gott so viel Gewalt habe, um sie so schwer zu strafen.“ Das nun wäre Gotteslästerung jetzt; also ist sie es auch dann.
b) Ich antworte, zum Wesenscharakter der Gotteslästerung gehöre der Abscheu vor der göttlichen Güte. Die Verdammten in der Hölle aber werden ihren verkehrten Willen behalten, welcher von der Gerechtigkeit Gottes abgewandt ist. Denn sie werden lieben das, wofür sie bestraft werden und es genießen wollen; wogegen sie die Strafen hassen, die für solche Sünden sie leiden. Die Sünden schmerzen sie; nicht weil sie dieselben hassen, sondern weil sie dafür bestraft werden. So ist in den Verdammten die Gotteslästerung des Herzens; denn sie verabscheuen die göttliche Gerechtigkeit. Und man kann wohl glauben, nach der Auferstehung werden sie auch in Worten Gott lästern; wie die Heiligen in Worten Gott loben werden.
c) 1. Die Menschen werden jetzt durch die Furcht vor den Höllenstrafen geschreckt, weil sie meinen, denselben entgehen zu können.Das ist bei den Verdammten nicht mehr der Fall. Und deshalb werden sie sich allem dem überlassen, was ein verkehrter Wille eingeben kann. II. Im künftigen Leben ist kein Verdienst und kein Mißverdienst. Das Gute in den Heiligen ist ihr Lohn; das Böse in den Verdammten ihre Strafe. III. Wer in der Todsünde stirbt, nimmt mit sich den Willen, welcher nach einer gewissen Seite hin die göttliche Gerechtigkeit verabscheut; und danach wird in ihnen Gotteslästerung sein.
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