Fünfter Artikel. Die Kinder der eitlen Ruhmgier sind: der Ungehorsam, die Prahlerei, die Heuchelei, der Streit, die Hartnäckigkeit, die Zwietracht, die Vermessenheit zu neuern.
a) Diese Aufzählung (Gregor. 31. moral. 17.) genügt nicht. Denn: I. 23. moral. 4. setzt Gregor die Prahlerei unter die Kinder des Stolzes. Die eitle Ruhmgier aber ist nicht die Quelle des Stolzes, sondern umgekehrt. II. Streit und Zwietracht kommen vom Zorne, auch einer Hauptsünde. III. Nach Chrysostomus (in Matth. 19.) ist in der Menschenfreundlichkeit oder Barmherzigkeit der eitle Ruhm besonders ein Übel; diese ist aber nichts Neues, sondern etwas Altgewohntes. Also ist die Vermessenheit in den Neuerungen kein Kind des eitlen Ruhmes. Auf der anderen Seite steht die Autorität Gregors. (31. moral. 17.)
b) Ich antworte, jene Sünden werden als Kinder einer Hauptsünde betrachtet, welche an und für sich dazu da sind, um zur Erreichung des Zweckes der Hauptsünde mitbeizutragen. Der Zweck nun der eitlen Ruhmgierist die Offenbarmachung der eigenen Vorzüge. Nach solcher Offenbarmachung kann aber der Mensch streben: 1. direkt durch Worte und das ist
a) Prahlerei; oder durch Thatsachen und so ist
b) die Vermessenheit in Neuerungen, falls die Thatsachen in Wirklichkeit bestehen, denn das Neue wird bewundert,
c) die Heuchelei, falls die Thatsachen nicht bestehen; — 2. indirekt oder mittelbar, indem der Mensch zeigt, er sei nicht geringer wie der andere und das geschieht:
a) mit Rücksicht auf die Vernunft; und so besteht die Hartnäckigkeit, kraft deren jemand zu sehr auf die eigene Meinung sich verläßt, überzeugt, die andere sei nicht besser; —
b) mit Rücksicht auf den Willen; und so besteht die Zwietracht, wenn jemand von seinem Willen nicht ablassen will, um mit anderen einträchtig zu leben; —
c) mit Rücksicht auf die Rede; und so ist der Streit, wenn jemand schreiend dem anderen widerstreitet; —
d) mit Rücksicht auf die That; und so ist der Ungehorsam, wenn nämlich jemand der Vorschrift des Vorgesetzten nicht folgen will.
c) I. Mit Rücksicht auf die innere Ursache, die Anmaßung, ist die Prahlerei eine Tochter des Stolzes. Die Prahlerei selbst aber, soweit sie nach außen tritt, hat manchmal zum Zwecke Geldgewinn, sehr oft jedoch Ehre und Ruhm; und danach entspringt sie der eitlen Ruhmsucht. II. Der Zorn verursacht Zwietracht und Streit, nur insoweit die eitle Ruhmgier ihn begleitet; denn es meint der Mensch etwas Ruhmvolles zu thun, wenn er den Worten oder dem Willen anderer nicht nachgiebt. III. Die Eitelkeit wird besonders in den Werken der Barmherzigkeit getadelt wegen des Mangels an heiliger Liebe; insofern jemand den eitlen Ruhm vorzieht dem Nutzen der Mitmenschen, da er diesen dem eitlen Ruhme dienen läßt. Nicht aber wird jemand deshalb getadelt, weil er sich vermißt, Almosen wie etwas ganz Neues zu geben.
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