Erster Artikel. Die Menschen sind manchmal verpflichtet. Gaben Gott darzubringen.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Die Menschen sind nicht mehr zu den Ceremonialvorschriften des Alten Bundes verpflichtet. Hier aber handelt es sich um eine solche, Exod. 23.: „Dreimal im Jahre sollt ihr mir Feste feiern“… „und ihr sollt nicht leer erscheinen.“ II. Bevor diese Gaben dargestellt werden, sind sie dem freien Willen überlassen, wie aus Matth. 5. hervorgeht: „Wenn du deine Gabe auf de Altar legst“ … Nachdem sie dargebracht sind, ist von Notwendigkeit ode freiem Willen nicht mehr die Rede. Also besteht dafür keine verpflichtende Notwendigkeit. III. Das, wozu jemand verpflichtet ist, kann die Kirche durch Strafen erzwingen. Dies scheint aber mit Bezug auf unseren Punkt unerlaubt, nach 1 Qq. 1. cap. Nullus (3. Const. c. 23.): „Keiner, der die heilige Kommunion giebt, soll von dem, der die Gnade empfängt, etwas fordern. Fordert er etwas, so soll er abgesetzt werden.“ Auf der anderen Seite schreibt Gregor VII. auf dem fünften Römischen Konzil vor: „Jeder Christ sorge dafür, bei der Feier der heilige Messe etwas Gott aufzuopfern.“
b) Ich antworte, dieses Wort „Darstellen“ oder „Darbringen“ oder „Gabe“ sei gemeinsam für alle Dinge, welche dem Dienste Gottes gewidmet werden; werden also auch für das eigentliche Opfern gebraucht. So heiß es Exod. 29.: „Den ganzen Widder sollst du darbringen, daß er verbrannt werde auf dem Altare; diese Darstellung ist dem Herrn ein überaus angenehmer Wohlgeruch des Opfertieres Gottes,“ und Lev. 2.: „Wenn die Seele darstellt ihre Opfergabe dem Herrn; feines Mehl sei ihre Opfergabe.“ Bleibt aber die Gabe vollständig entweder nach der Darbringung für den göttlichen Kult zu verwenden oder für den Gebrauch der Diener am Altare, so ist dies nur eine Opfergabe oder ein Darstellen und nicht ein Opfern.Derartige Gaben nun schließen es in sich ein, daß sie freiwillig dargebracht werden, nach Exod. 25.: „Vom Menschen, der sie aus freien Stücken bringt, werdet ihr sie annehmen.“ Es kann jedoch in vierfacher Weise jemand zu dergleichen Gaben verpflichtet werden: 1. infolge eines vorgängigen Übereinkommens, wie wenn jemandem ein Grundstück der Kirche bewilligt wird, mit der Verpflichtung, zu bestimmter Zeit gewisse Opfergaben zu machen; — 2. infolge vorgängigen Versprechens, wie wenn jemand lebenden Personen Schenkungen macht, oder wenn er im Testamente ein bewegliches oder unbewegliches Gut hinterläßt, das in Zukunft der Kirche gegeben werden soll; — 3. infolge des Bedürfnisses einer Kirche, wenn z. B. ihren Dienern der notwendigste Lebensunterhalt fehlte; — 4. infolge von Gewohnheiten; denn bei gewissen Festlichkeiten sind die Gläubigen auf Grund gewisser Gebräuche zu Opfergaben verpflichtet. In den letzten beiden Fällen bleibt jedoch die Opfergabe gewissermaßen freiwillig mit Rücksicht auf ihren Umfang oder ihre Art.
c) I. Nicht wegen des Alten Bundes sind die Gläubigen jetzt zu Opfergaben verpflichtet, sondern aus den erwähnten Gründen. II. Zu solchen Opfergaben sind einzelne gehalten: vorher, wie im ersten, zweiten und vierten Falle; — und auch im ersten und zweiten Falle nachher, wenn es sich um einen der Kirche zu zahlenden Zins handelt. Denn sie müssen thatsächlich das zahlen, was festgesetzt ist. III. Wer die pflichtmäßige Opfergabe nicht giebt, kann bestraft werden ourch Verweigerung der Sakramente; — nicht freilich von seiten des betreffenden Priesters selber, damit man nicht für den Empfang der Sakramente etwas zu geben scheine; sondern durch den Vorgesetzten.
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