Erster Artikel. Der Aufruhr ist eine eigene besondere Sünde.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Isidor (10. Etymol. litt. S.) sagt: „Aufrührerisch ist, wer Zwietracht in den Seelen macht und Streit und Widerspruch erzeugt.“ Wer aber eine Sünde erzeugt, sündigt nicht in einer anderen Gattung von Sünde. II. Der Aufruhr bezeichnet eine gewisse Trennung. Eine solche ist aber im Ausdrucke „Schisma“, „Spaltung“ gegeben. III. Der Aufruhr ist weder eine eigene besondere Hauptsünde noch wird er (31. moral. 17.) unter den Sünden aufgezählt, die aus einer Hauptsünde entstehen. Also ist er keine eigene Sünde, die von den anderen verschieden wäre. Auf der anderen Seite unterscheidet der Apostel (2. Kor. 12.) den Aufruhr von den anderen Sünden.
b) Ich antworte, der Aufruhr sei eine gewisse besondere Sünde, die einerseits mit dem Streite und Kriege etwas gemein hat und andererseits davon abweicht. Gemeinsam mit diesen besagt sie einen Gegensatz. Dagegen bezeichne Streit und Krieg immer einen wechselseitigen Gegensatz dem thatsächlichen Sein nach; während Aufruhr auf einen solchen Gegensatz hinweist, sei derselbe erst in der Vorbereitung, also nur auf einer Seite, oder bereits thatsächlich bestehend. Deshalb sagt die Glosse zu 2. Kor. 12.: „Aufruhr sei Unruhe, die den Kampf vorbereitet.“ Sodann ist der Krieg gerichtet gegen die Feinde des ganzen Gemeinwesens; der Streit wird ausgekämpft zwischen einem und einem, oder doch zwischen Parteien, die je aus wenigen bestehen; der Aufruhr aber führt den einen Teil ein und desselben Gemeinwesens gegen den anderen. Weil also der Aufruhr einem besonderen eigenen Gute gegenübersteht, der Einheit nämlich und dem Frieden des Gemeinwesens in sich, ist er eine eigene besondere Sünde.
c) I. Der aufrührerische macht Zwietracht; aber nicht irgend welche beliebige, sondern zwischen dem einen und dem anderen Teile ein und desselben Gemeinwesens. Die Sünde des Aufruhrs ist auch nicht allein in jenem, der solche Zwietracht säet; sondern auch in jenen, die wegen Aufruhrs in ordnungsloser Weise einander gegenüberstehen. II. Das Schisma ist im Gegensatze zur geistigen, kirchlichen Einheit; der Aufruhr zur Einheit im Staate. Das Schisma ferner besagt nicht die Vorbereitung zum körperlichen Kampfe, wie das der Aufruhr besagt. III. Aufruhr und Schisma sind in der Zwietracht enthalten; zwar ist da keine Zwietracht zwischen einem und einem, wohl aber zwischen den Teilen ein und desselben Gemeinwesens.
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