Zweiter Artikel. Den Priestern allein soll man die Opfergaben darreichen.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Hebr. ult. heißt es: „Der Wohlthätigkeit und der Mitteilung vergesset nicht, solche Opfergaben (hostiae) verdienen Gott.“ Also muß man den armen vielmehr Opfergaben darreichen. II. In vielen Pfarreien haben die Ordensleute einen Anteil an den Opfergaben; also gebühren dieselben nicht den Priestern allein. III. Im Einverständnisse mit der Kirche kaufen Laien solches Geopferte, wie Brote u. dgl., und verwenden sie zu ihrem Gebrauche. Also auch bis auf die Laien können die Opfergaben sich erstrecken. Auf der anderen Seite sagt der Kanon des Papstes Damasus I.: „Die Opfergaben, welche in der heiligen Kirche dargebracht werden, sollen allein die Priester, welche Tag für Tag in der Kirche Gott dienen, zu ihrem Gebrauche verwenden; denn im Alten Bunde hat der Herr den Kindern iraels verboten, die heiligen Brote zu essen; nur Aaron und seinen Söhnen war dieses gestattet.“ (Lev. 24.)
b) Ich antworte, der Priester sei nach Deut. 5. gewissermaßen in der Mitte zwischen Gott und dem Volke. Er soll die göttliche Wahrheit dem Volke darbieten; und wiederum soll er die Gebete, Opfer, Gaben etc. des Volkes vor Gott bringen, wie Paulus sagt (Hebr. 5.): „Jeder Hohepriester ist aus den Menschen herausgenommen und für die Menschen aufgestellt in dem, was Gott angeht, daß er Gaben darbringe und Opfer für die Sünden.“ Was also das Volk darbringt, gehört den Priestern; nicht aber einzig für ihren persönlichen Gebrauch, sondern auch behufs treuer Verwaltung. Davon müssen sie nämlich die Kosten bezahlen für den göttlichen Kult, müssen ihre Lebensnotdurft bestreiten („wer dem Altar dient, soll vom Altar leben“ 1. Kor. 9.), und endlich den armen mitteilen; wie ja auch der Herr einen „Beutel“ hatte zum Nutzen der armen. (Hieron. in c. 17. Matth. ut non scandalizemus)
c) 1. Die Almosen werden Opfergaben genannt, wenn sie um der Verehrung Gottes willen gegeben werden; also nicht unmittelbar. Die eigentlichen Opfergaben dienen ebenfalls den armen vermittelst der Verwaltung der Priester. II. Die Ordensleute können Opfergaben annehmen: 1. als Arme; — 2. als Diener des Altars, wenn sie dies sind; — 3. als Vorsteher einer Pfarre; im letzten Falle sind sie ihnen geschuldet. III. Nachdem Opfergaben geweiht sind, dürfen sie nicht mehr in den Gebrauch von Laien kommen; ebensowenig wie die heiligen Kleider und Gefäße; — und danach wird der angeführte Kanon des Papstes Damasus verstanden. Was aber nicht geweiht ist, das kann den Laien verkauft oder geschenkt oder sonstwie überlassen werden.
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